Wenn Gerald Artelt auf Kongressen wie jüngst auf dem T-Systems-Summit in Berlin spricht, dann reden einige der Zuhörer noch Tage später über seinen Vortrag. Der Prokurist von Europas erster Internet-Bank (Start: 15. April 1999), der Netbank mit Sitz in Hamburg, will vor allem eins: Geld sparen. Deshalb setzt er auf Open Source. Statt mit der kostenpflichtigen E-Commerce-Plattform Broadvision und der Datenbank Oracle verwendet die Bank, im Internet unter www.netbank.de, seit April die lizenzfreie Web-Server-Software Apache, die Web-Applikationssprache PHP4 und das Datenbanksystem My SQL. Ergebnis: Die Software für Content Management, Produktbetreuung und E-Mail-Management kostet jetzt nichts mehr. Als "Deep Discounter" sieht Artelt die Position seiner Bank, die er auch gern mit dem Billigheimer Aldi vergleicht.
"Selbst die Hardware haben wir nicht gekauft", sagt Artelt. Die Sun-Server seien geleast; lediglich das Betriebssystem (Sun Solaris) schlage als Investition zu Buche. Siemens Business Services (SBS) betreut die Open-Source-Software im Münchener Rechenzentrum - wegen der fehlenden Produkthaftung ein erhöhtes Risiko für den Dienstleister.
99-Prozent-Verfügbarkeit ist zu teuer
Absolut ungewöhnlich für eine Bank: Auch auf redundant ausgelegte Server wird verzichtet. "Was glauben Sie, was eine 99-Prozent-Verfügbarkeit heutzutage kostet?", so Artelts rhetorische Frage an die Zuhörer. Jedenfalls mehr, als die Netbank, eine Tochter der Hamburger Sparda-Genossenschaftsbank, dafür ausgeben will.
Und so kann es den Kunden passieren, dass sie ihre Bank nicht erreichen, weil der Server ausgefallen ist - und es ohnehin keine Filialen gibt. "Bisher ist das nur einmal passiert - für wenige Minuten", relativiert Artelt das Risiko. "Ich habe stets mein Handy dabei; da können mich die Techniker jederzeit anrufen - auch am Wochenende oder nachts." Im schlimmsten Fall wird dann der Test-Server ans Netz gehängt. "Der Kunde merkt keinen Unterschied", behauptet Artelt. Er will auch andere Unternehmen dazu animieren, auf preiswerte Lösungen umzusteigen.
Selbst auf den Backend-Bereich, wo die Bankgeschäfte abgewickelt werden, erstreckt sich Artelts Open-Source-Philosophie mittlerweile. Denn: Wer seine Bankgeschäfte betreibt, nutzt per Browser-Zugriff das von den Sparda-Banken sowie den Post-, Spar- und Darlehensvereinen (PSD) betriebene Sparda-Rechenzentrum (SDV) in Nürnberg. Anstelle des bislang eingesetzten Websphere von IBM nutzt die SDV jetzt ausschließlich eine J2EE-Lösung auf Linux-Basis. "Dadurch benötigen wir keine Datenbank mehr, und die Applikation ist wesentlich schlanker", erklärt Artelt diesen weiteren Kostenvorteil.