Am Ende müssen die Zahlen stimmen. Aber auf wie vielen unterschiedlichen Wegen gute Geschäftsergebnisse zustande kommen, das zeigte das Indlandsmodul vom CIO Leadership Excellence Program (LEP) Mitte November 2015 an der WHU Otto Beisheim School of Management in Düsseldorf. Fünf Tage lang konnten sich IT-Entscheider in Business-Strategien und General-Management-Themen einarbeiten.
Dell reagierte zu langsam
Wer aus der Universität noch die Idee des homo oeconomicus mitgenommen hat, eines rationalen Nutzenmaximierers also, bekam viele neue Anregungen anhand praktischer Beispiele. Eines davon bezog sich auf den Computerbauer Dell. Das 1984 gegründete Unternehmen verfolgte bekanntlich einen konsequenten Weg an die Spitze, es konnte Umsatz und Marktanteile ständig steigern.
2004 hängte Dell die Konkurrenten im PC-Markt regelrecht ab. Doch der Erfolg barg Risiken: Als die Kunden plötzlich Smartphones und Tablets nachfragten, reagierte das Unternehmen zu langsam und verpasste den Wandel.
CIO-Fortbildung | Leadership Excellence Program |
Das gemeinsame Executive-Seminar von CIO-Magazin und WHU – Otto Beisheim School of Management besteht aus zwei Modulen: 1. Interkulturelles Management 23.–27. Mai 2016 in China (Hongkong, Shenzhen und Shanghai). Details zu den einzelnen Stationen gibt es hier. Und: Wir haben noch drei Plätze frei. Melden Sie sich jetzt an! 2. General Management November 2016 auf dem WHU Campus Düsseldorf. Der Einstieg in das Leadership Excellence Program kann jederzeit erfolgen – sowohl mit dem Auslandsmodul als auch mit dem Seminar zum Thema General Management. Bitte sprechen Sie uns an, wir informieren Sie gern! Isabelle Keck, ikeck@idgbusiness.de, Tel. 089/360 86-523 |
Opel gelingt das "Umparken im Kopf"
Ein ganz anderes Beispiel liefert Opel. 1972 hielt der Autobauer mit Modellen wie Opel GT und Manta, Kadett und Omega gut 20 Prozent Marktanteil. 2009 waren es nur noch sieben Prozent. Was war passiert? Durch einen rigorosen Sparkurs hatte sich Opel massive Qualitätsprobleme zugezogen. Hinzu kamen Innovationsdefizite in Punkten wie Design, Technik und Ausstattung.
Vor allem aber konnte der Autobauer seine Marke nicht mehr klar positionieren. Die Lücke zwischen Produktqualität und Markenwahrnehmung sei "riesengroß" gewesen, stellte das Unternehmen 2010 fest. Der Autobauer musste Gas geben, wollte er sich nicht völlig in die Einbahnstraße manövrieren. Werbliche Unterstützung holte sich Opel Mitte 2012 durch den populären Fußballtrainer Jürgen Klopp.
Anfang 2014 dann wunderten sich viele Deutsche über großflächige Plakate, die beispielsweise Folgendes verkündeten: "78 Prozent der Deutschen verbinden mit Hamburg Regenwetter. In Köln regnet es deutlich öfter." Dieses und weitere Motive sollten zum "Umparken im Kopf" auffordern. Erst später gab sich Opel als Urheber der Kampagne zu erkennen.
Emotionen sind im Business entscheidend
Es geht bei der Positionierung eines Produkts oder einer Dienstleistung also nie allein um den funktionalen Wert, sondern immer auch um den emotionalen. Beispiel Vapiano: Die Gastronomiekette verbindet die Charakteristika von effizienten Schnellrestaurants wie Standardisierung und Selbstbedienung mit einem Erlebniswert für solche Gäste, die eigentlich "richtige" Restaurants bevorzugen. Ein gelungener Fall der Überwindung von Segmentgrenzen.
Wer noch mehr Bestätigung für die Chancen durch Emotionalität sucht, muss sich nur in der IT-Branche umsehen. Viele Android-Geräte seien dem iPhone technisch überlegen, erklärte die "Computer Bild" in der Ausgabe 11/2010 ihren Lesern. Mag sein. Apples Kultstatus konnte das nichts anhaben.
Planspiel bringt CIOs unter Druck
Doch es sollte beim LEP nicht nur um Theorie gehen, und so konnten sich die Teilnehmer selbst als Business- Manager erproben. Sie starteten ein Planspiel in Gruppen von jeweils vier bis fünf Mitgliedern. Die Ausgangssituation: Die Gruppen sollten die Führungsriege eines Unternehmens simulieren, das vor der Aufgabe stand, einen Hersteller von Schwarz-Weiß-Kopierern zu übernehmen.
Zunächst einmal erhielten die Teilnehmer Basisinformationen über Umsatz und Aktienkurs, Preis- und Distributionspolitik, Absatzkanäle, Investitionen, Personalsituation und anderes. Dabei wurden in jeder Runde des Spiels die Bedingungen verändert. Die fiktiven Manager mussten etwa mit neuen Zinssätzen zurechtkommen oder mit steigenden Kosten für die Lagerhaltung. "Ein komprimiertes BWL-Studium", wie eine Teilnehmerin sagte.
CIOs müssen die Manager abholen
Genau darum geht es Peter Kreutter, dem Direktor der Stiftung WHU, der das LEP 2010 gemeinsam mit der IDG Business Media GmbH, Herausgeber von CIO-Magazin und COMPUTERWOCHE, initiiert und konzipiert hat. CIOs seien schon lange keine reinen Informatiker mehr, sagt Kreutter.
Die Digitalisierung und die Geschwindigkeit, mit der sich Geschäftsmodelle veränderten, erforderten einen anderen Denkansatz. "Man holt die Business-Entscheider nicht mit der technischen Rationalität ab", ist Kreutter überzeugt. Wie es aber gelingen kann, erfahren LEP-Teilnehmer durch theoretische Lerneinheiten, Planspiel-Praxis und nicht zuletzt durch den intensiven Erfahrungsaustausch mit IT-Kollegen aus anderen Branchen.
Die Möglichkeit des "Peer-Learning" ist neben dem Ausbau des persönlichen Netzwerks durch die LEP-Alumni ein wesentlicher Grund, warum viele CIOs sich in der Vergangenheit für das Programm entschieden haben.
Wie CEOs denken
Dass die Hochschullehrer an der WHU in Gegenwart der Praktiker keine Angst vor klaren Worten haben, zeigte sich gleich zu Beginn der Veranstaltung. Mit dem nicht ganz unbekannten Spruch "CIO bedeutet Career is over" bemühte sich Thomas Hutzschenreuter, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre (Schwerpunkt Unternehmensentwicklung und Corporate Governance) an der WHU, erst gar nicht um Diplomatie. Er erwartet von IT-Entscheidern, sich zu öffnen, wie CEOs zu denken und mehr Interesse für das General Management zu zeigen.
IT-Themen, so Hutzschenreuter, gehen heute die Führung des gesamten Unternehmens an. Immerhin mit dieser Aussage rennt er in dieser Runde offene Türen ein. So bestätigte Yvonne Thoma, Head Manufacturing Industries bei HP Enterprise: "Ich möchte gerne die andere Seite des Tisches kennenlernen." Ein anderer Teilnehmer ergänzt: "Mir ist die Auseinandersetzung mit strategischen Aspekten wichtig".
Das Business-Verständnis ausbauen für Bimodal IT
Hewlett-Packard sponsert das LEP seit Jahren. Bernd Gill, dem Marketing-Chef von Hewlett Packard Enterprise Deutschland, ist das ein ganz persönliches Anliegen.
Gill sagt: "CIOs müssen nicht nur eng mit dem Business zusammenarbeiten, sondern Treiber und Enabler der Digitalisierungsbestrebungen ihres Unternehmens sein. Dazu müssen sie beide Seiten der von Gartner sogenannten bimodalen IT beherrschen - das ist der Ansatz des Leadership Excellence Program. Ein wichtiger Bestandteil des Programms ist dabei der Ausbau des Business-Verständnisses."
Auch im Vortrag von Christina Günther, Professorin für Industrie und Innovationsökonomik an der WHU, steht dieser Gedanke im Vordergrund. Sie nimmt einige Klischees auseinander - etwa das, wonach ein Unternehmen um jeden Preis versuchen sollte, mit seinem Produkt oder seiner Dienstleistung "der Erste" auf dem Markt zu sein. Natürlich habe eine solche Pionierstrategie den Vorteil einer Alleinstellung - zunächst. Aber die anderen könnten dann umso leichter kopieren, gibt Günther zu bedenken.
Weiterlernen beim Koch-Event
Von solcher Differenzierung weit entfernt sind die letzten Lehrmeister an diesem Tage. Statt schwarzem Doktorhut tragen sie weiße Mützen. Kochmützen. Das Team um Frank Petzchen bittet zum gemeinsamen Koch-Event. Auf der Agenda stehen folgende vier Teilprojekte: Apfel-Koriander-Salat mit Entenbruststreifen und Sesamkrokant, Kürbiscremesuppe mit gerösteten Kernen und Kernöl, Medaillons vom Kalbsfilet auf Traubenkompott an Romanesco-Röschen und Risotto mit gerösteten Pinienkernen sowie warmes Schokoladenküchlein mit Birnen-Eierlikör-Rahmeis. Das ist dann doch ein Kontrastprogramm zu den üblichen CIO-Themen wie Cloud Computing und Virtualisierung.
Ein Kontrast ist auch die handfeste Arbeit mit Schneidbrett und Küchenmesser. "Meine Frau hat schon gesagt: 'Du wirst hinterher riechen wie ein Fetteimer'", stöhnt ein beschürzter Teilnehmer. Und die Dame neben ihm staunt: "Wie schaffen Sie das nur, Zwiebeln zu schneiden, ohne heulen zu müssen?" Ständig streifen die strengen Küchenmeister zwischen den wackeren Gemüseputzern herum und treiben sie an: "Das muss schneller gehen!" Jemand hat sein Projekt abgeschlossen und möchte nun standesgemäß feiern, doch als er auftragen will, wird er zurückgepfiffen: "Haaalt! Immer vier Teller auf einmal", lautet das Kommando. Am Ende schmeckt es allen. Fleißig räumen die Interims-Küchenhilfen ihre Tische wieder ab.
Nahrung für den Geist
Nahrung für den Geist gibt es dann wieder am nächsten Morgen: Leadership und Organisationsentwicklung stehen auf dem Programm. Martin Högl, Vorstand des Instituts für Führung und Organisation an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), spricht über das Zusammenspiel von Führung und Strategie. "Zwischen einer guten Strategie und dem Erfolg steht die Organisation der Strategieumsetzung." Im schlimmsten Fall begännen Unternehmen mit einem Change-Management, bevor sie überhaupt eine Strategie ausgearbeitet hätten. Högl betont, wie wichtig die Firmenkultur dabei ist: "Culture eats strategy for breakfast!"
Mut zum Scheitern
Vielleicht nicht Improvisation, auf jeden Fall aber Einfallsreichtum und Flexibilität im Business ist das Thema von Christoph Hienerth. Der WHU-Professor für Entrepreneurship und New Business Development spricht über das Business Modell Canvas. Hienerth hat viel mit Startups zu tun und weiß: "Scheitern gehört zur Gründungskultur." Sein Appell an etablierte Unternehmen: Mehr Startup-Geist wagen!
Noch drei Plätze frei für China
Wer bei dieser Mischung aus Nahrung für Hirn und Bauch auf den Geschmack gekommen ist, sollte den Blick nach Osten wenden: "Doing Business in China: Challenges and Success Factors for Western Companies" lautet das Thema des zweiten Bausteins des LEP-Programms. Im Mai 2016 geht es für einige Tage nach Hongkong, Shenzhen und Shanghai (drei Teilnehmer können hier noch einsteigen). Astrid Oldekop aus dem Medienbüro Düsseldorf - Beijing, die fließend Mandarin spricht, gibt den Teilnehmern einen Gruß mit auf den Weg. Auf Mandarin selbstredend. Denn egal ob Düsseldorf oder Hongkong: Beim LEP geht's nicht um Fachchinesisch.