Bedenken und Erfahrungen

Bimodale IT verändert die IT-Organisation

07.03.2016 von Christiane Pütter
Bis zu 30 Prozent der IT wird in Unternehmen künftig agil laufen müssen. Immer mehr CIOs berichten an den CEO, wie die Studie "CIO and IT leadership survey 2016" feststellt.
  • Die „schnelle“ IT wird dort gebraucht, wo ein Unternehmen besonders agil und kurzfristig reagieren muss, typischerweise im direkten Kundenkontakt
  • Nur 17 Prozent der befragten Unternehmen glauben, intern die nötigen Skills zu haben
  • Der Wunsch nach Unterstützung bei der bimodalen IT bedroht bestehende Partnerschaften mit externen Dienstleistern
Der Vorstand wird künftig durch einen Senior Technologist ergänzt, erwarten die Berater von PSD und Coeus.
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Die Auswirkungen von bimodaler IT (auch Two-Speed IT oder IT der zwei Geschwindigkeiten) untersucht eine gemeinsame Studie der internationalen Beraterfirmen PSD und Coeus. These der Consultants: Immer öfter holen sich Firmenvorstände einen Senior Technologist an den Tisch. Das geht aus der "CIO and IT leadership survey 2016" unter knapp 200 europäischen Entscheidern hervor.

Traditionelle versus agile IT

In der Studie nehmen die Berater eine Bestandsaufnahme rund um bimodale IT vor. Sie unterstützen die These von der Notwendigkeit einer solchen Aufsplittung und weisen die zwei Modi zwei Einsatzbereichen zu. Demnach bleiben empfindliche Felder wie Finance und alle Kernsysteme, bei denen Verlässlichkeit im Vordergrund steht, der traditionellen IT verhaftet.

Die "schnelle" IT wird dort gebraucht, wo ein Unternehmen besonders agil und kurzfristig reagieren muss, typischerweise also im direkten Kundenkontakt. Aufgrund dieser Unterteilung schätzen die Berater, dass je nach Branche zehn bis dreißig Prozent der Systeme als schnellere, agile IT laufen müssen. Insbesondere habe der Handel die Nase vorn.

Die Studienautoren fügen an, dass bimodale IT auch bimodale Governance bedeutet. Während bei der herkömmlichen IT keinerlei Abstriche vorgenommen werden dürften, reiche für die agile IT auch eine schlankere Governance.

Zwei von drei CIOs berichten an den CEO

Letztlich resultiert diese IT der zwei Geschwindigkeiten aus der digitalen Transformation. Wie stark diese den IT-Entscheider in den Fokus holt, zeigen die Berichtswege. Hatten in einer vergleichbaren Vorjahresbefragung noch 49 Prozent der IT-Chefs angegeben, dem CEO zu berichten, sind es nun 68 Prozent.

Aus dieser Entwicklung leiten die Studienautoren ihre These vom Senior Technologist im Board ab. Ob dieser nun CIO heißt oder CTO (Chief Technologist Officer), Chief Digital Officer oder Chief Data Officer, halten sie - jedenfalls momentan - nur für ein Detail. Unternehmen seien noch dabei, die Profile auszuformen.

Der ehemalige Telefonica-CIO Andreas Pfisterer und andere über den Chief Digital Officer
Diskussion um den CDO
Braucht ein Unternehmen einen dezidierten Chief Digital Officer (CDO) oder ist Digitalisierung Aufgabe des CIO - dazu gibt es unterschiedliche Positionen.
Andreas Pfisterer, vormals CIO bei Telefonica
Andreas Pfisterer ist (mittlerweile ehemaliger) CIO der Telefónica Germany GmbH & Co. Er nahm die Digitalisierung seines Unternehmens selbst in die Hand. Pfisterer verstand sich dabei als Enabler und aktiver Gestalter. In dieser Rolle beriet er sowohl den CEO als auch jeden, der das operative Geschäft verantwortet. Seine These: Der klassische CIO, der sich in erster Linie um Rechenzentrum, Server, Netze und Anwendungs-Entwicklung kümmert, ist ein Auslaufmodell.
Frank Ridder, Gartner
Frank Ridder ist Analyst beim Marktforscher Gartner. Seine These: Der CIO kann die Digitalisierung nur dann selbst managen, wenn er sein klassisches Tagesgeschäft abgibt.
Alexander Wink, Korn Ferry
Alexander Wink ist Senior Client Partner und Member of the Global Technology & Industrial Practice beim Headhunter Korn Ferry. Viele seiner Kunden, die einen CDO suchen, haben nur ungenaue Vorstellungen vom Anforderungsprofil. Die Rolle eines CDO ist einfach noch nicht ausgereift.
Harald Linné, Atreus
Harald Linne ist Geschäftsführer beim Interim-Management-Anbieter Atreus. Er beobachtet ein steigendes Interesse der Unternehmen an Interim Managern, die Digitalisierungsprojekte stemmen sollen. Im Gegensatz zu Beratern, die Erkenntnisprobleme lösen sollen, werden Interim Manager wegen Umsetzungsproblemen geholt und typischerweise in der Linie eingesetzt.
Wilfried Lyhs, Interim Manager
Wilfried Lyhs von Hilderts & Partner ist Interim Manager. Seine Erfahrung: "Digitalisierung des Unternehmens ist derzeit ziemlich hype. Ich glaube allerdings, dass viele Unternehmen, vornehmlich mittelständische, Entwicklungsbedarf in ihren Prozessen und ihrer IT haben. Diese sind noch als Vorstufe zur 'Digitalisierung' zu betrachten."

Kompatibilität und Skills bereiten Sorgen

Unabhängig vom Titel wird der Senior Technologist verschiedene Hindernisse zu überwinden haben. Da ist zum einen die Angst davor, dass traditionelle und agile IT nicht kompatibel sind. Allerdings sinkt diese Angst mit steigender Erfahrung. Unter den Entscheidern, die bereits bimodal fahren, sagten zum Befragungszeitpunkt 15 Prozent, dass die zwei Modi nicht effektiv ineinandergreifen können.

Weitere Bedenken beziehen sich auf die Skills. Mit 17 Prozent glaubt noch nicht einmal jeder Fünfte, intern die nötigen Fähigkeiten bereitstellen zu können.

CIOs wechseln IT-Dienstleister aus

Typischerweise holen sich CIOs externe Unterstützung. Erste Wahl sind unabhängige Berater. Wer unter ihnen nicht fündig wird, wendet sich an System-Integratoren und Infrastruktur-Anbieter. Hier schließt sich ein weiterer Trend an: Viele IT-Entscheider werden ihren angestammten Dienstleistern den Rücken kehren, erwarten die Studienautoren. Sie suchen nun gezielt nach Partnern, die sie in Sachen bimodale IT unterstützen.