Erstmals seit Gründung des Bundesnachrichtendienstes hat eine Frau die Leitung einer Abteilung übernommen. BND-Präsident Gerhard Schindler bezeichnete die Berufung der 54 Jahre alten Juristin Silvia Reischer zur Chefin der Sicherheitsabteilung am Donnerstag in Berlin als überfälligen "Meilenstein in Richtung Modernisierung" des deutschen Auslandsgeheimdienstes. Unterdessen ging der Streit über das geplante 300-Millionen-Euro teure Programm zur technischen Modernisierung des BND in eine neue Runde.
Grünen und Linke lehnen die Aufrüstung ab, mit der auch die gezielte Überwachung sozialer Netzwerke wie Twitter und Facebook verbunden sein soll. Sicherheitskreise hielten dem entgegen, die Beobachtung solcher offener Informationsquellen gehöre zum gesetzlichen Auftrag des BND.
Schindler sagte bei der Vorstellung Reischers, der BND befinde sich in einem Optimierungsprozess. Bei der Frauenförderung gebe es Nachholbedarf besonders bei der Besetzung von Führungspositionen.
Reischer, die seit mehr als 25 Jahren beim BND ist, führt seit dem 1. Juni jene Abteilung, die für die Mitarbeiterrekrutierung sowie die Sicherheit des BND verantwortlich ist. Vor einer Zeit als offizielle Vertreterin des Geheimdienstes in Paris war sie unter anderem Leiterin des Rechtsreferats und Datenschutzbeauftragte des BND.
Nach Angaben des BND sind inzwischen gut ein Drittel seiner etwa 6000 Mitarbeiter (35 Prozent) weiblich. Im höheren Dienst liegt der Frauenanteil demnach nur bei 21 Prozent. Das im Ausland eingesetzte Personal sei zu knapp einem Fünftel weiblich.
In der Debatte über die geplante Technik-Modernisierung des BND sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der dpa: "Bevor man über zusätzliche Kompetenzen und zusätzliches Geld für den BND debattiert, muss erst einmal die parlamentarische Kontrolle funktionieren." Die gesetzliche Grundlage für den BND sei so lückenhaft, "dass sie verfassungswidrig ist", sagte Hofreiter. "Wir fordern eine enge Begrenzung der Aufgaben und Befugnisse des BND."
Er bezweifle, dass eine Beobachtung der sozialen Netzwerke einen großen Ertrag an Informationen bringe, sagte Hofreiter. "Es ist zudem völlig absurd vorzutäuschen, dass eine Totalüberwachung zu mehr Sicherheit führt."
Der BND arbeitet an einem Frühwarnsystem gegen Cyber-Attacken, dem Aufbau eines Informationsringes mit internationalen Partnerdiensten wie dem umstrittenen US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) sowie Programmen zur gezielten Live-Ausforschung sozialer Netzwerke.
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen hat der BND 2013 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, mit der seither geprüft wird, wie offen in die soziale Netzwerke eingestellte Informationen helfen können, auffällige Entwicklungen in Gesellschaften von Krisenländern zu erkennen. Mitte des Jahres soll es Zwischenergebnisse geben, dann sind technische Tests mit entsprechender Software geplant. Das Projekt um Twitter, Facebook & Co ist Teil der 300 Millionen Euro schweren "Strategischen Initiative Technik" ("SIT") des BND. (dpa/rs)