Arbeitsplatz der Zukunft

Büro wandelt sich von Arbeitsstätte zur Begegnungsstätte

Kommentar  von Joern Bock
Home Office ist zu einer Alternative zum Büro geworden, die nach Covid-19 nicht verschwinden wird. Eine Herausforderung besteht im Wandel des Büros von der Arbeitsstätte zur Begegnungsstätte.
Workplace: Das Büro verändert sich zu einer Begegnungsstätte.
Foto: Alexander Steam - shutterstock.com

Bisher war in der Hauptsache alles, was sich mit "Arbeitsplatz" verbinden lässt, von der Idee getrieben, eine optimale Umgebung für Mitarbeiter zu schaffen. Das Büro bildete als "Arbeitsstätte" den Nukleus. Neben der Konzentrationsarbeit fand hier auch die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander sowie die fachliche Abstimmung statt. Remote Work war eher eine Ergänzung - oder die Ausnahme.

Mobiles Arbeiten hat sich in der Krise als effizient herausgestellt, Teams funktionieren erstaunlich gut. Bei agil arbeitenden Unternehmen überrascht das nicht, bei anderen schon. Hinzu kommt, dass Mitarbeiter das virtuelle Arbeiten und die dabei eingesetzten Tools wunderbar beherrschen, für nachfolgende Generationen wird das noch sehr viel selbstverständlicher sein.

CIOs im Home Office
Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO
Für Zimmerer (derzeit für einen Konzern im Nahen Osten tätig) und sein Team ist insbesondere Microsoft Teams aktuell das Tool, das vor allem für Chat, Videokonferenzen, Shared Sessions am PC, Notebook, iPad und iPhone den ganzen Tag im Einsatz ist.
Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO
Sein Tipp für geplante Tages-Workshops: Spaltet man diese in mehrere kleinere Videokonferenzen von 1-2 Stunden auf, ist dies sogar effektiver, da die Teilnehmer nicht so sehr ermüden und man zwischen den Terminen die Ergebnisse bereits einbauen kann.
Thomas Siekmann, VP IT & Digitalization Senvion Deutschland GmbH
Siekmann bietet den Senvion-Mitarbeitern im Homeoffice einen „doppelten“ Zugang zu den Ressourcen: Genutzt werden VPN-Zugänge und - parallel für viele Nutzer - VDIs auf Basis von VMWare.
Thomas Siekmann im Home Office
Er selbst setzt im Home-Office ebenfalls auf redundante Zugänge: Alle Geräte sind neben dem Wifi-Zugang auch LTE-fähig.
Dirk Altgassen, CIO bei der Etex Group
Neben der Office-365-basierten Arbeitsumgebung und diversen IT-Tools unterstützen Altgassen und sein Team das Business auch bei einem neuen „way of working“, wie zum Beispiel dem Aufsetzen „virtueller Kaffeeküchen“, in denen man sich zwischendurch trifft.
Dirk Altgassen im Home Office
Das Lieblings-Gadget des Etex-CIOs im Home Office ist sein „Jabra“.
Christian Ammer, CIO und Head of Digital Transformation bei der Kanzlei Noerr
Für Ammer hat sich im Homeoffice die Arbeit an zwei Rechnern am besten bewährt: Cloud-Tools und Remote-Apps wie Office 365 (vor allem Microsoft Teams), Dokumentenbearbeitung- und -Sharing (via Nextcloud) und den Großteil der Kommunikation (Audio und Video-Konferenzen) kann er über den eigenen Heim-PC durchführen. Über das Firmen-Notebook (per VPN oder mit Virtual Desktop) läuft nur noch ein Teil der Kommunikation via E-Mail/Outlook.
Christian Ammer im Home-Office
Sein Top-Tipp (neben einer 2-Geräte-Strategie): Audio möglichst nur per Freisprechung. Das macht die Dinge schneller, einfacher und unkomplizierter als mit Headsets und Kopfhörern zu hantieren.

Fest steht, dass Mitarbeiter künftig viel mehr Flexibilität von ihren Arbeitgebern erwarten. New Work wird nicht länger nur ein Arbeitsmodell oder Organisationsansatz sein, sondern gelebte Realität. Unternehmen müssen dem Rechnung tragen, da es nicht einfacher werden wird, Talente zu finden und auch zu binden. Flexible Arbeitsmodelle werden demzufolge nach der Covid-19-Pandemie gefragter denn je sein.

Die Grenzen von Remote Work

Remote Work hat auch ganz klare Grenzen. Die Bindung zum Unternehmen und zu den Kollegen lässt sich nur über Begegnung herstellen. Soziale Verbundenheit kommt nur dann zustande, wenn sich Leute treffen und austauschen - auch über die eigentliche Arbeit hinaus. Die daraus erwachsende Art der Kollaboration und das gegenseitige Unterstützen sind nach wie vor die wesentlichen Eckpfeiler für erfolgreiche Teamarbeit - und somit für den Unternehmenserfolg.

Face-to-Face-Kommunikation im Großraumbüro.
Foto: Monkey Business Images - shutterstock.com

Und genau diese Erfolgsfaktoren kommen in einer 100-Prozent-Remote-Organisation zu kurz. Die persönlichen Begegnungen und die dabei stattfindende informelle Kommunikation würden gänzlich entfallen. Diese Lücke schließen auch keine noch so ausgefeilten Tools für Video-Conferencing oder Office-Virtualisierung. Denn diese sind im Kern immer auf die Erhöhung der Effizienz der Zusammenarbeit ausgerichtete Werkzeuge. Sie können helfen und unterstützen, aber sie können die Face-to-Face-Kommunikation nicht ersetzen.

Künftig dürfte es eine Unterscheidung von Begegnungs- und Arbeitsstätte geben. Mitarbeiter werden sich, je nach Lebensphase, für die zu ihnen passende Arbeitsstätte entscheiden. Das könnte das eigene Heim sein, gänzlich mobil, ein Coworking-Space oder eben doch das klassische Büro.

Individuelle Konzentrationsarbeitsplätze wandern ins Home Office

Das klassische Büro wird also nach wie vor eine Alternative für diejenigen bleiben, die sich bewusst dafür als Arbeitsstätte entscheiden. Darüber hinaus wird es die wichtige Funktion einer Begegnungsstätte für die gesamte Mitarbeiterschaft übernehmen. Der Anteil an Begegnungsflächen wird erweitert, Konzepte für mehr Kreativarbeitsflächen und Meetingräume müssen entwickelt werden. Dafür kann das Kontingent an individuellen Konzentrationsarbeitsplätzen erheblich reduziert sein.

Effizient Arbeiten im Home Office
Wie wird Arbeiten im Home Office effizient?
Unify gibt einige praktische Tipps, mit denen Mitarbeiter auch ihr Home Office möglichst produktiv gestalten können.
Grenzen setzen - auch zu Hause
Im eigenen Heim lauern zahlreiche Ablenkungen: Nicht abgespültes Geschirr, der Kühlschrank, Radio oder Fernseher üben ungeahnte Anziehungskräfte aus und stören die produktive Arbeit.
Ein festgelegter Arbeitsbereich, ...
... der vom übrigen Wohnraum abgetrennt ist, verhilft auch zu klaren Grenzen im Kopf. Die Gefahr der Ablenkung wird geringer.
Einen Fensterplatz buchen
Stress bremst die Produktivität. Ein Blick aus dem Fenster bietet Abwechslung, noch mehr wenn er direkt ins Grüne geht. Außerdem ist es für Bildschirmarbeiter sinnvoll, regelmäßig in die Ferne zu sehen, zumindest einige Meter hinter den Monitor.
Ein Fensterplatz ...
... verringert die Belastung der Augen und damit auch den Arbeitsstress. Tipp für alle, die keinen Platz am Fenster haben: Auch Zimmerpflanzen oder ein Zimmerbrunnen sorgen für entspannte Atmosphäre.
Mit Farben spielen
Farbe ist ein wichtiger Faktor für jeden Büroraum, egal ob in der Firma oder zu Hause. Farben beeinflussen die Stimmung wesentlich.
Neutrale Farben wirken beruhigend, ...
... während manche Orange- und Gelbtöne sogar das Hungergefühl fördern. Besonders zu empfehlen für eine produktive Arbeitsumgebung sind Zitronentöne, Pastellblau oder Cremefarben.
Auf einen ergonomischen Arbeitsplatz achten
Mitarbeiter können nur produktiv sein, wenn sie gesund sind und einen komfortablen Arbeitsplatz haben.
Das Büro zuhause ...
... soll auch nach ergonomischen Vorgaben eingerichtet werden, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Hier sind ebenfalls die Arbeitgeber gefragt: Sie sollten unbedingt dafür sorgen, dass alle ihre Mitarbeiter die nötigen Informationen zur Ergonomie am Arbeitsplatz bekommen.
Für Flexibilität sorgen
Auch wenn das Home Office seinen festen Platz in der Wohnung haben sollte: Stuhl und Schreibtisch festzuschrauben, hilft auch nicht weiter.
Dagegen fördert es die Kreativität ...
... gelegentlich die Position und damit den Blickwinkel auf die aktuelle Arbeit zu wechseln. Es ist ebenfalls hilfreich, Dinge neu sortieren zu können oder die Arbeit anders anzuordnen - dafür sollte auch im Home Office Platz sein.

Mitarbeiter werden künftig das Büro regelmäßig als Begegnungsstätte nutzen. Dort findet sozialer Austausch, die gemeinsame Kreativarbeit und umfangreiche Abstimmung statt. Darüber hinaus dient das Büro als Ort der Weiterbildung und des Lernens. So könnten sich Teams dazu entscheiden, in einem Rhythmus von zwei Wochen mehrere Tage im Büro zu verbringen, um den anstehenden Zyklus vorzubereiten, der dann wieder überwiegend remote erfolgt.

Unternehmensweite Präsenztage

In der Software-Industrie haben sich dafür regelmäßige Zeremonien wie Review, Planning und Retrospektiven durchgesetzt. Des Weiteren finden periodisch unternehmensweite Präsenztage mit dem Ziel des Austauschs über Teamgrenzen hinaus statt.

Der Fantasie für die Ausgestaltung eines solchen Büros als Basis oder Mutterschiff sind keine Grenzen gesetzt. Unternehmen werden individuelle Lösungen finden. Aktuell hat fast jeder erwerbstätige Erwachsene zwei voneinander getrennte Lebensräume: seine Privatwohnung und seinen Arbeitsplatz. Einer davon ist immer ungenutzt. Dies könnte sich nun bald ändern. Büroflächen werden sich eher verkleinern, unser Stadtbild wird wahrscheinlich in zehn Jahren ein anderes sein. Keine Rush-Hour mehr am Morgen oder am Abend, keine Büro-Immobilien, die Platz für Tausende von Arbeitsplätzen bieten.

Bevor es aber soweit kommt, muss sich in Deutschland erst einmal die digitale Infrastruktur mit Nachdruck verbessern. Ohne adäquate Vernetzung sämtlicher Haushalte kann das Duality-Modell realistisch nicht optimal funktionieren. Doch wenn diese Hausaufgabe erst einmal gemacht wäre, würden sich noch undenkbare Möglichkeiten eröffnen. Die Distanz zwischen Mitarbeitern und Unternehmenssitz könnte gar immer größer werden. Denn was für eine Rolle würde es noch spielen, wo sich der Mitarbeiter physisch bei seiner Konzentrationsarbeit aufhält? Keine.

Die 50 nervigsten Bürosprüche