Coffee Badging

Bürozwang treibt bizarre Blüten

11.12.2023 von Lucas Mearian und Manfred Bremmer
Eine US-Studie bestätigt, was viele bereits vermutet haben: Viele Angestellte tun nur das Nötigste, um die Back-to-Office-Verpflichtungen ihres Arbeitgebers zu erfüllen.
Einmal wisch und wieder weg: Wenn Mitarbeiter nur aus Pflichterfüllung ins Büro kommen - oder zumindest so tun, läuft einiges falsch.
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In einer aktuellen Umfrage des Videokonferenzanbieters Owl Labs unter 2.000 Vollzeitbeschäftigten in den USA erklärten 58 Prozent der Hybrid-Worker, dass sie dem als "Coffee Badging" bezeichneten Trend nachgehen, um das Mindestmaß an wöchentlicher Anwesenheit im Büro zu erreichen. Sie erscheinen lange genug im Büro, um sich mit ihrem Mitarbeiterausweis einzuloggen, eine Tasse Kaffee zu trinken und am Arbeitsplatz gesehen zu werden - und kehren dann zur eigentlichen Arbeit nach Hause zurück.

Aus Sicht von Analysten ist dieses Verhalten nicht überraschend. "Die Idee des Coffee Badging deckt sich mit anderen Verhaltensweisen, die wir in der Ära der hybriden Arbeitsformen beobachtet haben", erklärt J.P. Gownder, Vizepräsident und Principal Analyst bei Forrester Research. "Ein Kunde hat mir erzählt, dass er selbst ins Parkhaus gefahren ist, um sich einzuloggen, weil er wusste, dass sein Unternehmen das überprüft. Danach ist er sofort wieder rausgefahren."

Nicht nur Drückebergerei

Laut Gownder steckt hinter "Coffee Badging" nicht nur Drückebergerei, das Problem sitzt tiefer. Die Arbeitnehmer verhalten sich so, "wenn der Arbeitgeber ihnen kein produktives Umfeld bietet oder die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben nicht gewährleistet", sagt er.

"Ist zum Beispiel an einem Tag viel Einzelarbeit zu leisten, sind sie eher zu Hause produktiver. Steht die Zusammenarbeit im Vordergrund, führt vielleicht die persönliche Zusammenkunft im Büro schneller zu einem Ergebnis", so Gownder. "Außerdem brauchen Mitarbeiter, die viele Stunden am Stück arbeiten, eine gewisse Flexibilität während des Tages. Der Kontext ist für die Mitarbeiter wichtig, und flexible Hybrid-Richtlinien können den Kontext an den Standort anpassen."

Trotz dieser an sich offensichtlichen Zusammenhänge arbeiten Unternehmen wie Amazon, Apple, BlackRock, Disney, J.P. Morgan, Meta, Salesforce und Zoom hart daran, ihre Mitarbeiter zur Rückkehr ins Büro zu bewegen - oder sogar zu zwingen.

Büroarbeit kostet Zeit und Geld

Der Trend zum Home Office hat aber auch andere Gründe, wie die Umfrage von Owl Labs ergab: Die Beschäftigten haben einfach keine Lust, Zeit und Geld für häufige Bürobesuche auszugeben. Gleichzeitig ist es vielen Unternehmen noch nicht gelungen, ein attraktives, produktives und stressfreies Büroumfeld zu schaffen, in dem die Beschäftigten gerne zusammenkommen.

Aus Sicht von Frank Weishaupt, CEO von Owl Labs, hat die Umfrage eine Diskrepanz zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Bezug auf die Anforderungen, die sie an die Rückkehr ins Büro stellen, aufgedeckt. "Während viele Chefs blindlings Vorschriften erlassen, wünschen sich die Beschäftigten in Wirklichkeit private Räume, eine legere Kleiderordnung und ein gutes Mittagessen, Snacks und Getränke."

Einer der wichtigsten Faktoren für die Beschäftigten ist auch eine gute technische Ausstattung, fügt er hinzu: "Ob es nun ein Videoanruf ist, der eine zeitraubende Geschäftsreise ersetzt, oder KI, die bei den täglichen Aufgaben hilft, Technologie ist ein wichtiger Faktor in ihrem Arbeitsleben", so Weishaupt.

"Viele haben das Gefühl, dass ihre Unternehmen noch nicht die richtige Technologie für hybride Arbeit eingeführt haben. Nur 37 Prozent der Arbeitgeber haben ihre Technologie für Videokonferenzen aufgerüstet und 28 Prozent haben ihre Räume für Zusammenarbeit und/oder Meetings erweitert", sagte er.

"Indem sie die Technologie und ihren Platz im Büro sowie die wirklichen Vorteile, die sich die Arbeitnehmer/innen wünschen, berücksichtigen, können Arbeitgeber/innen einen reibungsloseren Übergang zurück ins Büro ermöglichen", so Weishaupt.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der US-Schwesterpublikation Computerworld.