Corona-Impfstoff-Entwickler

Bund steigt über die KfW bei Curevac ein

16.06.2020
In der Corona-Krise ruhen enorme Hoffnungen darauf, dass bald ein Impfstoff gefunden werden kann. Nun beteiligt sich der deutsche Staat an einem Unternehmen, das daran arbeitet - es geht auch um Unabhängigkeit.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) setzt mit einem Millionen-Budget auf Curevac.
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Im globalen Rennen um einen Corona-Impfstoff steigt der Bund beim deutschen Biotech-Anbieter Curevac ein und will ihn so auch gegen eine mögliche Übernahme aus dem Ausland absichern. Wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Montag sagte, übernimmt die staatliche Förderbank KfW für 300 Millionen Euro rund 23 Prozent der Anteile. Ziel des Schrittes sei, dem Unternehmen von Mehrheitseigner Dietmar Hopp finanzielle Sicherheit zu geben. Auf Geschäftsentscheidungen wolle der Staat keinen Einfluss nehmen. Die Firma mit Sitz in Tübingen forscht seit Januar an einem Impfstoff.

Altmaier sagte, die Beteiligung sei zugleich industriepolitisch von hoher Bedeutung. Wichtige Forschungsergebnisse und Technologien würden in Deutschland und Europa gebraucht. Hintergrund sei auch das Ziel der Bundesregierung, bei der Herstellung von Wirkstoffen und in der Impfstoffproduktion mehr Unabhängigkeit zu erreichen. "Mit dieser Investition tun wir einen ersten Schritt in diese Richtung."

Von besonderem Bundesinteresse

Bei dem Einstieg war nach Regierungsangaben Eile geboten. "Der beabsichtigte Erwerb einer Bundesbeteiligung an Curevac soll sicherstellen, dass das Unternehmen nicht durch einen ausländischen Investor übernommen wird und ins Ausland abwandert", heißt es in einer Mitteilung des Finanzministeriums an den Bundestag. Es sei "von besonderem Bundesinteresse, eine Grundversorgung der Bevölkerung in Deutschland mit dem Impfstoff sicherzustellen", heißt es im Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Curevac beabsichtige Mitte Juli einen Börsengang in New York. Die Entscheidung zum Bundeseinstieg sei wegen kapitalmarktrechtlicher Vorgaben "höchst eilbedürftig" gewesen.

Hopp erklärte, durch die Corona-Krise sei die hohe Bedeutung der Biotechnologiebranche für die Patienten, die Gesellschaft und die Welt sichtbar geworden. Er freue sich, dass dies auch von staatlicher Seite erkannt und diese Schlüsselindustrie über die frühe Forschung hinaus unterstützt werde. Hopp, der Mitgründer des Softwarekonzerns SAP ist, hält bisher über eine Beteiligungsgesellschaft rund 80 Prozent der Anteile an Curevac. Für den Staatseinstieg verkauft er keine Anteile, dieser soll über eine Kapitalerhöhung laufen.

Wettlauf um den Impfstoff

Weltweit ist ein Wettlauf entstanden, wer den ersten Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt. Wann es so weit ist, ist ungewiss. Auf Curevac ruhten bereits die Hoffnungen, bevor sich das Coronavirus in Deutschland ausbreitete. Ende Januar erteilte die internationale Impfstoffkooperation CEPI dem Unternehmen eine Förderzusage von 8,3 Millionen US-Dollar (rund 7,5 Millionen Euro).

Curevac sucht nun im Auftrag des Bundes nach einem Impfstoff gegen den Coronavirus.
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Die Arbeit von Curevac sprach sich herum. Anfang März lud US-Präsident Donald Trump den damaligen Curevac-Chef, Dan Menichella, und weitere Pharmavertreter ins Weiße Haus, um sich über die Impfstoffsuche zu informieren. Kurz darauf gab es Wirbel um die Tübinger Firma. Medienberichten zufolge versuchte Trump, den Impfstoff exklusiv für sein Land zu sichern und bot dem Unternehmen dafür einen hohen Betrag. Die Empörung war groß.

Dietmar Hopp verkauft seine Anteile nicht

Hauptanteilseigner Hopp hatte einen Verkauf des Unternehmens und Exklusivproduktion vehement abgelehnt. "Ich habe gesagt, das kommt für mich überhaupt nicht in Frage. Und ich nehme an, damit habe ich bei Curevac offene Türen eingerannt", sagte er am Montag.

Das Unternehmen hatte ein Angebot Trumps dementiert und Spekulationen über den Verkauf zurückgewiesen. Altmaier will das Investment nun auch als Signal für den Standort Deutschland verstanden wissen. "Wir sind überzeugt, dass Curevac auch in Zukunft ein deutsches Unternehmen bleiben wird, das auch international erfolgreich agiert."

Opposition begrüßt den Schritt der Regierung

Auch aus der Opposition kam Zustimmung zum Bundes-Einstieg. "Es ist richtig, wenn der Staat hier bereit ist, Risiken zu tragen, die private Investoren möglicherweise scheuen", sagte Grünen-Politiker Danyal Bayaz. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer begrüßte, dass die KfW die Unabhängigkeit des Herstellers sichere und so garantiere, dass der Impfstoff auch in Deutschland zur Verfügung stehen werde. Es müsse aber zugleich sichergestellt werden, dass es durch die Staatsbeteiligung keine Interessenskonflikte bei der Zulassung gebe.

Nach Angaben des Verbandes forschender Pharma-Unternehmen von Mai gab es weltweit mehr als 120 Impfstoff-Projekte, von kleinen Unternehmen wie Curevac und Biontech (Mainz) bis zu Konzernen wie Sanofi und GlaxoSmithKline. Laut der Beratungsgesellschaft EY hat die Branche in kürzester Zeit bis Anfang Juni 161 Impfstoff-Kandidaten sowie 242 therapeutische Test-Wirkstoffe hervorgebracht. Curevac hat angekündigt, in diesem Monat eine erste klinische Studie zu beginnen. Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 aus der Universität Tübingen heraus gegründet und beschäftigt 460 Mitarbeiter.

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums vom Wochenende haben Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande einen ersten Vertrag über mindestens 300 Millionen Impfdosen gegen das Coronavirus geschlossen. Vertragspartner ist das Pharma-Unternehmen AstraZeneca. Profitieren sollen demnach alle EU-Staaten, die dabei sein wollen.

Um bestimmte Präparate "Made in Germany" besser vor Übernahmen ausländischer Investoren zu schützen, hatte die Bundesregierung Ende Mai auch eine schärfere Außenwirtschaftsverordnung beschlossen. Demnach greift künftig eine Meldepflicht, wenn Unternehmen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union Anteile von mehr als zehn Prozent an deutschen Unternehmen erwerben wollen, die Impfstoffe, Arzneimittel oder persönliche Corona-Schutzausrüstung entwickeln oder herstellen. (dpa/rs)