Deutscher Schatz

Bundesbank holt Gold in heimische Tresore

09.02.2017
Deutschland besitzt die zweitgrößten Goldreserven der Welt. Doch über Jahrzehnte lagerten die meisten Barren im Ausland - Nährboden für Verschwörungstheorien. Jetzt füllen sich die Tresore in Frankfurt schneller als geplant.
"Holt unser Gold heim!" - die Bundesbank scheint den Ruf besorgter Bürger und kritischer Politiker erhört zu haben.
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Schneller als geplant füllen sich die Tresore der Notenbank in Frankfurt mit dem Milliardenschatz, der jahrzehntelang überwiegend in New York, aber auch in Paris und London aufbewahrt wurde. Seit 2013 werden Jahr für Jahr Hunderte Barren auf streng geheimen Wegen über den Atlantik und den Rhein nach Deutschland gebracht. 216 Tonnen Gold waren es allein im vergangenen Jahr. Damit lagern nun 1619 Tonnen oder 47,9 Prozent des Edelmetalles in der Heimat.

Nach öffentlichem Druck hatte die Bundesbank vor vier Jahren das Ziel ausgegeben, bis spätestens Ende 2020 mindestens die Hälfte der deutschen Goldreserven in eigenen Tresoren im Inland aufzubewahren. Doch die Verlagerung geht deutlich schneller als geplant. "Mehr als drei Jahre vor dem Termin wird sie in diesem Jahr umgesetzt", berichtet Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele. Der ursprüngliche Zeitplan seit großzügig kalkuliert gewesen. Weitere Verlagerungen nach 2017 sind Thiele zufolge nicht geplant.

Transport und Umschmelzen einiger Barren haben bisher 6,9 Millionen Euro gekostet. Geschätzt 500000 Euro werden in diesem Jahr hinzukommen.

Dass das Gold, das dem deutschen Staat gehört und von der Bundesbank verwaltet wird, lange im Ausland aufbewahrt wurde, hat historische Gründe: Ab Mitte 1951 baute die Bank deutscher Länder als Vorgängerin der Bundesbank erste Goldreserven auf, in den Wirtschaftswunderjahren nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der deutsche Goldschatz rasant. Denn der florierende Export brachte der Bundesrepublik viele Dollar ein, die bei der US-Zentralbank gegen Goldforderungen eingetauscht wurden. "Das Gold ist dort entstanden, es wurde nie dorthin gebracht", erläutert Thiele. Während des Kalten Krieges war es durchaus gewollt, deutsches Gold "westlich des Rheins" und möglichst weit außerhalb der Landesgrenzen zu verwahren - als möglichen Puffer für Währungskrisen.

Doch kritische Fragen bis hin zu Verschwörungstheorien nagten am glänzenden Image. Ist der Goldschatz - immerhin mit mehr als 270000 Barren der zweitgrößte der Welt - im Ausland sicher? Ist das Gold überhaupt vorhanden? Im Herbst 2012 monierte der Bundesrechnungshof, die Bundesbank habe die Goldreserven jenseits der Landesgrenzen noch nie "körperlich aufgenommen und auf Echtheit und Gewicht" geprüft.

Seither setzt die Bundesbank auf Transparenz: Auf 2400 Seiten listet die Notenbank seit Ende 2015 öffentlich einsehbar jeden einzelnen Barren auf. Und um letzte Zweifler zu überzeugen, gibt es immer mal wieder Gold zum Anfassen - so auch am Donnerstag in der Bundesbank-Zentrale.

Gleich nebenan, im Geldmuseum, ist in der Dauerausstellung ein Goldbarren eine der Hauptattraktionen: Kleiner als eine Milchtüte, aber mit rund 12,5 Kilogramm so schwer, dass man ihn in der engen Vitrine nur mit Mühe um Millimeter in die Höhe bekommt.

Und was könnte man mit so einem Barren, der aktuell etwa 470000 Euro wert ist, nicht alles machen. "Erstmal eine Villa, dann einen Pool, dann nehme ich noch vier Mäuse, drei Hunde, fünf Katzen und einen ganzen Garten für Tiere", meinte der zehnjährige Ayman zur Neueröffnung des Geldmuseums kurz vor Weihnachten.

Auch gestandene Politiker hatten immer wieder viele Ideen, wie sich das Gold "versilbern" ließe - wahlweise zur Finanzierung von Renten, Hilfen für die Opfer der Elbeflut 2002 oder eines Systemwechsels im Gesundheitswesen. Für Schlagzeilen sorgte 1997 der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) mit seiner "Operation Goldfinger": Deutschlands oberster Kassenwart wollte die Bundesbank dazu bringen, ihre Gold- und Devisenreserven höher zu bewerten und daraus resultierende Gewinne an den Bund auszuschütten.

Doch alle Begehrlichkeiten blieben erfolglos. Etwa drei Tonnen Gold pro Jahr bekommt der Bundesfinanzminister zum Prägen von Sammlermünzen. Ansonsten wacht die Bundesbank mit Argusaugen über den Milliardenschatz - nun auch mit direktem Zugriff im eigenen Tresor.

Teil des Goldes bleibt in London und New York

Die USA seien die größte Volkswirtschaft der Welt und London der größte Handelsplatz für Gold, erläutert Thiele. Daher bleibt ein Teil des Schatzes weiter in New York und London. Sorgen um das Edelmetall seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump macht sich die Bundesbank nicht. Es gebe keine Notwendigkeit und keine Diskussion, das Konzept zu ändern, betont der Notenbank-Vorstand. "Wir arbeiten vertrauensvoll mit der Fed zusammen." (dpa/rs)