Analysten-Kolumne

Business Intelligence Competence Center: Wer mit wem - und Warum?

22.10.2008 von Kai Oliver Schäfer und Rüdiger Eberlein
Bei BI-Initiativen treffen viele gegensätzliche Interessen aufeinander: Key-User, Fachbereichsleiter sowie Dienstleister und der Einkauf verfolgen sehr unterschiedliche Ziele. Im BI-Kompetenzzentrum laufen alle Fäden zusammen. Wie CIOs eine erfolgreiche Koordinationsstelle aufbauen, um im zähen Geflecht der Interessen einen Ausgleich zu schaffen.
Capgemini-Berater Kai-Oliver Schäfer: "Das BICC ist der zentrale Punkt, an dem die Fäden zusammenlaufen."

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor in Business Intelligence-Initiativen ist - mittlerweile unbestritten - die konsequente Berücksichtigung der organisatorischen Aspekte. Oft wird dies mit der Gründung von Business Intelligence Competence Centern (BICC) gleichgesetzt. Allerdings liegt der Erfolg in den tatsächlichen Kompetenzen sowie deren Ausgestaltung. Und hier treffen wir oft große Unterschiede an. Erfolgreiche BICCs bilden eine Klammer um die Adressaten, Kunden und Ersteller der BI-Lösungen. Doch welche Interessen motivieren die Beteiligten und welche Herausforderungen entstehen daraus?

Die Adressatensicht wird wie in vielen Prozess- und IT-Transformationsansätzen neben BI traditionell von den Key-Usern aus den jeweiligen Fachbereichen vertreten. Key-User haben ihr Augenmerk auf der Qualität der Lösungen, deren Weiterentwicklung analog der Veränderungen im Marktumfeld sowie auf der Ergonomie und Tauglichkeit im Tagesgeschäft.

Für die BICCs liegt die Herausforderung im Umgang mit den Key-Usern oft in der Erfassung und Steuerung der Erwartungen und der Positionierung von Integrations- und Harmonisierungsthemen über den "Tellerrand" des einzelnen hinaus. Dies setzt voraus, dass Eskalationen und Kompromisse ermöglicht und gesteuert werden, das Warten auf einen Konsens führt in der Regel nicht zum Ziel.

Die Kunden im Sinne der Auftraggeber und Budgetverantwortlichen für BI-Initativen sind oft Linienverantwortliche der Key-User; zumindest insofern die Budgets in den Fachbereichen liegen. Auch wenn diese organisatorische Nähe eine Gleichheit der Ziele vermuten lässt, spätestens bei Budgetdiskussionen sind die Kunden der BICCs stärker an der Effizienz als an der Effektivität der BI-Lösungen interessiert. Dies ist bei Key-Usern traditionell anders herum.

Capgemini-Berater Rüdiger Eberlein: "Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Etablierung eines BICC ist die klare Beschreibung seines Aufgabenbereichs und seiner Rolle."

Um unnötige Konfliktsituationen zu vermeiden, ist eine Trennung der Aufgaben sinnvoll. Der Fokus für die Kunden liegt zweckmäßig auf der Eingabe von Anforderungen - oft vorbereitet durch die Key-User - der Einflussnahme auf deren Priorisierung sowie der Entscheidung zur Freigabe der entsprechenden Budgets.

Bei den Erstellern der BI handelt es sich um interne Mitarbeiter und bei Bedarf um externe Mitarbeiter. Besondere Bedeutung hat die Weiterentwicklung und die Verfolgung von Karrierepfaden für die internen Mitarbeiter und die Entscheidung, welcher dieser Mitarbeiter in den jeweiligen BI-Projekten welche Rolle wahrnimmt. Gerade die Balance zwischen Projekt- und Wartungsaufgaben spielt eine wesentliche Rolle für die Wahrnehmung der persönlichen Weiterentwicklung.

Das BICC ist der zentrale Punkt, an dem die Fäden zusammenlaufen. Hier wird entschieden, welches Know-how und welche Kapazitäten oder - gerade im Kontext geschäftskritischer BI Lösungen - welche Verantwortungsbereitschaft seitens der externen Dienstleister benötigt werden. Sparringspartner und zumindest Co-Entscheider ist hier in der Regel der Einkauf.

Das Tagesgeschäft des BICC ist gekennzeichnet durch das oft zähe aber notwendige Ringen, einen Ausgleich zwischen all diesen Beteiligten zu finden. Um hier die gefühlte "Quadratur des Kreises" zu schaffen, stehen dem BICC, wie bereits eingangs genannt, notwendigerweise entsprechende Kompetenzen zur Verfügung, ergänzt durch professionelle Methoden und Prozesse.

Ausgangspunkt ist ein stringentes Anforderungsmanagement. Dies hat mit einer strukturierten, standardisierten und qualitativ hochwertigen Aufnahme der Anforderungen aus den Fachbereichen zu tun. Hierbei ist bei der Übergabe an das BICC insbesondere darauf zu achten, dass diese fachlichen Anforderungen so formuliert sind, dass sich die Umsetzung und das damit verbundene Budget zumindest grob abschätzen lassen. Dies wird bei Bedarf durch das Einholen von Angeboten externer Dienstleister ergänzt.

Abgeleitet aus der Priorisierung der Anforderungen sowie der Validierung der Machbarkeit sowie des erwarteten Budgetbedarfs erfolgt das Portfoliomanagement. Oft geraten BICCs unter unnötigen Druck sich zu rechtfertigen, wie sich das Portfolio gestaltet und wie Entscheidungen zustande gekommen sind. Warum haben manche Projekte Vorfahrt und warum werden gewisse Projekte erst gar nicht durchgeführt?

Ohne ein transparentes Portfoliomanagement, klare Spielregeln und eindeutige Legitimation aus der Unternehmensführung wird es schwer konsequente Entscheidungen zu treffen und strategische Ziele nachhaltig zu verfolgen. Konstellationen, in denen es BI-Projekten freigestellt wird, das BICC in das Vorhaben einzubinden oder eben auch nicht, können nur sehr begrenzten Nutzen erzielen.

Aus welchen Mitarbeitern setzen sich erfolgreiche BICCs nun zusammen? Aus Business-affinen IT-Mitarbeitern und IT-affinen Mitarbeitern aus den Fachbereichen, z.B. aus Controlling, Marketing oder Vertriebssteuerung. Einem eher IT-getriebenen BICC fehlt das nötige Business Alignment um erfolgreich zu sein.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Etablierung eines BICC ist die klare Beschreibung seines Aufgabenbereichs und seiner Rolle. Die Aufgaben können von der reinen Bereitstellung von Best Practices, Framework und Guidelines über die aktive Beratung der BI-Vorhaben bis hin zur Übernahme der Verantwortung für die Umsetzung der BI-Vorhaben reichen. Wichtig ist, dass allen Beteiligten transparent ist, was das BICC leistet und was nicht.

Kai-Oliver Schäfer ist Vice President im Bereich Business Intelligence bei Capgemini sd&m

Rüdiger Eberlein ist Technischer Leiter Center of Competence Business Intelligence bei Capgemini sd&m