Die mit dem Begriff Business Intelligence beschriebene, systematische Aufbereitung von Daten zum Zweck der Analyse und des Reportings ist kein neues Thema. Laut einer Studie von Steria Mummert Consulting aus dem Jahr 2006 haben Unternehmen im Schnitt je nach Branche zwischen drei und knapp zehn Jahren Erfahrung im Umgang mit solchen Systemen. Dabei wurden von 40 Prozent der Studienteilnehmer ein bis fünf Millionen und von sieben Prozent sogar über zehn Millionen Euro pro Jahr investiert.
Wer angesichts dieser Statistiken von einer positiven Bewertung von Business Intelligence auf den für Unternehmen geschaffenen Mehrwert ausgeht, sieht sich enttäuscht. Anwender und Verantwortliche sparen nicht mit Kritik, wenn es um die Bewertung der Informationsversorgung in Ihren Unternehmen geht. Dabei wird keineswegs die zu geringe Menge bereitgestellter Informationen kritisiert, vielmehr die Schwierigkeit, im Angebot der verfügbaren Reports und Analysen die richtige, verlässliche Information zu finden.
In der Kritik stehen daneben auch die Reaktionszeit bei Veränderungswünschen und die Komplexität in der Handhabbarkeit. Aus einer Management-Perspektive ist die mangelnde Transparenz über Kosten und Nutzen ein zusätzliches Ärgernis. So ist es beispielsweise nicht selten, dass es nach der Akquise einer neuen Gesellschaft aufgrund unterschiedlicher Definitionen bei Vertragsdaten zu Datenintegrationsproblemen kommt. Um für den Vorstand schnell eine konsolidierte Sicht darstellen zu können, müssen in einem solchen Fall als erstes einfache Transformationsregeln definiert und umgesetzt werden.
Hieraus ergeben sich drei typische Herausforderungen die eine integrierte Informationsversorgung erfordern.
1. Dynamik
Die Akquisition ist ein Beispiel für die kontinuierliche Veränderung, der ein Unternehmen unterworfen ist. Aufgrund der aus ihr resultierenden Veränderung von Quelldaten, aber auch von Anforderungen an Reporting und Analyse ist die Dynamik in der Informationsversorgung sehr hoch. Lösungen, die sich streng an einfachen Architekturparadigmen orientieren, oder technisch zentrierte Lösungen haben sich dabei in der Vergangenheit mit Blick auf Anpassbarkeit und Flexibilität als unzureichend herausgestellt.
2. Komplexität
Die unterschiedlichen fachlichen Anforderungen der neu akquirierten Gesellschaft und des Konzernvorstands geben eine erste Indikation für die Komplexität, die durch eine zentrale Informationsversorgung abgedeckt werden muss. Verschiedene fachliche Nutzergruppen oder Hierarchieebenen haben teilweise erheblich abweichende Anforderungen bzgl. Inhalt, Granularität, Periodizität und Aufbereitungsform von Informationen. Wenige, hoch verdichtete Kennzahlen in grafischer Aufbereitung für das Top Management stehen z.B. tagesaktuellen Vertragsdaten in einfachen Reports zur Steuerung des Vertriebs gegenüber.
Die notwendige technische und organisatorische Flexibilität wird in Unternehmen vielfach durch eine sehr heterogene Systemlandschaft und durch eine kaum überschaubare Menge an MS-Excel Reports hergestellt. Qualität und Kosteneffizienz bleiben dabei häufig auf der Strecke.
3. Zielkonflikt
Obwohl die fachliche Integration der neuen Gesellschaft erst am Anfang steht, wird dem Vorstand auf der Grundlage einer vereinfachten fachlichen Transformation eine konsolidierte Sicht der Vertragsdaten zur Verfügung gestellt. Der Zielkonflikt zwischen Qualität und flexibler Informationsverteilung bei hoher Kosteneffizienz ist ein typisches Problem bei der Bereitstellung von Informationen. Den richtigen Kompromiss zwischen den Zielen unternehmensindividuell zu definieren und die Einhaltung der dynamischen Änderungen sicherzustellen, ist bei Entwicklung und Betrieb einer integrierten Informationsversorgung eine der größten Schwierigkeiten.
Mit den dargestellten Herausforderungen konfrontiert, realisieren viele Unternehmen Integrationsprojekte oder Reengineering Initiativen. Ziel ist dabei meist, schon vorhandene Informationen effizienter bereitzustellen und dabei gleichzeitig die Datenqualität zu steigern.
Den fachlichen Mehrwert durch eine gezielte Aufbereitung von Informationen (Dashboards, Data Mining) zu erweitern oder integrierte Konzepte der Unternehmenssteuerung (Corporate Performance Management) zu unterstützen, werden zwar viel diskutiert, stehen in der Praxis aber erst am Anfang ihrer Entwicklung.
Nach dieser eher ernüchternden Analyse des Status des Marktes zeigen sich in den letzten Jahren einige Trends, die auf eine Lösung der angesprochenen Probleme und eine weitere dynamische Entwicklung von Business-Intelligence-Initiativen hoffen lassen.
Ein wesentlicher Treiber für die Entwicklung ist ein zunehmender fachlicher Druck. Sich immer schneller verändernde, globale Märkte und eine zunehmende Anzahl externer Anforderungen hat die Bedeutung von zeitnaher, fokussierter und qualitativ hochwertiger Information deutlich zunehmen lassen.
BI als Top 1-Priorität
Der steigende fachliche Druck hat zu einer deutlichen Veränderung der strategischen Bedeutung von Business Intelligence in den Unternehmen geführt. Informationen werden mittlerweile in vielen Unternehmen als kritische Ressourcen eingestuft, und laut einer Gartner-Studie vom Anfang dieses Jahres ist Business Intelligence das dritte Jahr in Folge die Top 1 Priorität der CIOs. Die auf dieser Grundlage entstehenden Business-Intelligence-Initiativen haben die notwendige Aufmerksamkeit des Managements und ausreichende Budgets, um die Integration der Informationsbereitstellung deutlich schneller als bisher vorantreiben zu können.
Dabei spielen spezielle Organisationsformen eine immer wichtigere Rolle. In der Vergangenheit standen eher technikzentrierte Lösungen im Fokus der Diskussion, teilweise dogmatisch wurde um die richtige Architektur gerungen. Dagegen wird heute auf das richtige Zusammenspiel von Organisation und technischer Architektur gesetzt. Unter dem Stichwort Business Intelligence Competence Center werden Konzepte für die Aufbau- und Ablauforganisation diskutiert, die durch Verteilung von Verantwortungen zwischen IT und Fachbereich und der Definition übergreifender Prozesse die Komplexität beherrschbar und die Dynamik handhabbar machen sollen.
Schließlich spiegeln sich die veränderten Anforderungen der Unternehmen in der Entwicklung des Software-Marktes wieder. Auch wenn der Zukauf von Funktionalitäten durch die Übernahme kleinerer Hersteller im Business-Intelligence-Markt nichts Ungewöhnliches ist, konnte man insbesondere in den letzten 24 Monaten eine wahre Übernahmeschlacht beobachten.
Ziel der großen Hersteller im Markt ist es, alle notwendigen Funktionalitäten von der Extraktion der Daten aus den Quellsystemen bis zur Präsentation der Informationen in sogenannte BI-Suiten integriert anzubieten. Durch die Verringerung der Brüche zwischen verschiedenen Software-Werkzeugen und durch eine integrierte Metadatenbereitstellung soll die Komplexität der Informationsbereitstellung reduziert und Veränderungen vereinfacht werden. Die Anstrengungen der Hersteller sind in vollem Gange, und es wird spannend zu beobachten, wie schnell solche Integrationsarchitekturen bereit stehen und welche Lösungen sich durchsetzen.
Auch wenn die Probleme bei den meisten Unternehmen noch lange nicht gelöst sind, zeigen die Trends eine klare Entwicklung des Marktes und den klaren Willen der Unternehmen, die Potenziale, die in den vorhandenen Daten schlummern, zu heben.
Klaus-Dieter Schulze ist Senior Executive Manager bei der Steria Mummert Consulting AG.