Der Handel bestellt, aber der Kunde kauft nicht. Oder: Der Kunde will kaufen, aber das Regal ist leer. Umsatz, der wegen ineffektiver Lagerhaltung verloren geht, gilt bei allen Einzelhandelsunternehmen als neuralgischer Punkt. Dass drei von vier Unternehmen erklären, sie hätten Business-Intelligence-Software implementiert, ist daher keine Überraschung. Überraschend ist, wie wenig Nutzen aus diesen Programmen gezogen wird.
Laut einer aktuellen Untersuchung scheinen die Firmen jede Menge Informationen und Daten über ihre Kunden zu sammeln. 40 Prozent der Studien-Teilnehmer geben aber an, ihre Firma habe "keine Zeit", die Informationen aus den BI-Systemen sinnvoll zu verarbeiten. 32 Prozent bezeichnen ihr Unternehmen in diesem Punkt sogar als "unwillig".
Wo sind die Daten?
Und auch bei den Unternehmen, die willens sind, mit den Programmen zu arbeiten, gibt es Probleme: Bei 46 Prozent sind die Daten nicht zentralisiert, sondern liegen irgendwo im ganzen Betrieb verteilt herum. Ebenso häufig sind die Daten für eine Analyse nicht fehlerfrei genug.
CIOs kontern diesen Schwierigkeiten zum Beispiel, indem sie die Informationen durch Data-Cleansing-Projekte laufen lassen (58 Prozent der Nennungen) oder zunächst kleinere BI-Projekte starten, um über den ROI deren Effektivität zu beweisen (39 Prozent). Nicht jeder glaubt, sein Unternehmen könne es allein stemmen: 39 Prozent der Befragten holen externe Hilfe ins Haus, um Geschäftsprozesse zu verändern. 35 Prozent dagegen setzen auf kleine Teams mit Kollegen aus verschiedenen Abteilungen.
Dennoch: Die Medaille hat auch eine andere Seite. Auf genaues Nachfragen zeigt sich, dass der scheinbare Unwille der Unternehmen auch in der Komplexität der BI-Software begründet sein kann. Die Analysten räumen ein, dass BI in der Theorie sehr überzeugend aussieht – in der Praxis aber nicht immer funktioniert. Davon können insbesondere diejenigen ein Lied singen, die schon sehr früh in das Thema eingestiegen sind. So seufzt ein Studienteilnehmer, der bereits in den 80er Jahren Software zur Lagerhaltung implementiert hat: "Das geht genau so lange gut, wie Sie einen promovierten Akademiker im Team haben." Insofern ist es nicht erstaunlich, dass immer noch relativ viele Daten per Hand in Tabellenkalkulationsprogramme eingegeben werden.
Die Analysten wollten wissen, welche Treiber hinter der Entscheidung für das Implementieren von BI-Software stehen. Am häufigsten nennen die Befragten die Steigerung der operativen Effizienz (71 Prozent) und die Reaktionsgeschwindigkeit auf das Verbraucherverhalten (62 Prozent).
Aberdeen spricht folgende Empfehlungen aus:
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Definition von Business Intelligence: Zunächst ist festzulegen, was genau das Unternehmen erwartet. Geht es nur darum, Kundendaten und andere Informationen durch Tabellenkalkulationsprogramme zu jagen und zwischen den Abteilungen auszutauschen? Oder sollen bereits aufbereitete Daten aus verschiedensten Quellen mittels einer Schnittstelle integriert werden? Wenn das geklärt ist, kann der CIO das bestehende BI-System auf den erforderlichen Stand bringen – oder ein modernes zukaufen.
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Ziele bestimmen - Grenzen aber auch: Nicht jedes Unternehmen braucht die teuerste, größte und beste Lösung. Die Software muss zu den Geschäftszielen passen.
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Mit den generierten Daten arbeiten: Dass 32 Prozent der Studienteilnehmer ihr Unternehmen als "unwillig" in Sachen Datennutzung bezeichnen, ist alarmierend. Die Firmen müssen sich mit den Anbietern zusammensetzen, um solche Situationen zu vermeiden.
Die Analysten wollen ihre Studie aber nicht als Schelte verstanden wissen. Zwar mahnen sie, der Handel verpasse große Chancen - gleichzeitig geben sie jedoch zu: "Seien wir ehrlich: Ein Handels-Manager zu sein, ist kein leichter Job."
Aberdeen hat für die Studie "Business Intelligence in retail merchandising" 175 Unternehmensstrategien in den USA und Europa analysiert.