Die sorgfältige Auswahl der geeigneten Software entscheidet über Erfolg oder Misserfolg von Business-Intelligence-Projekten. Eine Binsenweisheit, sollte man meinen. Doch der diesjährige BI-Survey des Würzburger Analystenhauses Barc zeigt, dass noch immer jeder fünfte Anwender darauf verzichtet, mehrere Lösungen miteinander zu vergleichen - mit dem Ergebnis, dass diese 20 Prozent die Ziele ihrer BI-Projekte in deutlich geringerem Maße erreichen als Unternehmen, die sich auf eine vergleichende Produktauswahl stützen.
"Der Anteil der Firmen, die nicht formal mehrere Lösungen evaluieren, ist zwar gegenüber den Vorjahren zurückgegangen, mit 20 Prozent aber nach wie vor zu hoch", sagt Barc-Analystin Melanie Mack. Immerhin: 61 Prozent der Anwender vergleichen mehrere Produkte, 19 Prozent evaluieren vor dem Einsatz immerhin eine Software.
Höhere Datenqualität durch vergleichende Evaluierung
Welchen Nutzen BI-Projekte Unternehmen bringen, bildet Barc in der jetzt im elften Jahr (den Titel "BI Survey 12" trägt die Veröffentlichung, weil die Nummerierung der Jahreszahl angepasst wurde) erschienenen Studie traditionell mit einem Business Benefits Index (BBI) ab: Die in diesem Jahr rund 3000 Befragten geben an, in welchem Ausmaß sie elf mögliche Ziele erreichen, darunter etwa mehr Kundenzufriedenheit oder bessere Datenqualität. Am häufigsten erreichen Unternehmen nach der diesjährigen Auswertung durch ihre BI-Projekte mehr Schnelligkeit in der Berichterstattung, vor höherer Genauigkeit und besseren Geschäftsentscheidungen.
Vergleicht man die einzelnen Nutzenaspekte mit den verschiedenen Methoden der Software-Auswahl, zeigt sich deutlich, dass Lösungen, die vergleichend evaluiert werden, höheren Nutzen stiften. Unternehmen, die diesen Weg gehen, kommen bei den vorderen drei wie auch bei allen anderen abgefragten Zielen auf weitaus bessere BBI-Werte als Firmen, die sich ohne viel Aufwand für ein Produkt entscheiden.
Dem nachdrücklichen Appell, es sich bei der Auswahl einer BI-Lösung nicht zu einfach zu machen, gesellt Melanie Mack eine weitere "Best Practice" bei: bei der Entscheidung auf die Menschen zu hören, die später mit der Software arbeiten, seien es Anwender oder Entwickler. Benutzerfreundlichkeit für Anwender ist für die befragten Unternehmen mit 40 Prozent Nennungen das wichtigste Auswahlkriterium. Dass es bei den BI-Projekten der jüngsten sechs Monate sogar auf 49 Prozent Nennungen kommt, zeigt laut Melanie Mack die steigende Bedeutung dieses Aspekts.
Benutzerfreundlichkeit für Entwickler ist mit 34 Prozent das am zweithäufigsten genannte Kriterium, noch vor dem klassischen BI-Ziel "schnelle Abfragegeschwindigkeit". Gleichzeitig ist zu wenig Tempo bei Abfragen das von Anwendern am häufigsten berichtete Problem. Doch neben diesem technisch bedingten Makel finden sich unter den zehn am häufigsten genannten Schwierigkeiten bei der Arbeit mit BI-Systemen größtenteils Einschränkungen, die Barc als "personenbezogen" klassifiziert: fehlendes Interesse der Nutzer oder Uneinigkeit über Anforderungen etwa.
Endanwender in die Auswahl einbeziehen
In der Zusammenschau mit den wichtigsten Auswahlkriterien der Unternehmen rät Melanie Mack: "Man sollte sowohl Endanwender als auch Berichtsentwickler in die Auswahl einbeziehen." Der Faktor Mensch hat aus Sicht der Analystin großen Einfluss darauf, ob ein BI-Projekt den gewünschten Erfolg bringt oder nicht. Davon abraten würden sie und ihre Kollegen dagegen davon, die Auswahl einer BI-Lösung auf das Argument zu stützen, der Anbieter sei Unternehmens-Standard.
Neben solchen Ratschlägen zur Auswahl von BI-Tools enthält der Survey des Business Application Research Center, so der volle Name von Barc, in gewohnter Manier wieder Bewertungen der Anbieter nach der Systematik des BBI, fußend auf den Aussagen von 3000 Studienteilnehmern, darunter mehr als 1800 Anwender, außerdem Berater und Vertreter von Anbieterseite.
Seit vorigem Jahr ordnen die Analysten die bewerteten Lösungen - dieses Jahr sind von Arcplan über IBM Cognos TM1 und SAP BO WebI bis Yellowfin 27 Produkte analysiert worden - verschiedenen Peer Groups zu. So gibt es etwa die "BI-Giganten", Anbieter mit internationaler Aufstellung, deren Produkte gewöhnlich in Großunternehmen eingesetzt werden. Eine andere Gruppe fasst die Produkte, die typischerweise in kleinen oder mittelgroßen Projekten mit bis zu 500 Anwender zum Einsatz kommen. Mit dieser Differenzierung wollen die Analysten zu pauschalen Aussagen über die mit den einzelnen Lösungen erzielten BBI-Werte vorbeugen. "In den Vorjahren schnitten immer die kleineren Anbieter besser ab, obwohl ihre Lösungen unter Umständen für ein Enterprise-Szenario gar nicht geeignet wären", sagt Melanie Mack.
So zeigt sich etwa in der Rangliste der sogenannten BI-Giganten, dass Anwender von Oracle Essbase mit einem Wert von 4,92 durchschnittlich ihre mit dem BI-Einsatz verfolgten Geschäftsziele am besten erreichen. Dahinter rangieren die Produkte IBM Cognos TM1 und Qliktech. Auf dem letzten Platz steht in der insgesamt 13 Lösungen umfassenden Auflistung der BI-Giganten SAP BO WebI, mit einem BBI-Wert von 3,33.
Yellowfin vorn, IBM und Microsoft im Mittelfeld
Auf Dashboards spezialisierte Anbieter formen eine weitere Gruppe, der Barc neun Lösungen zuordnet. Mit Abstand führt hier der australische Anbieter Yellowfin. Seine vornehmlich kleinen Kunden besticht der Anbieter mit einem laut Barc sowohl in Architektur als auch Anmutung modernen BI-Werkzeug. Bei den Anwendern kommt Yellowfin auf einen durchschnittlichen BBI von 6,31, vor Dimensional Insight mit 5,52 und Arcplan mit 5,24.
Yellowfin führt noch in einer weiteren Kategorie, nämlich bei den Anbietern von BI-Lösungen für kleine und mittelgroße Projekte. Hier setzen sich die Australier vor Dimensional Insight und Phocas ab. Lösungen großer Hersteller wie IBM Cognos TM1 und Microsoft SSAS finden sich im Mittelfeld.
Trotz aller Differenzierung in Peer Groups zeigt sich auch im diesjährigen BI Survey die aus den Studien der Vorjahre bekannte Tendenz: Kleine und spezialisierte Anbieter schneiden gemessen am mit ihren Lösungen erzielten BBI besser ab als große. Das zeigt sich schon an der Gegenüberstellung der Business Benefits für die einzelnen Gruppen. An erster Stelle rangieren Anbieter aus dem Bereich "Visual Analysis & Data Discovery" mit einem Index von 5,06. Dahinter positioniert sind Anbieter für kleine und mittelgroße Projekte (4,8) und Dashboards (4,77). Anbieter von Lösungen für große Projekte dagegen stehen auf dem vorletzten Platz (BBI von 4,13), nur noch gefolgt von den Lösungen der Kategorie "Enterprise Reporting" (4,1).
Die Analysten machen hinter diesem Befund mehrere mögliche Ursachen aus. So könnten sich ein besserer geschäftlicher Nutzen aus einem BI-Projekt dadurch ergeben, wenn ein Anwender mit einem Anbieter eng zusammenarbeitet - was in der Regel bei kleinen Anbietern eher der Fall sei. Die Beziehungen zu BI-Schwergewichten seien dagegen häufiger unpersönlich.
Außerdem erzielten Projekte mit Produkten kleiner Anbieter oft deshalb bessere Ergebnisse, weil diese Hersteller im Falle des Scheiterns fürchten müssten, dass der Anwender die Geschäftsbeziehung beende. Großen Herstellern, die oft langjährige, strategische Beziehungen mit Anwenderfirmen unterhielten, drohe diese Gefahr nicht in demselben Ausmaß. Melanie Mack will diese Aussage aus dem Ergebnisbericht des BI Survey zwar nicht so weit auslegen, dass sich große Anbieter gänzlich auf ihren bestehenden Beziehungen ausruhten. Sie räumt allerdings ein: "Große Hersteller gehen eher davon aus, dass sie ohnehin auf die Shortlist kommen."
IBM Cognos TM1 reißt nach oben aus
Gleichzeitig weist die Analystin aber auch auf Abweichungen vom Gesamtbild hin. So bringe der Einsatz von Lösungen großer Anbieter nicht generell schlechtere Ergebnisse hervor als der spezialisierter Tools. IBM Cognos TM1 beispielsweise habe in mehreren Kategorien gute Ergebnisse erzielt. In der Peer Group für "Performance Management" etwa landet die Lösung auf dem dritten Platz hinsichtlich des erzielten Geschäftsnutzens, in der Riege der Anbieter für kleinere Projekte immerhin im vorderen Mittelfeld.
Melanie Mack beobachtet zudem, dass auch große Anbieter zunehmend Funktionen in ihr Portfolio aufnehmen, die ihre Software benutzerfreundlicher machen, beispielsweise für Self-Service. Die großen Hersteller hätten mittlerweile außerdem eigenständige Werkzeuge für Self-Service-BI auf den Markt gebracht. Weil diese noch sehr neuen seien, gibt es nach Aussage der Analystin bisher wenig Erfahrung damit. Eine Herausforderung ist es nach Ansicht von Melanie Mack für die Hersteller, die Komplexität ihrer Suiten mit Self-Service-BI zu vereinbaren.