Der Trend zu BPO geht Hand in Hand mit der generellen Tendenz in Unternehmen, nur noch die Kernaufgaben der Wertschöpfungskette selbst abzudecken, die tatsächlich Mehrwert bringen. Viele andere Bereiche, Prozesse und Aufgaben stehen frei zur Externalisierung.
Die wachsende Bedeutung von BPO auf dem deutschen Markt resultiert demnach aus der zunehmenden Fokussierung der Kapital-Ressourcen auf Kernkompetenzen und Kerngeschäft. Ein weiterer Aspekt für die Auslagerung eines Geschäftsprozesses: Externe Dienstleister bieten oft ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis, da sie Skaleneffekte ausnutzen können.
Aufgrund dieser Argumente verringern Unternehmen sukzessive ihre Fertigungstiefe, um somit auf steigende Marktanforderungen schneller und flexibler reagieren zu können. PAC sieht für die nächsten Jahren hohe Wachstumsraten für den deutschen BPO-Markt voraus. Bis 2008 soll er auf über drei Milliarden Euro wachsen.
BPO als logische Fortsetzung des IT-Outsourcings
Dabei war der Anfang der Outsourcing-Geschichte sehr infrastrukturlastig: Rechenzentrums-Outsourcing und Desktop-Outsourcing prägten das Bild. Nach und nach wurden dann die Applikationen externalisiert, zunächst die branchenübergreifenden, später auch die branchenspezifischen. BPO stellt nun die logische Fortsetzung des IT-Outsourcings dar. Infrastruktur, Applikationen und Prozessmanagement werden ausgelagert, IT und Geschäftsprozesse verschmelzen.
BPO ist an sich nicht neu. In den USA und in Großbritannien wächst der Markt schon seit Beginn der 90er Jahre enorm. Eine Auslagerungswelle des öffentlichen Sektors in Großbritannien verhalf Unternehmen wie Capita oder EDS zu nachhaltigem Erfolg.
In Deutschland setzt der Trend jetzt ein
Nach und nach nehmen immer mehr Unternehmen aus Deutschland BPO-Leistungen in Anspruch – die Anwender sind "gereift". Prominente Beispiele sind die Deutsche Bank, die ihren Einkauf an Accenture auslagerte, und Infineon, die ihre HR-Prozesse zu großen Teilen an EDS übergeben hat.
Zudem treiben diverse Anbietergruppen den Markt voran, allen voran die klassischen Berater wie Accenture. Für sie stellt BPO das attraktivste Outsourcing-Segment dar, da sie hier aufgrund ihrer Prozesskompetenz gute Chancen wittern. Hinzu kommen die traditionellen Outsourcer, die ihr Portfolio erweitern wollen. Denn momentan stehen viele Verhandlungen über Vertragsverlängerungen an.
Angesichts des großen Preisdrucks sind diese Verlängerungen ein adäquates Mittel, generell rückläufigen Vertragsvolumina zu begegnen. So steuert beispielsweise Siemens Business Services die BPO-Aktivitäten auf dem freien Markt im Bereich Financial Services in einer eigens dafür geschaffenen Global Business Unit von UK aus. Das wird von IT-Dienstleistern erwartet. Die Anforderungen der Kunden wachsen. Neben Kompetenz und effizienten Kostenstrukturen bezüglich Infrastruktur und Anwendungen wird beim BPO – anders als beim klassischen IT-Outsourcing – ein tiefes Verständnis für die Geschäftsproblematik des Kunden und seine Prozesse verlangt.
Hinzu kommt, dass BPO oftmals eine neue Beziehungsebene erfordert (Vertrieb, Management der Kundenbeziehung). In der Regel stehen nicht mehr die IT-Verantwortlichen, sondern zunehmend die fachlichen Experten im Vordergrund. Daher werden partnerschaftliche Beziehungen und ein Vertrauensverhältnis zwischen Outsourcer und Kunde bei BPO immer wichtiger, vor allem wenn es um geschäftskritische Prozesse geht.
Klassische IT-Dienstleister müssen also Geschäftsprozess-Kompetenzen ausbauen und gewinnen so die Chance, sich auf dem erfolgsversprechenden BPO-Markt in Deutschland langfristig zu etablieren.
Stephan Kaiser ist Consultant bei dem Marktforschungsunternehmen Pierre Audoin Consultants (PAC).
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