Forrester schlägt nun eine Definition von BSM vor, die auf der Beobachtung einer Vielzahl von BSM-Projekten unserer Kunden basiert. Denn zunehmend beginnen IT-Organisationen, Business Service Management-Systeme zu entwickeln. Dabei stellen sie zwei Dinge in den Vordergrund : Erstens das Verständnis für die Metrik, die ihre Business-Kunden zur Beurteilung der Wertschöpfung von IT-Lösungen einsetzen. Und zweitens die Einbindung dieser Metrik und der damit verbundenen Business-Services in die IT-Infrastruktur.
Von Infrastruktur über Service Level zu Business Service Management
Fast jede IT-Organisation hat inzwischen IT-Infrastruktur-Managementtools. Damit werden Ausfälle von Systemen und Komponenten gemessen und dokumentiert. Ausfallzeiten, Response-Raten sowie CPU- und Festplattennutzung vermitteln wichtige Informationen. Viele IT-Organisationen haben außerdem Servicekataloge und Service Level Agreements (SLAs) entwickelt. Auf deren Basis geben sie ihren Nutzern regelmäßig Feedback hinsichtlich der tatsächlichen Qualität der Services. Das Problem dabei: Diese Informationen kreisen nur um die IT und lassen Geschäftsprozesse unberücksichtigt. Es haben sich aber nicht nur die IT-Organisationen weiterentwickelt, sondern auch die Erwartungen der User.
Nutzer verstehen die IT inzwischen viel besser. Gleichzeitig erwarten sie, dass die IT bei Messungen und Reports ihre eigenen, business-orientierten Maßstäbe zugrunde legt. Für die meisten Anwender bedeutet Informationstechnologie nur, dass diese ihre Geschäftsprozesse unterstützt. Daher muss sich die IT zunehmend daran messen lassen, inwieweit sie den Geschäftsabläufen dient. Einige Nutzer erwarten sogar, dass IT ihnen basierend auf IT-Betriebsdaten ein Feedback über die Prozesseffizienz gibt.
Das ist Business Service Management und das sind seine Antriebsfaktoren:
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Servicegarantien im gesamten Konzern: Geschäftsprozesse, die ein Unternehmen als wichtig definiert und die die meiste Nutzeraufmerksamkeit bekommen, decken mehr als eine Applikation ab und betreffen mehr als einen Geschäftsbereich. Beispiel: Die Aktivierung eines neuen Handy-Accounts bedarf mehr als 80 Prozessschritte und vieler separater Geschäftsapplikationen. Die IT muss fähig sein, diese Situation widerzuspiegeln.
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IT-Servicequalität nach Maßgabe der Nutzer: Die Nutzererfahrung zählt! Die Fähigkeit, darzustellen, wie die IT ihr eigenes Inventar instand hält, ist nicht relevant für die Anwender. Die Informationen müssen so aufbereitet werden, wie die Nutzer sie brauchen.
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Zuordnung des Geschäfts zur IT-Infrastruktur: Neue Technologien, die etwa seit 24 Monaten auf dem Markt sind, machen es möglich, Business-Services direkt mit IT-Infrastrukturkomponenten zu verbinden. Diese Werkzeuge können Interaktionen dynamisch beobachten und messen, was wichtig ist, wenn das Rechenzentrum mit Dynamic-Provision- und Virtualisierungstechnologien betrieben wird. Diese neuen Lösungen unterstützen auch Applikation-Mapping, allerdings können Geschäftsnutzer die Verflechtung zwischen den Anwendungen und den unternehmensweiten Business Services selbst definieren.
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Business Service Management verbindet Services dynamisch mit der InfrastrukturHinsichtlich der Nutzung von BSM ist es inzwischen zu einem Wildwuchs gekommen. Mehr als 100 Hersteller setzen BSM als Key-Message in ihren Marketingaktivitäten ein. Allerdings tun sie dies nicht einheitlich, sondern ordnen den Begriff stets nur den Stärken ihrer eigenen Lösungen zu. Für Nutzer ist es daher schwierig, das Angebot aufzuschlüsseln und die für ihr individuelles Szenario richtige Lösung zu finden.
Um einen einheitlichen Begriff zu erhalten, definiert Forrester BSM wie folgt:
Business Service Management verbindet geschäftsfokussierte IT-Services dynamisch mit der darunter liegenden IT-Infrastruktur. Ein geschäftsfokussierter IT-Service kann ein spezifischer IT-Service oder Teil eines Geschäftsprozesses sein, aber er muss eine signifikante und ersichtliche Metrik für den unterstützten Geschäftsnutzer aufweisen.
Ein IT-Service ist im Kontext von BSM dann kein Business-Service, wenn er für den Geschäftsnutzer oder Stake-Holder außerhalb der IT keinen erkennbaren Nutzen zeigt. Daher zeichnet sich ein komplettes BSM-System wie folgt aus:
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Erfassung der Geschäftsprozesse: Das System muss Geschäftsprozesse offen legen und in einer aussagekräftigen Art und Weise beschreiben. Es ist wichtig, dass es auf die für die Geschäftsprozesse wichtigen Faktoren fokussiert - und nicht die gesamten Prozesse aufzeichnet.
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Erfassung der Infrastrukturressourcen: Das System muss alle Infrastrukturressourcen erfassen und bearbeiten. Dies bedarf eines umfassenden Überblicks über alle Ressourcenanbieter – interne und externe – sowie die früheren, unterschiedlichen Layer der IT und Telekommunikationsfunktionalitäten.
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Dynamische Verbindung von Prozessen und Infrastruktur: BSM ordnet diese Business Service-Faktoren den Infrastrukturressourcen zu. Das ist kein einmaliger Prozess, vielmehr muss die Zuordnung nahezu in Echtzeit auf den aktuellen Stand gebracht werden. Daher sind komplett vereinigte Configuration-Management-Database (CMDB) -Lösungen ein Muss.
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Unterstützung von End-To-End-Management: Das Online-Monitoring des Zustands von Geschäftsprozessen mit periodischem SLA-Reporting ist ebenfalls eine unabdingbare Voraussetzung. Das System muss auch in der Lage sein, die Hauptgründe für Ausfälle und die Auswirkungen von Infrastruktur-ressourcenfehlern auf das Geschäft zu analysieren.
BSM beginnt mit Prozessverbesserung und Konfigurationsmanagement
Forrester Research ist davon überzeugt, dass der Einsatz einer Methodologie zur Prozessverbesserung wie ITIL für die Einführung von BSM notwendig ist. Einige IT-Organisationen werden ihre eigenen Prozessdefinitionen entwickeln und einführen. Die Entscheider sollten aber bedenken, dass ITIL inzwischen ein bewährtes Verfahren ist. Es gibt nur wenige Gründe, die für die Entwicklung einer eigenen Infrastruktur-Library sprechen. Eine Konfigurationsmanagement-Strategie mit dem Ziel einer komplett vereinigten CMDB steht im Mittelpunkt aller BSM-Initiativen. Allerdings sollte der Fokus auf CMDB auch nicht im Vordergrund stehen - Entscheider sollten genau so viel CMDB planen wie für BSM nötig.
Business Service Management wird erwachsen, aber die Entwicklung wird weitergehen. Forrester sieht momentan eine Durchdringung des BSM (wie oben definiert) in Grossunternehmen von nicht mehr als ca. neun Prozent weltweit, und viele Projekte stecken noch in den Kinderschuhen. Bis 2010 wird diese Verteilung auf 35 Prozent wachsen, nach erhöhter Investition in IT Asset Management, Auto-Discovery und CMBD Werkzeugen.
Die Kernthesen der Kolumne sind auch Thema eines Vortrages auf der CIO Soiree "Information als Produkt" am 7. März in Frankfurt am Main. Weitere Informationen und Anmeldung finden Sie hier.
Peter O’Neill ist Principal Analyst bei Forrester Research.