Um Inspiration, Weiterentwicklung und Entfaltung von Talent geht es in Victor Wootens Buch "Music Lesson", das Bayer Healthcare-CIO Matthias Moritz gerade liest. Wooten, Bassist der Jazzgruppe Béla Fleck and the Flecktones und Grammy-Gewinner, hat laut Untertitel die "Geschichte einer Suche nach Wahrheit, Weisheit und Vollendung" geschrieben. Auch deshalb dürfte Moritz, der selbst in einer Rockband Bass spielt, das Buch interessieren. Entwicklung und Vollendung sind schließlich zwangsläufig die Zielmarken, wenn man mittendrin steckt in der Verantwortung für ein Strategieprojekt Organisation & Information. Und das für einen global aufgestellten Arbeitgeber wie das Pharmasegment des Bayer-Konzerns. Stehen bleiben kann sich so ein Unternehmen nicht erlauben - aber der 51 Jahre alte CIO ist ohnehin keiner, der auf die Bremse tritt. "Jetzt die Weichen stellen für die Kundenkonzepte von morgen", lautet die Geschäftsstrategie von Bayer Healthcare O&I. Moritz setzt sie für die IT um. Verbesserung der operativen Effizienz heißt zwar das oberste Ziel des auf drei Jahre angelegten Projekts, das 2012 abgeschlossen sein soll. Das aber vor allem, um verstärkt in Innovationen investieren zu können.
Moritz zählt ohne Zweifel zu den Über-den-Tellerrand-Schauern und Vorausdenkern unter den CIOs. Als Diplomphysiker, Musiker und Fan des FC St. Pauli prädestiniert dafür, vielseitiges Denken in die Belegschaft zu tragen - auch das eines der Ziele des laufenden Großprojekts. Als sprach- und weltgewandter Kommunikator geschaffen dafür, die Mitarbeiter überall auf dem Globus mitzunehmen in den ständigen Wandel. Für Bayer leitete er schon in den 1990er-Jahren die IT-Geschicke in Mexiko und Spanien, von 2003 bis 2006 war er IT-Chef von Bayer Business Services in Lateinamerika. Überhaupt legte er eine klassische Hauskarriere beim Leverkusener Konzern hin, für den er seit Ende seines Studiums 1991 tätig ist. Da rennt also einer stets mit den neuesten Entwicklungen um die Wette, der zugleich fest in den Bayer-Traditionen verankert ist.
In Verdacht, fachlich auf IT beschränkt zu sein, steht Matthias Moritz definitiv nicht. So gibt es in seiner Vita nicht nur die Aufgaben in fernen Gefilden als Farbtupfer, sondern auch eine IT-fremde Führungsaufgabe. Vor seiner Berufung zum CIO von Bayer Healthcare 2008 fungierte Moritz fünf Jahre lang als Marketing- und Sales-Leiter von Bayer Business Services - lange Zeit sogar parallel zur IT-Führung in Lateinamerika. Ein CIO mit breitem Horizont also, der verkörpert, worin die IT-Reise insgesamt geht: zur konsequenten Ausrichtung auf Geschäftsziele. Entsprechend führe die Entwicklung bei Bayer Healthcare in den kommenden drei Jahren strammen Fußes vom taktischen IT-Management zur anerkannten Innovations- und Prozessführerschaft, berichtet Moritz. Die IT soll zum Business Enabler werden, wofür es mehr braucht als Tools. "Ein CIO ist dann erfolgreich, wenn nicht die Technik, sondern der Wertbeitrag zum Geschäft im Vordergrund steht", findet Moritz. Deshalb forciert er nicht nur die Zusammenarbeit mit Vertretern aus den Fachbereichen. Er strebt auch danach, junge und gut ausgebildete Profis "als Triebkräfte des Wandels" in sein Team zu holen und möglichst auf Dauer zu halten. Talent entwickeln lautet die Devise - nicht nur musikalisch.
Als Musiker stieß Moritz schon vor fünf Jahren auf die sozialen Netzwerke. "Auch dank MySpace waren unsere Konzerte immer gut besucht", sagt der IT-Manager. Mittlerweile ist er längst ein echter Social-Media-Aficionado, der Xing, Facebook, Twitter, LinkedIn und andere Plattformen nutzt. Sie bestimmen mittlerweile auch seinen beruflichen Alltag mit. "Auf Dauer werden Unternehmen nicht an Social Media vorbeikommen", sagt er. Vor einigen Monaten liberalisierte sein Unternehmen die Nutzung und versucht seither, die Mitarbeiter mit Schulungen für einen bewussten Umgang mit den Plattformen zu sensibilisieren - denn für ein forschendes Pharmaunternehmen können Compliance-Verstöße fatal sein. Das Risiko nimmt Bayer Healthcare in Kauf, denn zu wichtig erscheint der Kundendialog via Internet mittlerweile. Eine Task Force erarbeite derzeit eine Social Media-Strategie für das Unternehmen, berichtet Moritz. Inspiration, Weisheit und Vollendung sind auch hier gesucht.