Im Oktober sollen die Autos kommen. Dann wird es auch in Bad Mergentheim im Taubertal im Norden Baden-Württembergs eine Möglichkeit zum Autoteilen geben. Seit zwei Jahren planen die zweite Vorsitzende des Vereins "Taubermobil" Dorothea Grebbin und ihre Mitstreiter das Projekt. "Es läuft alles ehrenamtlich", berichtet sie. "Wir mussten erst einmal Partner finden, Autos zur Verfügung stellen." Jetzt soll ein Auto von der örtlichen Kirchengemeinde kommen, ein weiteres will ein Autohändler am Ort zur Verfügung stellen. Das muss erstmal reichen. In der Kleinstadt mit etwas mehr als 20000 Einwohnern könne man sich ohnehin nicht allein auf die gemeinsamen Autos verlassen. "Es geht uns darum, das Zweit- oder Drittauto zu ersetzen", sagt Grebbin.
Carsharing legt seit einigen Jahren in Deutschland zu. Nach den jüngsten Daten des Bundesverbands Carsharing stieg die Zahl der Nutzer im vergangenen Jahr um 220000 auf 1,25 Millionen. Die Zahl der Städte und Gemeinden, in denen sich Menschen Autos an fest installierten Stationen teilen, stieg von 490 auf 537. Hinzu kommen 12 Städte, in denen es so genannte Freefloating-Angebote gibt, bei denen die Autos in einem festen Geschäftsgebiet angemietet und abgestellt werden können. Initiativen wie in Bad Mergentheim machen nach wie vor die Mehrheit aus, sagt Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverbands Carsharing. Allerdings sei die Anzahl der Fahrzeuge und Kunden bei diesen Projekten natürlich sehr klein.
Nur die ehrenamtlichen Carsharing-Initiativen können sich solche Strukturen leisten. Sie brauchen keine hohe Auslastung ihrer Fahrzeuge, um profitabel zu sein. Ausnahmen sind die Carsharing-Anbieter, deren Autos von Firmen genutzt werden - wie in Flensburg. Der Verein Klimapakt Flensburg, an dem unter anderem Wohnungsbaugesellschaften, aber auch die Stadtwerke und andere Unternehmen beteiligt sind, hat den bundesweit aktiven Carsharing-Anbieter Cambio in die Stadt gelockt. Von 601 Nutzern stammen 59 Prozent aus Unternehmen. Die Zusage der Firmen habe den Start in Flensburg leicht gemacht, sagt eine Sprecherin des Carsharing-Anbieters. Der Prozentsatz liege deutlich über dem an anderen Stationen. "Der Umsatz reichte aus, um sehr schnell profitabel zu werden."
Trotz der Initiative kurz vor der dänischen Grenze zeigt die Landkarte des Carsharing-Verbands vor allem im Osten und Norden Deutschlands weiße Flecken. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will das Carsharing weiter fördern. Er plant, es den Bundesländern zu ermöglichen, separate Parkflächen für Carsharing-Fahrzeuge auszuweisen und diese von Parkgebühren zu befreien. Das entsprechende Gesetz soll 2017 in Kraft treten.
Eine echte Erklärung für die weißen Flecken auf der Landkarte hat der Carsharing-Verband nicht. In Süddeutschland seien möglicherweise die Einkommen höher, außerdem seien auch viele Energiegenossenschaften an den Gründungen beteiligt. In Bruchsal etwa ist der örtliche Energie- und Wasserversorger an einer Initiative zum Teilen von Elektroautos beteiligt. Die ersten Stationen sollen im September starten. Bis Frühjahr 2017 stehen dann an 34 Stationen Vier- oder Fünf-Sitzer bereit, an fünf Stationen E-Kleintransporter mit sieben bis acht Sitzen.
Das Vorzeigebeispiel des Verbands ist der Auto-Teiler in Vaterstetten im Speckgürtel Münchens. Vor 20 Jahren gegründet hat die Initiative inzwischen 21 Autos und 330 Mitglieder. Da ein "Mitglied" oft aus Familien besteht und es vielfach mehrere registrierte Fahrberechtigte pro Mitglied gibt, seien etwa 650 Menschen fahrberechtigt. Bezogen auf die etwa 23000 Einwohner in Vaterstetten sind das mehr als zwei Prozent, so David Göhler vom Auto-Teiler. Inzwischen hat der Verein sogar zwei 450-Euro-Kräfte eingestellt, um die Autos zu betreuen und sich um Dinge wie Autokäufe zu kümmern.
Nach wie vor finden sich aber zwei Drittel der Carsharing-Anbieter in Städten mit mehr als 50000 Einwohnern. Vor allen in den größeren Städten haben sich die Autohersteller und andere kommerzielle Anbieter installiert. Die Bahn erreicht über ihr Flinkster-Netzwerk mit 30 regionalen Partnern an 1700 Stationen 300000 Kunden. Die nach Kunden-und Autozahlen größten Anbieter in Deutschland sind aber DriveNow, das von BMW und dem Autovermieter Sixt ins Leben gerufen wurde, und die zum Daimler-Konzern gehörende Firma Car2Go. Beide setzen auf freies Carsharing ohne Stationen. Allerdings ist etwa Car2Go nur in sieben Großstädten Deutschlands verfügbar.
Auch Opel will im nächsten Jahr ein eigenes, allerdings stationäres Angebot starten. Im November sollen Details bekannt gegeben werden. Im vergangenen Jahr hatte die GM-Tochter noch einen anderen Weg gewählt: Über die Platform Carunity können Privatleute Autos anbieten und mieten. Nach einem Jahr habe man bereits über 20 000 Nutzer, sagte Marketing-Chefin Tina Müller kürzlich der "Wirtschaftswoche". Obwohl bereits 4500 private Autos angemeldet sind, tun sich die Menschen aber offenbar schwer damit, ihr "Heiligs Blechle" in fremde Hände zu geben. Die Nachfrage übersteige die Zahl der angebotenen Autos, sagte Müller. Wieviele Mieten am Ende tatsächlich stattfinden, veröffentlicht Opel nicht. (dpa/rs)