Mit dem Vorstandschef Gedanken via Facebook teilen? Auf diese Idee wird kaum ein CIO kommen. Und kaum ein IT-Chef muss sich sorgen, wichtige Informationen seines CEOs in unternehmensnahen Blogs zu verpassen. Die Chefs weltweit operierender Konzerne meiden Social Media größtenteils. Das zeigt eine Analyse der öffentlich sichtbaren, digitalen Aktivitäten der 50 weltgrößten Unternehmen, die die US-amerikanische PR-Agentur Weber Shandwick vorgenommen hat.
Aber es kann durchaus sein, dass der CEO den per se IT-affinen CIO demnächst einmal zur Seite nimmt und um Rat zu Social Media fragt. Denn obwohl Weber Shandwick die Distanz der meisten Vorstandschefs zur direkten Online-Kommunikation nachvollziehen kann, führen die Experten auch klare Vorteile an, die Unternehmen mit „Social CEOs“ haben. Deshalb gehen die PR-Strategen von einem wachsenden Anteil aus.
Derzeit legen 64 Prozent der CEOs der größten Firmen auf dem Globus überhaupt keine Online-Aktivitäten an den Tag. Sehr viel mehr als Wikipedia-Artikel ist über sie in digitalen Sphären nicht zu finden. In Sachen Kommunikation sind die Vorstandschefs offenbar Traditionalisten, wie Weber Shandwick unkt.
Öffentlichkeitsscheu sind sie dabei keineswegs: 93 Prozent werden in weltweit führenden Nachrichtenmedien und in Wirtschaftspublikationen zitiert. Zwei Fünftel wenden sich in Vorträgen an ein externes Publikum, das nicht auf Aktionäre beschränkt ist – genau also die Zielgruppe von Social Media.
Nun erscheint der Befund von 36 Prozent im Internet aktiven CEOs keineswegs steinzeitlich - er bedeutet aber mitnichten, dass tatsächlich ein Drittel der Vorstandschefs in Netzwerken wie Twitter, Facebook oder LinkedIn aktiv ist – zumal auch die geographische Unterschiede zu berücksichtigen sind. CEOs von Firmen mit Sitz in den USA sind Vorreiter und kommunizieren zu 60 Prozent im WorldWideWeb; in Europa sind es lediglich 12 Prozent.
Jeder Fünfte äußert sich in Videos und Podcasts
Insgesamt betrachtet heißt „going social“ für CEOs vor allem, auf der Unternehmens-Website gelegentlich Mitteilungen zu posten. 28 Prozent machen das und beschränken sich zumeist auf Firmen- und Führungsthemen. 18 Prozent zeigen sich in Videos oder Podcasts auf der Firmen-Homepage oder in eigenen YouTube-Kanälen. Nicht einmal jeder zehnte Konzernchef nutzt Facebook, Twitter, MySpace oder LinkedIn oder beteiligt sich an externen Blogs.
Leslie Gaines-Ross, Chief Reputation Strategist bei Weber Shandwick, fasst die Gründe für die Zurückhaltung der CEOs so zusammen: „Die Zeit wird mit Kunden und Mitarbeitern besser genutzt, der Ruf von Top-Managern in der breiten Öffentlichkeit ist so schlecht wie nie, der Return-on-Investment von Social Media ist noch nicht bewiesen, Rechtsexperten raten zur Vorsicht.“
Plausible Bedenken – einerseits. Andererseits liefert die Studie sogar einen empirischen Beleg, dass selbst die obersten Konzernlenker Social Media nicht verschmähen sollten. Während nämlich in den Unternehmen mit besonders gutem Ruf 41 Prozent der CEOs im Internet sichtbar Profil zeigen, ist dies bei den weniger angesehenen Firmen nur zu 28 Prozent der Fall.
„In diesem zunehmend digitalen Zeitalter sollten CEOs die Chance nutzen, mit Kunden, Talenten und anderen online in Kontakt zu sein“, sagt Gaines-Ross. Angesichts von fast zwei Milliarden Internet-Nutzern weltweit sollten Vorstandschefs hier nicht durch Abwesenheit glänzen.
Es kommt allerdings darauf an, dies wohlüberlegt zu tun. Weber Shandwick rät CEOs, den Rat hauseigener Experten zu suchen. CEOs sollten die Best Online Practices von Konzernchefs identifizieren lassen und darauf ihre eigene Praxis aufbauen. Sie sollten sich vorab Gedanken darüber machen, wie häufig sie sich der Social Media-Pflege widmen wollen – denn ihre Zeit wird ja tatsächlich anderswo dringender benötigt.
Social CEOs müssen auf ihren Ruf achten
Der geeignete erste Schritt für „Social CEOs“ in spe ist das Posten von Videos und Fotos. Bevor die Social Media-Nutzung beginnt, sollte ein hausinterner Testlauf stattfinden, rät Weber Shandwick. Inhaltlich sollten die Beiträge des Vorstandschefs besondere Bedeutung für die Zielgruppe haben und dem Ruf des Unternehmens dienlich sein.
Die Studie "Socialising Your CEO: From (Un)Social to Social“ kann auf der Website von Weber Shandwick heruntergeladen werden.