Rund eine Million Menschen arbeiten zurzeit in der deutschen ITK-Branche, wie der Branchenverband Bitkom, Berlin, vorrechnet. In den vergangenen fünf Jahren hat die Branche 125.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Allerdings sind 43.000 Stellen unbesetzt, im Vorjahr waren es 41.000. Diese Eckdaten nennt der Report "Der Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte", den der Verband jetzt vorgestellt hat. Der Report basiert auf Angaben von insgesamt 1.500 Personalern und Geschäftsführern, davon 700 aus ITK-Unternehmen.
IT-Unternehmen suchen nach Entwicklern und Projektmanagern
Der Verband hat sich angesehen, welche Qualifikationen besonders gefragt sind. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen ITK-Firmen und Anwenderunternehmen. So nennen ITK-Unternehmen mit 64 Prozent an erster Stelle Softwareentwickler. Die hohe Zahl darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in einer vergleichbaren Umfrage 2013 noch 72 Prozent waren.
Auffällig in der ITK-Branche ist der stark wachsende Bedarf an Projektmanagern (20 Prozent, 2013: vier Prozent). Im Gegenzug ist die Nachfrage nach Anwendungsbetreuern/Administratoren von 31 Prozent (2013) auf jetzt 16 Prozent gesunken. Bitkom-Präsident Thorsten Dirks kommentiert, es gehe nicht mehr um die Administration eigener Systeme, sondern um das Management von IT-Projekten. Stichworte sind hier Cloud Computing, Big Data und Mobile. Erstmals suchten mehr Unternehmen Spezialisten für mobile Apps als für die klassische Web-Anwendung, so Dirks weiter.
Fragt man die Anwenderunternehmen, stellt sich das Bild wie folgt dar: 44 Prozent nennen an erster Stelle Anwendungsbetreuer/Administratoren. Auch hier ist der Anteil gesunken, und zwar deutlich von 61 Prozent im Jahr 2013. Verstärkt brauchen die Anwenderfirmen nun Softwareentwickler, wie 27 Prozent angeben - 2013 waren es erst neun Prozent.
60 Prozent der Unternehmen klagen über Fachkräftemangel. Guter Grund für Dirks, sich die Quereinsteiger in der IT anzusehen. Derzeit gilt jede vierte IT-Fachkraft als Quereinsteiger - die Befragten gehen jedoch davon aus, dass es in fünf Jahren nur noch rund jede Zehnte sein wird (elf Prozent).
Bitkom-Präsident Dirks: Nicht nur auf formale Qualifikation schauen
Einerseits besteht also Fachkräftemangel, andererseits werden Quereinsteiger weniger Chancen haben - ein Widerspruch, wie Dirks zugibt. Er nennt zwei Gründe: zum einen die Technologie. Hochkomplexe Systeme, die Cloud, Big Data und Mobile unter einen Hut bringen müssen und zudem für IT-Sicherheit und Datenschutzanforderungen zu sorgen haben, erfordern gut ausgebildete Kräfte. Zum anderen appelliert Dirks aber auch an die Entscheider in den Unternehmen selbst. Er möchte ein Umdenken sehen: mehr eigene interne Weiterqualifikation beispielsweise von Mechatronikern, weniger Fokus auf formale Qualifikation, mehr Anerkennung faktischen Könnens. Nach eigenen Worten betrachtet er als Unternehmer entsprechend fähige Quereinsteiger denn auch beim Gehalt als gleichrangig.
Stichwort Anerkennung der faktischen Qualifikation: Dirks verbindet Hoffnungen mit der aktuellen Flüchtlingswelle. "Viele der Flüchtlinge sind jung und gut ausgebildet", erklärt er. Unternehmen sollten ihnen Praktika oder Traineeships anbieten, sofern sich Sprachbarrieren abbauen lassen.
Weitere Hoffnungsträger will er in den Schulen und Universitäten finden, speziell bei den Mädchen und jungen Frauen. Allerdings: derzeit beträgt die Abbrecher-Quote in IT-Studiengängen fast 50 Prozent. Das liege nicht nur an Handfestem wie der Mathematik, so Dirks. Sondern auch an einem gewissen Trugbild: Mancher glaube, sich im Studium den ganzen Tag der Softwareentwicklung widmen zu dürfen und sei dann von abstrakten Inhalten enttäuscht. Hier wünscht sich der Bitkom mehr Praxisbezug.