Nach der Dienstreise folgt der unangenehme Teil: die Reisekostenabrechnung. Belege werden gescannt, Ausgaben addiert, Begründungen geschrieben. Danach gehen die Belege an die Reisekostenstelle, die alles prüft und wieder an den Mitarbeiter zurückschickt, weil der einen Fehler gemacht hat.
Im Dialog mit dem Chatbot
Um die Prozesse zu vereinfachen, setzen einige Unternehmen auf ein Chatprogramm, das die Mitarbeiter im Dialog durch die Erfassung der Ausgaben und Belege führt. Am anderen Ende des Dialogs sitzt keine Person in der Buchhaltung, sondern ist eine Software, ein Chatbot, im Einsatz.
Der Begriff Chatbot ist ein Kunstwort aus "Chatten" und "Robot" und bezeichnet eine Benutzerschnittstelle, bei der die Ein- und Ausgaben in natürlicher Sprache - schriftlich oder akustisch - erfolgen. Routineaufgaben in Unternehmensanwendungen wie der Reisekostenabrechnung lassen sich damit automatisieren.
Auch für andere Aufgaben ist diese Technologie in Unternehmen einsetzbar. Hier geht es in erster Linie darum, häufig wiederkehrende und stets gleich ablaufende Prozesse, die in Dialogform mit einer begrenzten Zahl von Frage- und Antwortmöglichkeiten auskommen, schnell und fehlerfrei zu erledigen. Laut einer Umfrage des Bitkom können sich gut zwei Drittel der Befragten vorstellen, Chatbots als Assistenten für die persönliche Terminplanung zu engagieren.
Weitere Einsatzmöglichkeiten von Chatbots sind
Buchung von Reisen, Flügen, Zugfahrten oder Hotels,
Buchhaltung erledigen,
Bestellungen aufnehmen, Geschäftsdaten erfassen,
betriebswirtschaftliche Informationen bereitstellen,
Supportanfragen kategorisieren und beantworten,
Kunden bei der Produktauswahl unterstützen.
Fleißarbeit automatisieren
Ein Chatbot automatisiert nicht nur wiederkehrende Routinetätigkeiten, er überwindet auch Medienbrüche. Für den Fall der Reisekostenabrechnung bedeutet dies, dass er das Abtippen von Papierbelegen durch das Einscannen mit der Smartphone-Kamera und die Auswertung der Daten durch eine Texterkennungssoftware ersetzt. Die Software erkennt die Angaben auf den Fotos der Quittungen und erstellt automatisch die Abrechnung. Ein Mitarbeiter der Buchhaltung muss nur eingreifen, wenn der Bot Unstimmigkeiten feststellt oder bei einer komplizierten Abrechnung nicht mehr weiter weiß.
"Viel zu lange mussten wir lernen, wie ein Computer zu sprechen. Es ist Zeit, dass Computer lernen, wie wir zu sprechen", fordert Kriti Sharma, Expertin für künstliche Intelligenz und Leiterin des Pegg-Projekts beim Softwarehersteller Sage. Das Unternehmen hat mit Pegg einen Chatbot entwickelt, der derzeit über eine Schnittstelle zur Finanzbuchhaltung verfügt.
Unternehmen können damit Routineaufgaben wie das Kreditoren- und Debitoren-Management oder die Buchung von Einnahmen und Ausgaben automatisieren. Die Anbindung des Systems an die Reisekostenabrechnung ist auch möglich. Nach Angaben des Unternehmens nutzten bereits wenige Wochen nach der Einführung über 20.000 Anwender die neue Technologie.
HR-Support via Chatbot
Auch andere Tätigkeiten im Unternehmen könnten von Chatbots profitieren, etwa in der Personalabteilung. Trotz des Fachkräftemangels gibt es immer noch Stellen, die heiß begehrt sind und auf die es hunderte Bewerbungen gibt. Die Personalabteilung kann diese nur oberflächlich anschauen und kontrolliert zunächst, ob die formalen Kriterien erfüllt sind, zum Beispiel ob Angaben fehlen oder ob das Studienfach passt. Solche Wenn-dann-Abfragen können auch Chatbots in einem Vorgespräch mit dem Bewerber übernehmen. Sie trennen die Spreu vom Weizen, die Personaler beschäftigen sich dann nur noch mit den wirklich vielversprechenden Bewerbern.
Multibots statt App-Dschungel
Für Klaus-Michael Vogelberg, CTO bei Sage, ist das erst der Anfang: "Von künstlicher Intelligenz gesteuerte, natürlich-sprachliche Schnittstellen werden den Browser und mobile Apps als wichtigste Schnittstelle ablösen." Vogelberg warnt aber davor, dass sich nicht das wiederholt, was im Bereich der Smartphone-Apps zu beobachten ist. Dort gibt es mittlerweile ein unüberschaubares Angebot an Apps, die jeweils für sich genommen ein sehr eingegrenztes Aufgabenspektrum haben und untereinander nur schwer vernetzbar sind.
Die Zukunft gehöre vielmehr Multibots. So nennen Experten eine Kombination mehrerer Bots zu bestimmten Themen, die Daten aus unterschiedlichen Quellen untereinander austauschen, ohne dass der Nutzer merkt, dass er mit mehreren Bots kommuniziert.
Einem Chatbot, der an die Reisekostenabrechnung angebunden ist, würde dann ein Bank-Bot oder ein Cashflow-Bot zur Seite stehen. Damit kann er auch zu Themen Auskunft geben, die über das Thema Spesen und Auslagen auf Dienstreisen hinausgehen und Anfragen etwa zu Zahlungsflüssen und Kontobewegungen beantworten. Die Chat-Anfrage "Wurde die Rechnung an Firma XY bereits überwiesen?" würde dann beantwortet mit "Ja, die 34,50 Euro für den Einkauf von Büroklammern wurden vorgestern überwiesen".
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