Das Oberlandesgericht München hat ein Urteil mit Signalwirkung für den Verbraucherschutz im Internet gesprochen: Das Internetportal Check24 muss künftig seine Kunden vor dem Online-Abschluss einer Versicherung besser informieren und gründlicher beraten als bisher. Das entschied der 29. Zivilsenat am Donnerstag, geklagt hatte der Bundesverband der deutschen Versicherungskaufleute (BVK).
Sofern das Urteil rechtskräftig wird, muss Check24 künftig die Besucher der Webseite beim ersten Geschäftskontakt unübersehbar darauf hinweisen, dass das Portal nicht nur Preise vergleicht, sondern als Online-Versicherungsmakler Provisionen kassiert.
Die Richter ließen keine Revision zu. Doch kann Check24 dagegen Beschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen, darüber entschieden hat das Management noch nicht. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte anschließend, am Geschäftsmodell ändere sich nichts. Sofern das Urteil rechtskräftig wird, werde Check24 es umsetzen.
"Es handelt sich nicht um ein Vergleichsportal, das ist eine Verkaufsmaschine", sagte BVK-Präsident Michael Heinz. "Es geht nicht um Geschäftsverhinderung" - doch müssten für Online-Vertrieb die gleichen Spielregeln gelten wie für die Versicherungskaufleute. In dem Prozess ging es ausschließlich um Check24. Doch haben viele Preisvergleichsseiten ein ähnliches Geschäftsmodell, ob es sich um Versicherungen, Strompreise, Flüge, Hotelbuchungen oder Urlaubsreisen handelt.
Die Anwälte der Versicherungskaufleute gehen deswegen davon aus, dass das Münchner Urteil Bedeutung für die gesamte Portalbranche haben wird: "Es war von Anfang an so gedacht, dass das Verfahren eine Pilotwirkung hat", sagte der Bremer Jurist Axel Nordemann.
Der BVK vertritt über 12000 Versicherungsvertreter, für die Check24 eine Konkurrenz ist. Bisher ist die Information über die Maklertätigkeit von Check24 auf der Webseite nur im Kleingedruckten zu finden - und auch nur, wenn ein Besucher der Webseite aktiv danach sucht.
Zudem wird Check24 vor dem Abschluss von Hausrat-, Haftpflicht- und Kfz-Versicherungen die Kunden künftig genauer befragen müssen, ob die Versicherung für sie überhaupt vonnöten ist, beziehungsweise über spezielle Risiken informieren müssen.
Check24 muss Kunden ernst nehmen
So sind beispielsweise bei vielen Haftpflichtversicherungen ehrenamtliche Aktivitäten und Risikosportarten nicht abgesichert. Der Vorsitzende Richter Gunnar Cassardt nannte als konkretes Beispiel eines nicht versicherten Unfalls: Den Jäger, der versehentlich nicht das Reh im Gebüsch erschießt, sondern seinen Mitjäger. Für Check24 bedeutet dies, dass das Unternehmen nun die Kunden vor dem Abschluss einer Haftpflichtversicherung befragen muss, ob sie gefährlichen Freizeitaktivitäten nachgehen, bei denen andere verletzt werden könnten.
Allerdings setzten sich die Versicherungskaufleute nicht auf ganzer Linie durch. Sie wollten Check24 auch noch dazu verpflichten, die Kundschaft vor Abschluss eines Versicherungsvertrags zu überprüfen. Das hätte das Online-Geschäftsmodell von Check24 wesentlich erschwert. Das lehnte der Senat jedoch ab. Der Grund: Gesetzlich ist zwar beim Verkauf von Versicherungspolicen eine Beratungs- und Befragungspflicht vorgeschrieben - "aber keine vorgelagerte Prüfplicht", wie Cassardt sagte. (dpa/rs)