Der gemeine deutsche CIO bleibt 4,5 Jahre auf seiner Position im Unternehmen. Doch wie entscheidet man für sich selbst, ob man auf seinem Posten bleiben möchte oder ob es Zeit für eine Veränderung ist? "Was will ich und wo will ich hin?" sind Fragen, mit denen man sich als CIO intensiv auseinandersetzen sollte, rät Führungskräfte-Coach Gudrun Happich. Sie hat einige Entscheidungshilfen zusammengestellt, die CIOs die Planung des nächsten Karriereschritts erleichtern.
Gründe, CIO zu bleiben
Ein langjähriger CIO sagte Gudrun Happich Folgendes über seinen Job: "Entweder man macht es wie ich mit Haut und Haaren und aus Überzeugung, oder man sollte lieber die Finger davon lassen. Sonst ist der Preis einfach enorm hoch - und das Schmerzensgeld nicht hoch genug."
6 Gründe fürs Bleiben
Die folgenden Gründe sprechen laut Gudrun Happich dafür, weiterhin als IT-Verantwortlicher auf der zweiten Führungsebene zu arbeiten:
1. Sie finden Freude daran, gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern gute inhaltliche Arbeit zu leisten.
2. Sie sind froh, dass es im Zweifel jemanden über Ihnen gibt, den Sie fragen können und der Ihnen auch manche Entscheidungen abnehmen kann.
3. Bei aller Arbeit und allem Engagement genießen Sie es, wenn Sie mal die Tür hinter sich zuschließen können und nicht für das Unternehmen erreichbar sind.
4. Sie möchten nicht zu viele öffentliche Auftritte absolvieren.
5. Sie reden gern eher Klartext und möchten nicht permanent bei jedem Wort überlegen müssen, wie andere Top-Manager dies politisch umdeuten.
6. Sie meistern mit Freude operative Herausforderungen statt das Hauptaugenmerk auf strategische Ziele zu legen.
Vielleicht träumt man aber auch von anderen Aufgaben und überlegt, den Sprung an die Unternehmensspitze zu wagen. Ein Wechsel in die erste Führungsebene ist nach Gudrun Happich dann der richtige Schritt, wenn die folgenden Punkte zutreffen:
7 Gründe für den Wechsel ins Top-Management
1. Sie möchten zunehmend mehr am Unternehmen arbeiten.
2. Sie finden großen Gefallen daran, sich mit strategischen und visionären Fragestellungen auseinanderzusetzen und an der grundsätzlichen Ausrichtung des Unternehmens zu arbeiten.
3. Sie genießen es, in der Öffentlichkeit zu stehen und mögen repräsentative Aufgaben und Auftritte. Darüber hinaus sind Sie ein idealer Netzwerker und haben viele Kontakte auch außerhalb des Unternehmens.
4. Zu Ihren geliebten Fähigkeiten zählen diplomatisches Geschick und Durchsetzungsvermögen nach innen sowie Einflussnahme nach außen.
5. Sie finden es gut, wenn die Bereiche Beruf und Privatleben zunehmend verschwimmen und auch die Kollegen, Kunden und Vorstände anderer Unternehmen beginnen, zu Ihrem privaten Umfeld zu zählen.
6. Sie genießen es, mehr Verantwortung zu übernehmen und mehr bewegen zu können.
7. Sie können damit umgehen, dass Kritik sofort zu Ihnen dringt, doch Anerkennung oder Wertschätzung eher auf sich warten lassen. Und Ihnen ist bewusst, dass die meisten in Ihnen nicht Herrn/Frau XY sehen, sondern Kontakte in erster Linie Ihrer Rolle als Vorstand gelten.
Das Gesamtpaket sollte stimmen
"Man sollte seine Entscheidungen nicht nur von der Position oder dem Image abhängig machen, sondern sich das Gesamtpaket ansehen", rät Führungskräfte-Coach Gudrun Happich. Ist der Vorstandsposten zum Beispiel so weit von der Familie entfernt, dass man künftig nur noch am Wochenende nach Hause kommt, kann das zur Belastung werden. "Was will ich und wo ist meine Leistungskraft am höchsten?" sind Fragen, die man sich unbedingt vor einem Wechsel stellen sollte.
Tut man dies nicht, kann Frust an der Unternehmensspitze groß sein, und zudem droht ein Gesichtsverlust, wenn man den Posten wieder verlässt. Als Coach macht Gudrun Happich die Erfahrung, dass für jeden zweiten CIO die Unternehmensspitze nicht die Erfüllung aller Träume ist. Im Gespräch erkennt sie dann mit dem IT-Verantwortlichen, dass er auf seiner Position gut aufgehoben ist. Manchmal kann es auch goldrichtig sein, auf eine Position zu wechseln, die offiziell zwar unter der eines CIOs liegt, aber für den Einzelnen spannendere Aufgaben und das passendere Gesamtpaket bietet.
Kaminkarrieren sind out
Wann man wohin wechselt, muss man immer für sich selbst herausfinden, hier gibt es keinen allgemeingültigen Tipp. Doch es gibt Tendenzen. Gudrun Happich beobachtet etwa, dass Kaminkarrieren out sind: "Wer etwas werden will, muss in regelmäßigen Abständen wechseln, mindestens die Bereiche im Unternehmen, am besten gleich das Unternehmen", sagt die Führungskräfte-Expertin. Von der Vorstellung, dass man nur lange genug durchhalten muss, um in den Vorstand aufzurücken, sollte man sich verabschieden.
Vorgeschriebene Wege hin zum CIO und darüber hinaus wird es in Zukunft immer weniger geben, glaubt Gudrun Happich. Eines ist entscheidend: Wer vorankommen möchte, muss von den Entscheidern wahrgenommen werden. "Förderer haben sich immer als Vorteil herausgestellt", sagt Coach Happich.
Gudrun Happich ist Executive-Coach und Gründerin von Galileo Institut für Human Excellence. Mit ihrem Unternehmen hat sie sich auf die Entwicklung von Leistungsträgern in den oberen Führungsebenen spezialisiert. Die Diplom-Biologin war selbst zwölf Jahre lang Führungskraft in drei Wirtschaftsunternehmen, unter anderem als Mitglied der Geschäftsleitung.
Anschließend absolvierte sie drei systemische Ausbildungen. Sie ist seit 1994 tätig, schöpft aus den Erfahrungen von ca. 15.000 Coaching-Stunden und hat weit mehr als 800 Leistungsträger begleitet. Als eine der ersten Beraterinnen wurde sie nach dem weltweit höchsten Qualitätsstandard für Coaches von der International Coach Federation (ICF) zum "Master Certified Coach" (MCC) zertifiziert. Sie ist Senior Coach beim DBVC. Ihr aktuelles Buch Ärmel hoch! Die 20 schwierigsten Führungsthemen und wie Top-Führungskräfte sie anpacken ist im Frühjahr 2011 im Orell Füssli Verlag erschienen.