Coachin Petra Ulbrich

Chefs im Ausland scheitern an Privatem

15.02.2016 von Christiane Pütter
Sechs von zehn Managern, die einen Auslandsaufenthalt abbrechen, begründen das mit Problemen in der Familie. Unternehmen sollten Partnerinnen besser vorbereiten, fordert daher Petra Ulbrich, die ihren Mann drei Jahre lang nach Barcelona begleitet hatte. Die Wirtschaftswissenschaftlerin coacht heute Ehefrauen und weiß um deren Bedürfnisse vor, während und nach dem Auslandsaufenthalt.
  • Laut Cartus Mobility Report 2014 gehen 61 Prozent Abbrüche von Auslandsentsendungen auf familiäre Schwierigkeiten zurück.
  • Coachin Petra Ulbrich kritisiert das tradierte Frauenbild älterer männlicher Entscheider
  • Firmen unterstützen Expatriates zwar in administrativen Fragen, aber nicht in emotionalen
  • Kehren die Familien zurück, erleben sie oft einen zweiten Schock, dienstlich wie privat
Petra Ulbrich coacht die Partnerinnen von Führungskräften, die ins Ausland geschickt werden.
Foto: Andreas Greiner-Napp/Petra Ulbrich

Das quirlige Gewusel auf den Ramblas, der - zu Recht! - so berühmten Prachtstraße. Der Park mit den faszinierenden Bauwerken von Gaudi. Musik in den Straßencafés, schicke Leute, und immer der blaue Himmel. Und immer die Nähe zum Meer. Barcelona - ein Traum! Die ersten drei Monate lang. Dann kommt das Heimweh. Dann kommt die Sorge, ob es wirklich die richtige Entscheidung war, den Job zu Hause aufzugeben. Und noch immer weinen die Kinder wegen der fehlenden Freunde, wegen der Oma, wegen des Reitstalls.

Solche Szenarien kennt Petra Ulbrich aus eigener Erfahrung. Drei Jahre lang hatte sie ihren Mann, Manager bei einem großen deutschen Unternehmen, in die spanische Metropole begleitet. Heute kann sie nur den Kopf schütteln darüber, wie wenig sich deutsche Unternehmen der Rolle von Partnerin und Familie bei Auslandseinsätzen bewusst sind. Das sollten sie aber: Laut Cartus Mobility Report 2014 gehen 61 Prozent der Abbrüche auf Probleme mit der Familie zurück.

Ulbrich will das ändern. Nach vielen Gesprächen mit anderen Führungskräften und deren Frauen hat sie ein Coaching entwickelt, das die Partnerinnen in drei Stufen vorbereitet, begleitet und nach der Rückkehr wieder auffängt.

Dass viele Personaler die Problematik unterschätzen, liegt vermutlich daran, dass sie selbst noch nie beruflich im Ausland waren. "Insofern ist die Bedarfslage nicht bekannt", sagt Ulbrich. Hinzu komme das tradierte Rollenverständnis in vielen deutschen Firmen. Noch immer gingen ältere männliche Entscheider selbstverständlich davon aus, dass Ehefrauen den Mann in seiner beruflichen Entwicklung unterstützen und die eigene Tätigkeit hintenan stellen.

Die Rolle der Ehefrau

Und dieses Problem wird sich verschärfen, ist Ulbrich überzeugt. Die Werte wandeln sich. Einerseits sind Männer nicht mehr bereit, für die Karriere alles zu opfern. Frau und Kinder sind für sie mehr als nur nettes Beiwerk. Andererseits wird Frauen ihre Unabhängigkeit immer wichtiger. Ulbrichs Fazit: "Für international tätige Unternehmen stellt die Berufstätigkeit der Frau in zunehmendem Maße ein Problem in Bezug auf Auslandseinsätze dar, da Frauen nicht mehr - wie bis dahin von vielen Unternehmen erwartet - ihren Männern ohne Einspruch oder Widerspruch folgen und eine unterstützende Rolle einnehmen."

Ulbrich behauptet nicht, dass die Firmen ihre Manager nicht vorbereiten. Auf der "sachlich-strukturellen Ebene" gebe es Support, erkennt sie an. Das heißt konkret: Relocation Services, Hilfe bei der Schulanmeldung, administrative Unterstützung und durchaus auch finanzielle Anreize für die Partnerin. Alles wichtig und sinnvoll, weiß Ulbrich. "Dennoch vernachlässigen diese Angebote die emotional-psychologische Komponente." Die Vorbereitung dürfe eben nicht nur auf eine sachlich-intellektuelle Ebene zielen. "Das Thema ist ein emotionales Thema und muss aus meiner Sicht als solches entsprechend behandelt werden", sagt sie.

CIOs im Ausland
Als Führungskraft ins Ausland
Die Bereitschaft, für die Karriere ins Ausland zu wechseln, ist in Deutschland weniger ausgeprägt als im weltweiten Durchschnitt. So gaben in einer Studie des Büro-Dienstleisters Regus nur 25 Prozent der deutschen Befragten an, sie wären heute eher wechselbereit als vor zehn Jahren - weltweit waren es 44 Prozent. Wie CIOs mit Heimweh umgehen, erfahren Sie auf den kommenden Seiten.
Matthias Moritz, Almirall
Für Almirall wechselte Matthias Moritz von Bayer Healthcare als Business Technology Corporate Director nach Barcelona.
Über sein Leben an der spanischen Mittelmeerküste sagt er:
"Vollkornbrot, Lakritz, Wurst, all das gibt es in der Metropole Barcelona natürlich. Was einem wirklich fehlt, ist in bestimmten Momenten der Besuch eines Freundes oder der Familie. Was einem definitiv hier nicht fehlt, ist ein Schneeschieber oder Handschuhe."
Sein Tipp an Ausreisewillige:
"Achtet auf bewusste Integration. Man muss nicht im deutschen Umfeld leben, es ist viel nützlicher, sich den Landesgegebenheiten anzupassen. Das wird in Deutschland auch erwartet, und ist in Spanien sicher nicht anders. Dazu gehört natürlich die Landessprache."
Gottfried Egger, Dräxlmaier
Der Österreicher Gottfried Egger arbeitet als CIO für den Automobilzulieferer Dräxlmaier im bayerischen Vilsbiburg.
Seine Erfahrung:
"Erstens: Man wird zu Beginn etwas belächelt und daher meistens unterschätzt. Zweitens: Diesen Überraschungsmoment, wenn es dann doch klappt, muss man unbedingt nützen, um auch ein paar grundlegende Veränderungen einzuleiten."
Weiter sagt er:
"Ich habe in meinen mehr als acht Jahren in Deutschland gelernt, dass man auch die letzte Meile zu seinem Ziel gehen muss und erst dann wirklich das Ziel erreicht hat. In Österreich ist man mit einer 95%-Lösung bereits mehr als zufrieden. Ich vermisse in Deutschland die Leichtigkeit, auch einmal Fünfe gerade sein zu lassen. Aus dem kulinarischen Aspekt fehlt mir natürlich ein richtiges Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat und einem steirischen Bier." Eggers Tipp: "Keine Angst, die CIOs im Ausland arbeiten auch nur mit Bits und Bytes."
Peter Meyerhans, Drees und Sommer
Der Schweizer Peter Meyerhans hat die CIO-Position bei Drees und Sommer in Stuttgart übernommen.
Er sagt:
"Ich vermisse erstens den einfachen, unkomplizierten und direkten Dialog, den ich von zu Hause gewohnt bin. Zweitens vermisse ich den tiefen Einkommenssteuersatz der Schweiz. Drittens Agrarprodukte aus der Nähe - ich wollte deutsche Äpfel kaufen, finde aber nur welche aus Neuseeland und Australien. Das mag auf dem Land anders sein, aber hier in der Stadt bekomme ich tatsächlich keine deutschen Äpfel! Und viertens vermisse ich die Schneeberge."
Sein Schlusswort an ausreisewillige CIOs lautet:
"Nur Mut, das klappt schon! Ich wünsche Ihnen, dass Sie mit der gleichen Sympathie und Herzlichkeit aufgenommen werden, die ich in Deutschland erfahre."
Hans van Melick, GEA Group AG
Für die GEA Group AG in Düsseldorf arbeitet der Niederländer Hans van Melick als CIO.
Er sagt:
"What I miss most in doing Business is the more informal way of communication. The German habit of 'Sie und Du' and the rules of when one is allowed someone else 'zu Dutzen' makes communication unnecessary complex. From a personal perspective I am missing the proximity of the sea, as I was used to go there after just a short drive."
On the other side:
"I like a number of other German 'characteristics' such as their structured way of working and the lack of speed limitations on many highways." Wechselwilligen CIOs gibt er einige ganz handfeste Ratschläge mit - sie scheinen sich auch auf deutsche Konsumgewohnheiten zu beziehen.
My advise to other foreign CIOs:
"respect the local habits, make your commitments happen and learn to drink high volumes of beer."
Andreas König, Prosiebensat1
Der Österreicher Andreas König ist CIO bei Prosiebensat1 in München.
Seine Erfahrung:
"Bayern und Österreich liegen für mich nicht nur geographisch und kulinarisch sehr nahe beieinander - mein Heimweh hält sich also in Grenzen, seit wir in München leben. Obwohl das Kulturangebot in München zwar auch toll ist, muss ich aber schon sagen, dass mir die Wiener Staatsoper und der Musikverein doch ein wenig fehlen."
Und weiter:
"Ich kann CIO-Kollegen beim Jobantritt im Ausland nur empfehlen, sich schnell und offenherzig auf die lokale Kultur einzulassen - sowohl im Büro als auch privat. Die persönliche Note profitiert ja auch von der mitgebrachten "Exotik" - sogar wenn es nur "ein bisserl Falco" im Akzent sein sollte."
Cyrille Négaret, apetito catering
Der Franzose Cyrille Négaret ist CIO bei apetito catering.
Er sagt:
"Am meisten vermisse ich natürlich meine Familie und Freunde. Allerdings ist es heute mit unseren modernen Kommunikationsmitteln leicht, auch auf Entfernung in Kontakt zu bleiben. Facebook nutzt heute sogar meine Mutter, um mit mir zu chatten."
Weiter sagt er:
"Auch das typisch französische Essen vermisse ich - zum Beispiel Cassoulet (Bohneneintopf mit Entenfett) oder Galettes (Buchweizenpfannkuchen). Aber im Betriebsrestaurant meines deutschen Arbeitgebers apetito catering, einem internationalen Caterer, finde ich natürlich andere ausgezeichnete Gerichte. Typisch deutsche Klassiker, wie Currywurst, Grünkohl oder Spargel esse ich sehr gerne."
Zwei Tipps hätte ich für CIOs, die im Ausland arbeiten:
Es gibt zahlreiche Vereine in Deutschland, die beispielsweise viel mit Frankreich zu tun haben. Dort können Sie Landsleute treffen und Kontakte pflegen. Vernetzung im Business ist ein weiterer Aspekt. Ich bin einer der Außenhandelsräte Frankreichs und stehe in engem Kontakt mit der französischen Botschaft in Berlin. Ziel unserer Organisation ist es, junge Franzosen beim Einstieg ins deutsche Berufsleben zu unterstützen.
Patrick Naef, Emirates Group
Ins ferne Dubai zog es den Schweizer Patrick Naef, er arbeitet als CIO der Emirates Group. Den Kulturwandel erlebt er so: "Was mir in Dubai fehlt, ist die Professionalität, die wir aus Deutschland oder der Schweiz her kennen. Wenn man einen Klempner oder Elektriker in Haus bestellt, um ein Problem zu lösen, dann ist man sich gewohnt, dass jemand kommt, der ausgebildet ist, weiß, wovon er redet und entsprechend vorbereitet und ausgerüstet ist."
Und weiter:
"Ruft man hier einen Handwerker, kommen gleich vier oder fünf Inder ins Haus. Einer ist der Supervisor, typischerweise der Einzige, der etwas Englisch spricht, einer ist der Fahrer und die anderen sind meist die eigentlichen Handwerker. Keiner scheint jedoch sein Handwerk wirklich zu verstehen, geschweige denn das Problem oder wie man es lösen könnte. Werkzeuge, Ersatzteile etc. habe sie schon gar keine dabei und es wird dann einfach improvisiert. Alte Elektrokabel werde kurz mit etwas Klebeband wieder zu "neuen Kabeln" verbunden, die dann wieder verwendet werden. Wasserrohre, die leck sind, werden notdürftig wieder zugepflastert und alles ähnelt jeweils mehr einem Gebastel als professioneller Arbeit. Genauigkeit ist nicht wichtig, stimmt das gebohrte Loch nicht, wird die Schraube trotzdem reingewürgt, auch wenn danach alle schief ist. Was zuhause mit einem gut ausgebildeten Handwerker eine Stunde dauert, dauert hier mit einem Tema von 5 Leuten einen ganzen Tag. Und wenn man vor dem Abendgebet nicht mit der Arbeit fertig wird, dann geht man einfach, lässt alles offen liegen und kommt am nächsten Tag (wenn man Glück hat) oder aber auch erst ein paar Tage später wieder um weiterzumachen. Diese Kultur treffe ich leider oft auch in meinem Job als CIO an und in dieser Kultur einen zuverlässigen und qualitative hochstehenden IT Service anbieten zu können, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, ist eine grosse Herausforderung und alles andere als einfach."
Er sagt:
"Was mir interessanterweise hier in Dubai fehlt, ist eine gute Schweizer Bratwurst. In Dubai bekommt man fast alles, sodass man nur auf weniges verzichten muss. Ein Waldspaziergang und die gute frische Waldluft geniesse ich jeweils, wenn ich mal wieder in der Schweiz bin. Die Familie vermisst die Verwandtschaft, unsere Tochter vor allem die Oma. Freunde? Ja, anfangs vermisst man die Freunde, aber mit den wirklichen Freunden bleibt man auch auf Distanz in kontakt. So trennt sich etwas die Spreu vom Weizen. Die wirklichen Freunden achten auch darauf, dass der Kontakt nicht abbricht und dass man sich jeweils sieht, wenn wir in der Schweiz auf Urlaub sind oder kommen uns auch in Dubai besuchen."
Naefs Schlusswort:
"An einem Ort wie Dubai, wo mehr als 80% der Bevölkerung zugewandert ist, baut man sich jedoch sehr schnell einen neuen Freundeskreis auf. Die Kontaktfreudigkeit in diesem Schmelztiegel von verschiedenen Kulturen, Nationalitäten und Religionen ist viel grösser als in Europa. Es sitzen ja die meisten “im gleichen Boot“, wurden aus ihrem sozialen Umfeld herausgenommen und müssen in Dubai diesbezüglich neu anfangen." Naefs Rat an ausreisewillige CIOs lautet: "Wichtigster Tipp: Seid tolerant zu anderen Kulturen, Religionen, Einstellungen und Auffassungen und lernt von ihnen. Nicht alles war in unserer Kultur und mit unseren Wertvorstellungen das Richtige ist, ist auch das Richtige in anderen Kulturen, weil dort die Wertvorstellungen oft anders sind."

Aus ihrer eigenen Erfahrung und ihrer bisherigen Arbeit als Coachin nennt Ulbrich fünf Herausforderungen für mitreisende Partnerinnen:

1. Verlust der gewohnten sozialen Kontakte

Nicht nur die eigenen Kolleginnen und Kollegen fallen weg, auch die privaten Freunde. Für die gibt es zwar Skype. Moderne Kommunikationswege ersetzen aber nie den echten Kontakt. Zudem können und wollen die Freundinnen in der alten Heimat die Situation der mitgereisten Ehefrau nur bedingt nachvollziehen.

2. Anfängliche Isolation im Ausland

Natürlich gibt es oft mehrere deutsche Manager, die am selben ausländischen Standort arbeiten. Dadurch könnten die Ehefrauen Verbündete finden. Das stimmt aber nur für eine oberflächliche Ebene, weiß Ulbrich. Über ihre Ängste oder Sorgen wollen die Frauen miteinander nicht sprechen - schließlich sind ihre Männer Kollegen oder gegebenenfalls auch Konkurrenten. Bis die Frauen Freundinnen gefunden haben, mit denen sie offen reden können, dauert es.

3. Veränderung der eigenen Identität durch Verzicht auf Berufstätigkeit

Oft können die mitreisenden Frauen im Ausland ihren eigenen Job nicht mehr ausüben. Dann fehlen ihnen nicht nur Anerkennung, Erfolg und Geld, sondern auch ein strukturierter Tagesablauf.

4. Kulturschock

Während ihre Ehemänner im vertrauten Unternehmen bleiben, sind die Frauen dem Kulturschock stärker ausgesetzt. Sie haben ja keine berufliche Rückbindung an ihr bisheriges Leben und damit an die Heimat.

5. Verantwortung der Familienmanagerin für die Integration der gesamten Familie

Von der Mutter hängt es ab, wie die Kinder im Ausland zurechtkommen. "Eine Mutter, die sich selbst mit der Entsendung identifiziert, strahlt positiv auf die Kinder aus und erleichtert ihnen die Integration im Gastland", beobachtet Ulbrich. Laufen die Dinge schlecht, riskieren die Eltern, dass die Kinder in ihrer Entwicklung Rückschritte machen.

Wie Ulbrich beobachtet, sind viele begleitende Partnerinnen in den ersten drei Monaten am neuen Wohnort "beinahe euphorisch". Der Reiz des Neuen wirkt. Dann aber setzt die Ernüchterung ein. Im schlimmsten Fall muss der Auslandsaufenthalt abgebrochen werden.

Und wenn es gut läuft? Dann vollbringen alle Familienmitglieder auf vielen Ebenen eine große Adaptionsleistung. "Sie kommen in einer neuen Arbeitswelt zurecht, entwickeln die Fähigkeit, mit Menschen einer neuen Kultur zu agieren", zählt Ulbrich auf. Nicht zuletzt lernen sie, sich in Sachen Klima, Essen und Kleidung anzupassen.

Studie über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
A.T. Kearney hat zum dritten Mal eine repräsentative Befragung von Arbeitnehmern zu den Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in ihren Unternehmen durchgeführt. An der Studie haben sich 1013 Beschäftigte im Alter von 18 bis 67 beteiligt.
Maßnahmen arbeitender Väter
Die Berater wollten wissen, welche Maßnahmen Unternehmen Vätern anbieten und wie diese genutzt werden. Meist entscheiden sich die Männer für flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten (51 Prozent der Nennungen). Außerdem vereinbaren sie Auszeiten oder Sonderurlaub (30 Prozent) oder richten ein Arbeitszeitkonto ein (19 Prozent).
Teilzeit bei Frauen stärker akzeptiert
Werden die Antworten aller Befragten – Männer wie Frauen – zusammengezählt, erklären 67 Prozent, dass Teilzeit für Frauen in den Unternehmen akzeptiert ist. So sehen das bei den Männern mit nur 36 Prozent sehr viel weniger. Zum besseren Verständnis: A.T. Kearney hat hier nach "vollzeitnaher Teilzeit" gefragt, damit ist eine Reduktion auf 80 bis 90 Prozent gemeint.
ElterngeldPlus-Gesetz
A.T. Kearney hat die Erwerbstätigen gefragt, ob das ElterngeldPlus-Gesetz die Akzeptanz für Teilzeit in der Wirtschaft steigert. Hier werden wiederum geschlechtsspezifische Unterschiede deutlich. 56 Prozent glauben, dass es die Akzeptanz für teilzeitarbeitende Frauen erhöht – bei den Männern sagen das nur 37 Prozent.
Erreichbarkeit
Ein weiteres Thema der Studie ist das der ständigen Erreichbarkeit. Faktisch erklären 40 Prozent der Studienteilnehmer, von ihnen würde "häufig bis sehr häufig" erwartet, außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein. Lediglich 24 Prozent sagen, sie würden nie angerufen oder per Mail kontaktiert.
Professorin Jutta Allmendinger
Professorin Jutta Allmendinger, Ph. D., ist Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Sie sagt: "Idealerweise haben wir in zehn Jahren das Hauptverdiener-Zuverdiener-Modell überwunden. Stattdessen wird die bezahlte und die unbezahlte Zeit zwischen Männern und Frauen gleich aufgeteilt. Um dies zu erreichen, müssen wir das Modell einer neuen Normalarbeitszeit von beispielsweise 32 Stunden in der Woche entwickeln, die aber für das ganze Arbeitsleben gesehen wird."

Die Rückkehr nach Deutschland wiederum kann dann der nächste Schock sein. Das gilt zunächst einmal für den Manager selbst. "Im Arbeitskontext und auch in der gesellschaftlichen Rolle war man im Ausland 'a big fish in a little bowl'. Das äußert sich zum Beispiel in einer viel näheren Zusammenarbeit mit wichtigen Entscheidungsträgern", sagt Ulbrich. Bei der Rückkehr in die alte Heimat kehre sich dieses Bild dann häufig um. "Bei der Eingliederung ins alte Unternehmen erleben die Manager oft eine Degradierung ihrer Kompetenzen", sagt die Coachin. Die Erfahrungen und zugewonnenen Handlungskompetenzen des Expatriates würden nicht wertgeschätzt. "Auf einmal ist man wieder ,a little fish in a big bowl'", so Ulbrich.

Ganz ähnlich zeigt sich das im Privaten, beobachtet die Coachin. "Rückkehrer erleben oft, dass ihre zum Teil großartigen Erfahrungen von Freunden und Familie nicht gehört werden wollen, jedenfalls nicht so häufig, wie es selber als großartig empfunden wird", sagt sie. Das private Umfeld wünsche sich die "alten" Menschen zurück. Da sei es schwer, sich wieder einzufinden.

Auslandsentsendungen systematisch erfassen

"Es wird immer so getan, als ob jeder Mensch sich an jedem Ort zurechtfinden kann, so wie es an jeder Ecke der Welt Ikea oder Coca-Cola gibt", sinniert Ulbrich. "Es gehen aber Menschen mit ganz individuellen Bedürfnissen in eine fremde Welt und es gilt für mich anzuerkennen, dass das kein Kinderspiel ist."

Aus ihren eigenen Erfahrungen heraus hat Ulbrich ein dreistufiges Coaching entwickelt, das sich bewusst an Partnerinnen wendet. Stufe Eins setzt vor dem Wechsel ins Ausland an, Stufe zwei findet während des Auslandsaufenthalts online statt und Stufe drei fängt, wieder in Deutschland, den "Reentry-Kulturschock" ab.

Außerdem spricht sich Ulbrich für eine systematische Nachbereitung solcher Aufenthalte durch die Unternehmen aus. "Meiner Meinung nach sollten die Erfahrungen evaluiert werden und die neu erworbenen Kompetenzen nutzbar gemacht werden", sagt sie. "Eine Form der Nutzbarmachung liegt darin, zukünftigen Expats die bisherigen Erfahrung zur Verfügung zu stellen oder als Mentor zu fungieren. Das stellt die Entsendung in eine größere Sinnhaftigkeit."

Petra Ulbrich ist Betriebswirtin und hat unter anderem eine Erwachsenenbildungseinrichtung in Süddeutschland geleitet. In den Auslandsjahren mit ihrem Mann absolvierte sie eine Coaching-Ausbildung bei den Instituten Interact en Indialogo und ISCA in Barcelona und Wien nach den Qualitätsrichtlinien der Europaen Association of Supervision (EAS). Zusätzlich ließ sie sich zur Interkulturellen Trainerin beim Göttinger Institut für Interkulturelle Didaktik ausbilden.