Viele berühmte Chefs waren oder sind verrückt. Der Normalfall ist das aber nicht, wie eine Studie vom Personalberater Russell Reynolds zeigt. Was Chefs zu Chefs macht.
Ohne Eitelkeit und Egoismus wird niemand CEO.
Nicht jede Verhaltensauffälligkeit ist im Job ein Nachteil.
Russell Reynolds hat psychometrische Datensäte von CEOs sowie Führungskräften zweiter und dritter Reihe ausgewertet
Vorstände haben immer auch besondere Qualitäten, anderenfalls wären sie gar nicht so weit gekommen.
Den eigenen - oder einen x-beliebigen - Vorgesetzten als Psychopathen oder sonst wie Irren zu beschreiben, ist mittlerweile quasi Teil des Betriebsgeräuschs von Büros.
In Teilen stimmt diese Einschätzung meistens, und man muss nicht Psychologie studiert haben, um sich vorstellen zu können, warum: Meistens wollen eitle, geltungsbedürftige Menschen Chef sein, und nur diejenigen mit robustem Selbstbewusstsein trauen sich den Weg nach oben auch zu. Solche Charaktereigenschaften erleichtern den persönlichen Umgang aber nicht unbedingt.
Zum Beispiele Marc Zuckerberg und Steve Jobs
Das bedeutet aber keineswegs, dass es quasi notwendig, ja sogar hilfreich für Vorgesetzte ist, eine Störung zu haben. Unzählige Untersuchungen und Geschichten über berühmte Verrückte wollen genau diesen Schluss nahelegen: Marc Zuckerberg, so schrieb die Wochenzeitung "Die Zeit" einmal über ihn, könne einem Gegenüber noch immer kaum in die Augen schauen. Oder Steve Jobs: Choleriker, schwerer Legastheniker - und genialer Visionär.
Eine Million Euro abgelehnt
Einem breiten Publikum bekannt geworden ist auch der Mathematiker und Spieltheoretiker John Forbes Nash, dessen Geschichte unter dem Titel "A Beautiful Mind" mit großem Erfolg verfilmt worden war. Nash litt unter Schizophrenie - und gewann den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.
Oder sein Kollege Grigori Perelman, der für die Lösung eines mathematischen Rätsels eine Auszeichnung plus eine Million Dollar Preisgeld erhalten sollte - und ablehnte. Der Grund dafür war - jedenfalls wenn man den Medienberichten dazu glaubt - dass Perelman dazu von St. Petersburg nach Madrid hätte reisen müssen, was er nicht wollte. Auch einen anderen Preis, der ihm in Budapest verliehen werden sollte, lehnte er ab.
Menschenscheue Wunderlichkeit dürfte bei Vorständen allerdings eher selten der Fall sein, häufiger anzutreffen sind da schon Psychopathen mit handfester Empathiestörung. Schließlich haben sie eine Reihe von Vorteilen. Keine Reue, Angst oder Skrupel zu kennen, kann das eigene Arbeitsleben sehr erleichtern, außerdem sind Psychopathen oft sehr charmant, können andere gut manipulieren und für sich einspannen.
Psychopathen sind nicht immer schlechte Chefs
Der britische Psychologe Kevin Dutton wollte wissen, in welchen Berufen solche Charaktere am häufigsten anzutreffen sind. Dafür unterzog er britische Angestellte einem Persönlichkeitstest, bei dem - von den Probanden unbemerkt - psychopathische Merkmale ermittelt wurden.
Der Chef, den keiner mochte
Kumpelchefs sind keine exzellenten Führungskräfte So lautet die These von Markus Jotzo. Er hat ein Buch zum Thema veröffentlicht, war selbst acht Jahre lang Führungskraft bei Unilever und ist heute als Speaker und Trainer tätig.
Unangenehmes Gespräch mit dem Chef Während des Gesprächs mit dem Chef mache es dem Mitarbeiter keinen Spaß. Aber mit der Zeit werde er feststellen, dass er durch das klare und zeitnahe Feedback etwas gelernt hat.
Das macht ein exzellenter Chef Ein exzellenter Chef beobachtet seine Mitarbeiter und ihr Verhalten genau. Er sieht sich an, welche Ergebnisse der Mitarbeiter abliefert und wie er seine Protokolle strukturiert.
Auch das macht ein exzellenter Chef Und er achtet zum Beispiel auch darauf, wie der Schreibtisch des Mitarbeiters aussieht.
Feedback einfordern Exzellente Chefs bitten ihre Mitarbeiter regelmäßig um Feedback. Jotzos Tipp: Er lässt seine Mitarbeiter auf einer eins bis zehn bewerten und fragt sie dann ganz gezielt, was ihnen zur zehn fehlt.
Markus Jotzo Die Tipps für exzellente Führungskräfte stammen aus einem Interview mit Markus Jotzo über sein Buch "Der Chef, den keiner mochte".
Die meisten Psychopathen fanden sich - in dieser Reihenfolge - unter Vorstandsvorsitzenden, Anwälten, Rundfunkjournalisten, Verkäufern und Chirurgen. Auch Geistliche fanden sich unter den ersten Zehn auf der Liste.
Dass auch ein Teil der Vorstandsvorsitzenden psychopathisch ist, heißt aber nicht notwendigerweise, dass diese Leute alle schlechte Vorgesetzte sind. Denn die zitierten Eigenschaften bilden schließlich nur einen Teil ihres Charakters ab. Darüber hinaus sind die da oben in vielem einfach besser als andere, auch deshalb haben sie Karriere gemacht.
Das eine Personalberatung nicht verkündet, die Vorstände dieser Welt seien in erster Linie verrückt, sondern dass sie sie eher lobt, war beim Blick auf die Ergebnisse zwar zu erwarten gewesen. Russell Reynolds glaubt - natürlich - dass die meisten CEOs deshalb Chef sind, weil sie vieles besser können als die Führungskräfte eine Etage unter ihnen.
En Detail unterschieden sie sich (positiv) von ihnen vor allem an folgenden Punkten:
beim Mut und beim Willen, Dinge voranzutreiben
bei Antrieb und Belastbarkeit
bei unabhängigem Denken
Zukunftsorientiertheit
bei der Fähigkeit, andere für ihr Vorhaben zu gewinnen
bei klarer Kommunikation
beim Team Building.
Nur 16 Prozent der Mitarbeiter sind engagiert
Vor allem die beiden letztgenannten Punkte dürften viele Angestellte verwundern, die in ihrem Job schon häufig das Gegenteil erlebt haben. Auch stellt sich die Frage: Wenn die Kommunikation durch den Chef so gut ist und Teamwork auch, warum haben sich dann so viele Angestellte längst innerlich von ihrem Job verabschiedet?
Laut dem aktuellen Engagement-Index des renommierten Gallup-Instituts engagieren sich lediglich 16 Prozent der Arbeitnehmer mit Herz, Hand und Verstand für ihren Job. Die große Mehrheit, 68 Prozent der Beschäftigten, macht lediglich Dienst nach Vorschrift, und weitere 16 Prozent haben bereits innerlich gekündigt.
Neue Führungspraxis für die digitale Welt
Der Sportdirektor eines Vereins Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle.
Führung in der Digitalisierung Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen.
Die Landschaftsgärtnerin Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf.
Die Seismologin Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle".
Der Zen-Schüler Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen.
Der DJ Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung.
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Der Blogger Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.