Googles TV-Stick

Chromecast: Upgrade für Fernseher oder Spielerei?

19.03.2014
Mit dem Streaming-Stick Chromecast verzahnt Google in Deutschland den Fernseher mit Internet-Video. Smartphone, Laptop oder Tablet steuern die Inhalte, der Fernseher ist Projektionsfläche. In den USA war der Stick ein Renner - doch alle Mankos sind nicht behoben

Rund sieben Zentimeter ist er lang, etwa doppelt so breit wie ein Daumen: Mit dem kleinen Streaming-Stick Chromecast will Google nach den USA auch die Fernseher in vielen Ländern Europas für die Online-Welt aufrüsten. In Deutschland bringt der Internetkonzern das Gerät am Mittwoch auf den Markt. Mit dem Stick können die Benutzer von Smartphones, Tablets oder Laptops ihre Musik, Videos oder Internetinhalte auf dem Fernsehbildschirm steuern. Chromecast macht damit die mobilen Endgeräte zu Hause zu Steuerzentralen der Unterhaltung und macht herkömmliche Fernseher internetfähig.

In den USA sei der TV-Stick bereits millionenfach verkauft worden, sagt der leitende Geschäftsentwickler von Chromecast für Deutschland, Christian Witt. Zu einem großen Teil ist dies der Integration der beliebten Film- und Fernsehserienportale Netflix und HBO zu verdanken. Auch in Europa setzt Google gezielt auf dieses Erfolgskonzept: Mit Watchever - und bald auch Maxdome - unterstützen zwei ähnlich funktionierende Videodienste den TV-Stick zum Deutschlandstart.

Die Strategie, Fernseher und Internet mit Hilfe eines fingergroßen Sticks zu verschmelzen, könnte nach Sicht von Computerexperten aufgehen. "Mit den beiden Video-Streaminganbietern wurden bei uns zwei große Partner gefunden, mit denen Google den Sprung auf das Wohnzimmer-TV schaffen könnte - ganz anders als bei den verpatzten Starts des früheren Dienstes Google TV", sagt Sven Hansen, Redakteur der Fachzeitschrift "c't". "Insgesamt hat Chromecast das Zeug, in Deutschland einen Erfolg zu landen - auch, weil viele in den 35 Euro einen Mitnahmepreis sehen dürften."

Der Internet-Stick, der an einen freien HDMI-Steckplatz des Fernsehers angeschlossen wird, sei leicht zu installieren und deshalb als Massenprodukt ausgelegt, erklärt Unternehmenssprecher Thorsten Garde. Die Chromecast-App verbindet sich über WLAN mit dem Internet. Anschließend zeigt die Applikation auf den mobilen Endgeräten an, welche Programme auf einem Fernsehbildschirm abgespielt werden können. Zur Verfügung stehen zunächst einige hauseigene Video- und Musikstreams des Konzern wie YouTube, Play Movies oder Play Music. Diese lassen sich über Smartphone oder Laptop wie gewohnt steuern - eine lästige Eingewöhnungsphase in die Bedienung will Google seinen Kunden dadurch ersparen.

Deutlich verbesserungswürdig sei noch die Spiegelung des Inhalts vom Internet-Browser des Handys oder Tablets auf den Fernseher, sagte Hansen. Selbst Google gesteht diese Kinderkrankheit ein - ein Update soll bald folgen. "Die Übertragung vom Browser ist holprig. Foto-Apps gibt es nur von Drittanbietern. Eine animierte Diashow ruckelt unschön übers TV. Ich weiß nicht, warum sich Google eine so offene Flanke leistet", sagt Hansen. Ein weiteres Manko: Bislang könnten eigene Bilder, die nicht in der Cloud eines Foto-Programms gespeichert sind, nur über Umwege auf den Fernseher gebracht werden.

Der Streaming-Stick ist mit einem eigenen Prozessor ausgestattet. Er arbeitet laut Google selbstständig, wodurch keine Rechenleistung auf dem Laptop verloren geht. Im Internet bietet der Konzern einen Baukasten für IT-Entwickler an. Das Unternehmen verspricht sich davon, dass es damit in Zukunft weitere Apps für Chromecast auch von Drittanbietern gibt. Der Erfolg von Chromecast werde davon abhängen, ob weitere Internet-Anwendungen für das Gerät entwickelt und etwa auch Fernseh-Mediatheken integriert werden, schätzt Hansen. (dpa/rs)