Es ist so eine Sache mit dem Nationalen IT-Gipfel, auf dem sich die Größen der IT-Industrie mit Politikern treffen. Gastgeber ist das Bundeswirtschaftsministerium, inhaltlich beraten vom Bitkom, überstrahlt vom Besuch der Bundeskanzlerin, in deren Glanz sich alle sonnen wollen. Vorbereitet das ganze Jahr hindurch in dieses Mal sechs Arbeitsgruppen, dazu kamen ein Sonder- und ein Regionalthema. CIO-Circle und CIO-Colloquium wollten dort, so war es vereinbart, gemeinsam auftreten. Allerdings: Einen gemeinsamen Nenner fanden Vertreter beider Netzwerke offenbar nicht.
Fragt man Thomas Hemmerling-Böhmer, IT-Leiter des Endoskopieherstellers Karl Storz und Mitglied im Initiativkreis des CIO-Circle, wer die Anwender auf dem Gipfel vertrete und was seit dem vorigen IT-Gipfel in Stuttgart aus den Erwartungen der CIOs geworden sei, erhält man eine überraschende Antwort: "Reichlich enttäuscht" sei er vom diesjährigen Gipfelprozess, lässt Hemmerling-Böhmer wissen. "Ich habe mehrfach versucht, in den letztjährigen Informationskreislauf wieder hineinzukommen, es ist mir aber nicht gelungen." Erwartungen an die Tagung in Dresden habe er daher keine. Hemmerling-Böhmer ver-weist an Thomas Endres, CIO der Lufthansa Group: "Er ist dick im Geschehen."
CIO-Colloquium fand stärker Gehör
Endres, auch Sprecher des Präsidiums des CIO-Colloquiums, des Netzwerks der CIOs größerer Unternehmen, betont: "Das CIO-Colloquium arbeitet mit dem CIO-Circle sehr gut und sehr eng zusammen." Endres war bei allen IT-Gipfeln dabei und ist Mitglied der Arbeitsgruppe 1 "IKT-Standort und innovative Anwendungen für die Wirtschaft". Zur Verbitterung des Kollegen sagt er: "Die Perspektive Mittelstandsunternehmen ist eine ganz wesentliche Säule in der deutschen Szene. Die IT-Anwendung für den Mittelstand ist wichtig, aber möglicherweise nicht in dem Maße und mit dem Fokus, wie er sich das gewünscht hätte."
Matthias Karlshaus, Leiter IT-Großprojekte bei der Nord/LB, sagt in seiner Rolle als Mitglied im Initiativkreis des CIO-Circle: "Das CIO-Colloquium hat bei der Bundesregierung zumindest beim ersten Antritt schneller ein Ohr gefunden und sich beim Bitkom und anderen Themen einklinken können."
Außer Karlshaus und Hemmerling-Böhmer äußerte sich auf Anfrage keiner der CIOs aus dem Initiativkreis. Ob und wie der mittelständisch dominierte CIO-Circle auf dem Gipfel vertreten sein wird - keine Angaben. Matthias Karlshaus jedenfalls sagte, er werde nicht nach Dresden fahren - er hat kürzlich Wohnort und Arbeitgeber gewechselt. Aus den Reihen des CIO-Colloquiums steht neben Endres auch Jürgen Sturm von Bosch und Siemens Hausgeräte als Teilnehmer fest.
Praxisnähe des Gipfels umstritten
Matthias Karlshaus vom CIO-Circle sagt, er habe den IT-Gipfel "als Plattform der IT-Dienstleister wahrgenommen". Eine ganz andere Dimension aber hätten die Probleme, "mit denen wir als IT-Anwender zu kämpfen haben". Und weiter: "Wir Endanwender schauen vor allem auf Praktikabilität, das Kosten-Nutzen-Verhältnis, Stabilität und Nachhaltigkeit."
Thomas Endres hingegen lobt den Gipfel als Ort, "an dem die richtigen Leute am Tisch sitzen und sich zu Themen austauschen, die man zu dritt bewegen kann". Der Gipfelprozess schaffe eine Achse der Politik zu Anbietern und Anwenderfirmen. Dazu kämen bei Themen wie dem Internet der Dienste "Theseus" auch noch Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Thomas Endres weiter: "Bei Cloud Computing müssen Fragen auf der Anbieter- und auf der Anwenderseite beantwortet werden. Es gibt allerdings auch Dinge, bei denen sich die Politik überlegen muss, ob die Regeln noch passen oder ob sie weiterentwickelt werden müssen."
Angekündigt ist in diesem Jahr unter anderem eine Neuausrichtung des Gipfels auf aktuelle Themen wie Cloud und Sicherheit in der digitalen Gesellschaft. Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit innovativen Angeboten des Staates. "Es sind wieder viele IT-Anwenderunternehmen aus unterschiedlichen Bereichen vertreten. Die Anregungen der CIOs wurden in den Arbeitsgruppen berücksichtigt. So sind in der AG 1 mehr Mittelständler, Anwender und ein Bundesland vertreten", heißt es vonseiten der Gastgeber aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
Dresden - Fünfter Nationaler IT-Gipfel |
Der Gipfel findet am Dienstag, 7. Dezember, im Internationalen Congress Center in Dresden statt. Veranstalter ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Je eine Doppelspitze aus Regierung und Wirtschaft leitet die sechs Arbeitsgruppen (AG): AG 1 zum IT-Standort (BMWi/Bitkom), AG 2 zu digitalen Infrastrukturen (Deutsche Telekom AG/BMWi), AG 3 zu IT-Angeboten des Staates (Software AG/BMI), AG 4 zu Datenschutz (BMI/Datev), AG 5 zum Schutz in der vernetzten Gesellschaft (BMJ/IBM), AG 6 zu Bildung und Forschung (BMBF/SAP). Sonderthema ist E-Health, Regionalthema der IT-Cluster Sachsen. Wegen der neuen Schwerpunkte wurden gegenüber dem Vorjahr sehr viele Mitglieder der Arbeitsgruppen ausgetauscht. Das Hasso-Plattner-Institut begleitet den Gipfel aktuell mit einem Blog unter www.it-gipfelblog.de |
Zeitplan |
Bedingt durch die Änderung der Themenschwerpunkte wurden sehr viele AG-Mitglieder ausgetauscht. Der IT-Gipfel geht laut vorläufigem Programm von 8 bis 16 Uhr. Ab 9 Uhr ist Zeit für AG-Sitzungen, um 10 Uhr werden nach Eröffnung und Grußworten die AG-Ergebnisse präsentiert. Es folgt eine Podiumsdiskussion, u.a. mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und der Vizepräsidentin der EU-Kommission Neelie Kroes. Um 11.45 gibt es parallel vier Foren:
Um 12.15 Uhr geben der Wirtschaftsminister und der Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer eine Pressekonferenz. Um 14.25 Uhr findet das Abschlussplenum mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Bitkom-Präsidenten statt. Danach bleibt Zeit für Networking. Gipfelblog von Studierenden des Hasso-Plattner-Instituts für Softwaresystemtechnik: |