Seit Relaunch der Website www.cio-circle.de im November 2004 konnte der Circle 64 Neueinträge verzeichnen. Zehn Interessenten mussten die Initiatoren ablehnen, weil sie die Aufnahmebedingungen nicht erfüllt haben. Der CIO-Circle ist ein nicht-kommerzielles Netzwerk von IT-Anwendern, die in ihren Reihen keine vertriebsinteressierten Anbieter dulden. Ursprünglich wollten die zumeist mittelständischen IT-Chefs überhaupt keine Anbieter zulassen. Wie sich jedoch in der mittlerweile dreijährigen Geschichte des Circles gezeigt hat, lässt sich diese harte Abgrenzung nicht durchhalten. Selbst Gründungsmitglieder des Circles haben inzwischen die Seiten gewechselt und sind von Anwendern zu Anbietern geworden. Wie sich in Darmstadt erneut gezeigt hat, befruchten aber auch solche Mitwirkende die Netzwerk-Arbeit und gefährden sie nicht, solange sie keine Akquise betreiben.
Davon war in Darmstadt seit Beginn der Tagung am Montag morgen kaum etwas zu spüren. Karsten Vor von Novar, Thomas Siekmann von der Herforder Brauerei und Oliver Häberle von der Technischen Universität München stellten zunächst die Fortschritte des Netzwerks vor, die sich vor allem in der Website manifestiert haben. Das Networking ist dort an drei Stellen komfortabler geworden:
a) Mitwirkende können ihre Profile leicht eingeben und vergleichen. Auch das Hinterlegen von Fotos auf dem Server der TU München ist einfach, wird von den Mitwirkenden jedoch ähnlich schlecht genutzt wie die Profilpflege. Nur elf Prozent der Mitwirkenden haben in den vergangenen drei Monaten ihre Einträge auf der Online-Datenbank gepflegt. Von den Initiatoren des Circles erging hier noch einmal der dringende Appell an alle Mitwirkenden, auch aktuelle Projekte in die Profil-Datenbank einzutragen. Networking ist für alle Beteiligten natürlich umso spannender, wenn sie sich miteinander über laufende Projekte unterhalten können.
b) Das Anmelden von selbst initiierten Workshops ist einfacher geworden. Wer jetzt eine gute Idee hat, kann selbst die Rahmendaten einer selbst organisierten Veranstaltung in das Programm eintragen. Sobald die TU München am 5. Mai die neue Startseite des Circles frei schaltet, erscheinen dann alle aktuellen Workshops auch schon auf der Homepage.
c) Die Kommunikation in Foren und per E-Mail hat sich intensiviert. Zwar stellten die Mitwirkenden seit Anfang November nur 26 Fachanfragen über die Website. 15 davon wurden mit durchschnittlich 1,8 Antworten bedacht. Intensiver verläuft der Austausch dafür aber in den Foren: 122 Threads wurden hier seit November gepostet. Die Anzahl der Antworten betrug 132. Sie erfolgten in weniger als durchschnittlich einem Tag. 102 Autoren beteiligten sich innerhalb des letzten halben Jahres am Austausch.
Den weiteren Teil des Montag-Vormittags bestritt Professor Gunter Dueck. Der Chief Technologist der IBM sieht sich als "Gewissen der anderen Seite von IT“. Er stellte Thesen aus seinen Bücher vor, die Titel tragen wie "Topothesis - Der Mensch in artgerechter Haltung” oder "Omnisophie - Über richtige, wahre und natürliche Menschen”. Dueck lieferte dabei in altbekannter Manier so viel Anregung, dass am Mittagsbuffet im Darmstädter Maritim keine Langeweile aufkam.
Der Nachmittag gehörte dann den kleinen Workshops, in denen sich IT-Manager wie Andreas Resch von Bayer oder Olaf Röper von Uhde zu Themen wie Strategie und Governance äußerten. Zu einem der meist besuchten Workshops gehörte "Benchmarking“. Vertreter des Lehrstuhls von Professor Krcmar von der TU München legten ihre Pläne offen, wie ein wissenschaftlich gestützter Vergleich zwischen IT-Abteilungen aussehen könnte. Wie bei allen Diskussionen zum Thema Benchmarking entzündete sich auch hier die Debatte bereits an den einfachsten Fragen eines Vergleiches: Gehören Projektkosten mit zum IT-Budget? Rechnet man Telefon-Ausgaben mit dazu? Und wer hat überhaupt eine Ahnung von den Ausgaben für Software-Lizenzen, die von anderen Fachbereichen geleistet, bzw. abgeschrieben werden?
Auch den Dienstag verbrachten die meisten der Jahrestagungs-Teilnehmer noch in Workshops, allerdings nicht mehr alle von ihnen in Darmstadt. Michael Müller-Wünsch, CIO von TNT hatte die Teilnehmer seiner Arbeitsgruppe "IT-Strategie“ zu sich ins Frankfurter Büro geladen. Das führte leider zu einer Spaltung der Gruppe, die am Abend zuvor noch in trauter Einheit darüber gestritten hatte, wer Vize-Meister in der Fußball-Bundesliga werden könnte. Die Wetten stehen übrigens mehrheitlich auf Stuttgart oder Schalke. Selbst Andreas Resch konnte davon überzeugt werden, dass ein Tipp auf Leverkusen unklug sei. Martin Urban von der Berliner Stadtreinigung ließ sich seinen Lokalpatriotismus hingegen nicht nehmen.
Einer fehlte bei der Runde der IT- und der vermeintlichen Fußballexperten: Achim Knick, einer der Hauptorganisatoren von Workshops im Circle, feierte seinen Geburtstag in anderem Kreise. Er erschien erst am Dienstag morgen zu seiner ITIL-Arbeitsgruppe. Als einer der Organisatoren des Jahrestreffens dachte er übrigens laut darüber nach, die nächste Hauptversammlung nicht mehr in Darmstadt stattfinden zu lassen. Der Charme der verkehrsgünstig gelegenen Stadt scheint sich bei den meisten der Circle-Mitwirkenden langsam aufgebraucht zu haben.