2020 war das Jahr der Wende für ISS A/S. Die Pandemie setzte dem dänischen Konzern für Facility Services heftig zu. Dazu kam eine verheerende Cyber-Attacke, die ISS beträchtlichen Schaden zufügte. Für das Management in Kopenhagen alles jedoch kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil: Mit Jacob Aarup-Andersen wurde ein neuer CEO berufen, der eine 180-Grad-Kehrtwende in der Konzernstrategie ausrief. Zu seinen Kernprioritäten gehört auch die IT-Transformation. Das Ziel dahinter: Neue Geschäftsmodelle entwickeln und neue Umsatzströme generieren.
Für die IT-Transformation haben die Dänen im Sommer 2021 Markus Sontheimer, vormals DB Schenker, Bord geholt. Seine Mission als Group Chief Information and Digital Officer (CIDO): ISS soll Technologieführer der Facility Services Branche werden. Die eigenen digitalen Produkte sollen dabei einen Mehrwert für Menschen, Orte und den Planeten stiften - unter dem Motto: "ISS Smart Tech for People, Places, Planet".
Keine leichte Aufgabe, zumal die gesamte Branche im Zuge der Corona-Pandemie kräftig durcheinanderwirbelt und vor neue Herausforderungen gestellt wurde. Bei vielen der über 40.000 ISS-Kunden herrscht Unsicherheit darüber, wie der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen wird. Der Markt wird komplexer, diverser und bleibt sehr margen-sensibel. Dazu kommt die schwierige Rekrutierung von Fachkräften. Nicht zuletzt ist Transformation nicht nur ein Thema für den Anbieter von Facitiy Services. Auch Gebäude und Orte transformieren sich, beispielweise in Richtung mehr Nachhaltigkeit. All diese Aspekte, die zudem ständig in Bewegung sind, wollen im Rahmen einer digitalen Transformation unter einen Hut gebracht werden.
Vom kleinen Supporter zum smarten Digitalisierer
Dafür hat Sontheimer in den beiden zurückliegenden Jahren die ISS-IT von einer kleinen Supportfunktion hin zu einer globalen agilen IT-Organisation entwickelt. Neben der Zentrale im dänischen Kopenhagen wurden ein Technology Centre in Porto sowie ein Hub in Warschau aufgebaut. Ferner wurden in einem ersten Schritt die Grundlagen in den Bereichen Cybersecurity, Infrastruktur und Architektur definiert, um so die Basis für das ISS Smart Tech Ecosystem zu schaffen. Darauf aufbauend drehen sich die weiteren Initiativen um drei zentrale Achsen - People, Places und Planet.
People: Bei weltweit mehr als 350.000 Mitarbeitenden, im ISS-Jargon Placemaker genannt, sei es herausfordernd, ein Gefühl von Zusammenhalt und Zugehörigkeit zu schaffen, stellt Sontheimer fest. Technologie könne hier der Schlüssel dafür sein, die Verbindung der Placemaker untereinander und mit dem Unternehmen zu stärken. Der CIDO verweist auf die Plattform "MyISS" als zentrale Anlaufstelle, um beispielsweise über Neuigkeiten informiert zu werden, auf diverse Tools und Informationen zuzugreifen und mehr über die Unternehmenskultur und -werte zu erfahren. Bis Ende 2023 will Sontheimer damit 100.000 User erreichen, danach sollen alle Placemaker weltweit Zugriff erhalten.
Places: Im Kontext von Orten wie Flughäfen, Krankenhäuser, Fabriken und Bürogebäuden will ISS künftig mehr Daten zur Analyse und Optimierung des operativen Geschäfts nutzen. Kunden wollen beispielsweise ihre Gebäude und Mitarbeiter besser verstehen, um Kosten und Energie zu sparen. Dafür sollen sie künftig die Lösung "Building on a Page" als Steuerungstool für datengetriebenes Facility Management an die Hand bekommen. Auf einem zentralen Dashboard bekommen Anwender die wichtigsten Informationen und Live-Daten eines Gebäudes angezeigt. Kennzahlen sind unter anderen Auslastung, Finanzdaten und Nachhaltigkeitskennzahlen der Gebäude. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz soll es künftig auch möglich sein, Fragen zu stellen und automatisiert Antworten zu erhalten.
Planet: Unter dem Aspekt Planet haben sich die ISS-Verantwortlichen mehr Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. "Wir wollen "Sustainability Leader" werden und als einer der größten Arbeitgeber der Welt in den Bereichen Nachhaltigkeit und Inklusion Veränderungen vorantreiben", gibt Sontheimer die Richtung vor. In dem neu geschaffenen Bereich "Sustainabiliy Tech" sollen Lösungen entwickelt werden, um Kunden dabei zu unterstützen, nachhaltiger zu werden. Tools sorgten beispielsweise für mehr Transparenz und ermöglichten so eine Steuerung des Energieverbrauchs und CO2-Ausstoßes von Gebäuden. Ein anderes Werkzeug, "ISS Smart Waste Control", soll Kunden helfen, ihr Abfallmanagement neu zu denken und deutlich effizienter zu gestalten, um so das Abfallaufkommen insgesamt zu verringern.
Entscheidend für den Erfolg der digitalen Transformation bei ISS ist aus Sicht von Sontheimer seine eigene Position innerhalb der Managementstruktur. Der CIDO ist mit einem festen Platz im Vorstand des Konzerns verankert. "Man braucht eine klare Vision und muss als CIDO dafür sorgen, dass jeder im Fachbereich und gesamten Unternehmen weiß, wofür ihr CIDO steht, wie die Strategie aussieht und warum", sagt Sontheimer. "Das Ziel muss einfach verständlich, klar und messbar sein und die Vision sollte sich nicht nur auf monetäre Ziele fokussieren - am Ende geht es darum, dass jeder erkennt, für welchen Grund es sich lohnt, jeden Tag zur Arbeit zu kommen."
Das Standing macht den Transformationshebel
Dieses Standing innerhalb der ISS-Organisation ermöglicht erst den notwendigen starken Transformationshebel, stellt Sontheimer fest. Schließlich gehe es dabei darum, Veränderungen effizient in der Gesamtorganisation umzusetzen und architektonische Herausforderungen wie Schatten-IT zu lösen, die sich in einer so breit aufgefächerten Firmenstruktur wie bei ISS fast schon zwangsläufig entwickelt. Dabei kommt es Sontheimer zufolge auf das Change-Management und die richtige Kommunikation an. " Es ist elementar, Verständnis zu zeigen und sich mit den jeweiligen Personen an einen Tisch zu setzen, um keine App oder Software "top-down" aufzuzwingen", sagt der Manager.
Erste Erfolge der digitalen Transformation bei ISS sind bereits spürbar. Die Wahrnehmung als Digital Brand steigt und hat eine neue Ära für ISS als Marke eingeläutet, berichtet Sontheimer. Als CIDO sei er fester Bestandteil bei Präsentationen vor Investoren und Finanzunternehmen. Dort stoße die Vorstellung der digitalen Transformation inklusive neuer Geschäftsmodelle wie Software as a Service auf großes Interesse. Sontheimer wertet dies als Beleg für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. "Wir kommen unserem Ziel der Technologieführerschaft jeden Tag etwas näher und haben dadurch die Marke in der Wahrnehmung als "Digital Brand" bereits signifikant geprägt."
Das sagt die Jury vom "CIO des Jahres 2023"
Die Jury lobt Sontheimer für seine "sehr runde und ganzheitlich gedachte Strategie mit guten Initiativen, die alle Bereiche des Unternehmens mitdenkt und perfekt auf die Unternehmensstrategie abgestimmt ist". Die bisherigen Schritte und Maßnahmen in der digitalen Transformation von ISS zeigten Mehrwerte für Menschen, Räume und den Planeten. "Wir dürfen gespannt sein, welche Resultate und weitere Schritte diese begonnene Reise hervorbringt." Mit dieser Leistung schafften es Sontheimer und sein Team unter die Finalisten in der Kategorie Großunternehmen. (kf)