So sehen Pioniere aus: 58 Jahre, graue Schläfen und eine Karriere in einem der größten deutschen Unternehmen. Olaf Röper jedenfalls ist ein Pionier. Seit Ende 2008 sitzt er als Vertreter der Leitenden Angestellten im Aufsichtsrat von Thyssenkrupp Technologies. CIOs sind an diesem Platz eine Seltenheit - noch. "Ich glaube, wir kommen gerade", sagt Röper grinsend.
Er ist Bereichsleiter IT beim Anlagenbauer Uhde, einer Thyssenkrupp-Tochter. Röper betrachtet Informatiker im Aufsichtsrat als Pluspunkt. "Ich bin zwar nicht angetreten, weil ich dachte, hier muss CIO-Denke rein", sagt er. "Aber inzwischen habe ich festgestellt, dass das strukturierte Denken eines IT-lers dem Gremium nutzt." Informatiker hätten gelernt, in Prozessen zu denken. Ein weiterer Vorteil: Die IT kennt alle Bereiche des Unternehmens, und sei es nur rudimentär.
Formal fungiert der Aufsichtsrat als Überwacher des Vorstands, für bestimmte Vorgänge ist seine Zustimmung erforderlich. Operative Verantwortung hat er nicht. "Wir haben aber die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Themen anzustoßen", erklärt Röper. Gerade weil er alle Unternehmensbereiche gesehen hat, will er den Aufsichtsrat als eine Art Netzwerk nutzen. "Ich bin offen für die Anliegen aller Mitarbeiter", sagt er.
Dabei ist Röper keiner, der den Robin Hood spielt. Ihn reizt es, das Unternehmen mitgestalten zu können. "Daher bin ich seit Jahren Mitglied im Unternehmenssprecher-Ausschuss, der zum Beispiel Boni und Altersversorgungen für Leitende Angestellte verhandelt und aktiv Vorschläge zu wichtigen Unternehmensfragen erarbeitet", erzählt er. "Und als sich die Möglichkeit ergab, das Gleiche eine Ebene höher zu tun, dachte ich mir: Warum nicht?" In einem neun Monate dauernden Verfahren wurde er im Dezember 2008 gewählt.
Diesem Beispiel sollten mehr Firmen folgen, so die Consultants des Schweizer Beraters Boydak Management Consulting. Boydak hat eine Studie über IT im Aufsichtsrat durchgeführt und kommt zu dem optimistischen Ergebnis, dass "die ausreichend exponierte Einbindung der IT in die Führungsstruktur eines Unternehmens" zunehmend als Erfolgsfaktor gilt. Basis der Studie sind Gespräche mit Entscheidern aus mehr als 60 schweizerischen und deutschen Unternehmen verschiedenster Branchen.
Mehr Arbeit als erwartet
Hintergrund ist laut Boydak, dass viele Top-Manager - "inzwischen die Mehrheit", so die Berater - IT als einen wesentlichen Erfolgsfaktor für den Unternehmenserfolg betrachten. Geht es nach Consultant Thorsten Hallermeier, sollten denn auch mehr IT-Entscheider in Vorständen und Aufsichtsräten sitzen. Die IT-Value-Studie habe gezeigt, dass die Arbeit der IT-ler umso erfolgreicher ist, je weiter oben der CIO angesiedelt ist. Konkret: Die Berater teilen die Unternehmen in Leaders, Durchschnitt und Followers ein. Bei den Leadern sitzen CIOs mehr als doppelt so häufig im Aufsichtsrat wie bei den Followers.
Damit arbeitet Röper in einem Leader-Konzern. Trotz seiner langen Berufserfahrung hat er als Neuer im Aufsichtsrat bereits viel gelernt. Etwas hat ihn überrascht: die Arbeitszeit. Mit drei bis fünf Sitzungen im Jahr zuzüglich Vorbereitung hatte er gerechnet. Es dürften dieses Jahr wohl deutlich mehr Tage werden.
Das ist den Umständen geschuldet: Der Riese Thyssenkrupp, unter dessen Dach sich mehrere hundert Firmen finden, wird umgebaut. Bisher sind die Gesellschaften in fünf Segmenten zusammengefasst. Diese sollen reduziert werden. Röper lacht leise in sich hinein. "Je nachdem, wie umstrukturiert wird, gibt es mich vielleicht bald gar nicht mehr", unkt er. Bis Oktober will Thyssenkrupp die Konzernstrukturen verschlanken und neu ordnen. Das wird auch Thyssenkrupp Technologies und dessen Gremien betreffen. Allerdings werden die Mitwirkungsmöglichkeiten der Leitenden Angestellten erhalten bleiben. Wie genau das aussehen wird, ist noch nicht endgültig geklärt.
"Müssen den Stab weitergeben"
Motivation und Ziel von Röpers neuer Tätigkeit sind klar. "Erst mal müssen wir die Wirtschaftskrise meistern", stellt der IT-Chef fest. Wer mit ihm über das Unternehmen spricht, spürt, wie sehr der Dortmunder dem Namen Thyssenkrupp verbunden ist. "Sie kennen doch den Spruch: "Was Krupp in Essen …", lächelt er. Um gleich wieder ernst zu werden. Thyssenkrupp, das ist das Ruhrgebiet, sagt Röper, und dass die gesamte Stahlindustrie das Land doch nach vorn gebracht habe. Thyssenkrupp sei ein großer und starker Konzern, der heute in vielen weiteren Geschäftsfeldern erfolgreich unterwegs sei. "Als Ruhrgebietler bin ich da auch stolz", erklärt er offen.
Als Aufsichtsrat das Unternehmen mitprägen - das heißt für Röper, an die Zukunft zu denken. "Viele Firmen in Deutschland sind überaltert", sagt er engagiert. "Ich halte das für ein dringendes volkswirtschaftliches Problem." Als ein wichtiges Thema seiner Arbeit im Aufsichtsrat und in anderen Gremien sieht er es denn auch, für Rahmenbedingungen zu sorgen, um Nachwuchs zu entwickeln und Mitarbeiter zu qualifizieren. Erhalt und Ausbau der Kompetenz hätten große Bedeutung für die Zukunftssicherung der Unternehmen. Röper sagt: "Wir müssen den Stab weitergeben." Pioniergeist eben.