Drees & Sommer

CIO schafft feste Arbeitsplätze ab

17.02.2015 von Bettina Dobe
Die Arbeitswelt von morgen ist weniger von Routinearbeiten geprägt, sondern dynamischer und digitaler. Wie eine flexible Büro-Organisation aussehen kann, diesem neuen Anspruch gerecht wird, zeigt das Beispiel Drees & Sommer.
"Wir mussten an unserem Stuttgarter Standort mehr Mitarbeiter auf 2.800 Quadratmetern Bürofläche unterbringen, hatten aber nicht ausreichend Räumlichkeiten", sagt Uwe Tyralla, Architekt und Senior Projektpartner bei Drees & Sommer.
Foto: Drees & Sommer

Am Anfang waren die Mitarbeiter bei Drees & Sommer skeptisch. Keine eigenen Schreibtische, immer neue Sitznachbarn und möglichst kein Papier mehr? Und wie findet man da noch seine Ansprechpartner? Der Arbeitsplatzumbau bei der im Bau- und Immobiliensektor tätigen Unternehmensberatung begann vor vier Jahren aus einem Grund: "Wir mussten an unserem Stuttgarter Standort mehr Mitarbeiter auf 2.800 Quadratmetern Bürofläche unterbringen, hatten aber nicht ausreichend Räumlichkeiten", sagt Uwe Tyralla, Architekt und Senior Projektpartner bei Drees & Sommer.

Man entschloss sich zu einem internen Umbau, um die Kapazität von 100 Tischen auf 130 Arbeitsplätze, an denen mehr als 160 Mitarbeiter Platz finden, zu erhöhen. Möglich macht dies das Desksharing-Konzept, das eine Besonderheit bei Drees & Sommer berücksichtigt: Montags und freitags sind meist alle Mitarbeiter im Hause, an den anderen Tagen sind sie oft beim Kunden vor Ort. Für alle trotzdem jeden Tag einen eigenen Arbeitsplatz vorzuhalten, wäre nicht sinnvoll.

Ein weiterer Grund für den Umbau: "Im Ringen um die Fachkräfte müssen wir unseren Angestellten ein Arbeitsumfeld bieten, in dem sie sich wohl fühlen", sagt der Architekt. "Wir wollen einfach mehr Lebensqualität bieten." Denn wo sich Mitarbeiter wohlfühlen, da bringen sie auch mehr Leistung und fühlen sich stärker an das Unternehmen gebunden.

Denn die Arbeitswelt ist im Wandel: Die Arbeit von Morgen ist weniger von Routine-Arbeiten geprägt, sondern kreativer und digitaler. Das erfordert Räume, die die neue Arbeitswelt widerspiegeln. Eine neue Büro-Organisation musste her, die an die Flexibilität und an die neue Arbeitsweise angepasst ist. So war anfangs nur klar, dass die Büroräume neu gestaltet werden mussten.

Es folgten Monate der Selbstanalyse ("Wie arbeiten wir?"), Gespräche mit Arbeitsorganisationsexperten des Fraunhofer Instituts ("Wie werden wir in Zukunft arbeiten?") und vor allem viel Kommunikation mit denjenigen, die später damit auch arbeiten: den Mitarbeitern. So schälte sich das Ziel des Gebäudeumbaus heraus. "Die einzelnen Unternehmensbereiche sollen stärker zusammen arbeiten. Uns ist außerdem wichtig, dass der Austausch zwischen den Mitarbeitern und Teams kreativer wird", sagt Tyralla.

Zentraler Bestandteil des neuen Arbeitsplatzkonzeptes ist das Desk-Sharing. Wenn der Mitarbeiter morgens ins Büro kommt, hat er keinen festen Arbeitsplatz, sondern einen Spind, in dem seine Arbeitsunterlagen und persönliche Gegenstände liegen. "Man sucht sich einen Platz irgendwo im Haus, an dem man gern arbeiten möchte, und meldet sich mit der Kennung im Telefon an und stöpselt das eigene Laptop an die beiden Bildschirme an", erklärt Tyralla.

Das heißt aber auch, dass jeder Mitarbeiter jeden Abend seinen Platz aufräumt, seine Ordner mitnimmt und in seinen eigenen Spind zurückstellt. Viele persönliche Sachen gibt es daher nicht mehr auf den Tischen. "Aber dafür gibt es den Desktophintergrund, den man sich mit den Fotos seiner Familie personalisieren kann", sagt Tyralla.

Viele Mitarbeiter haben einen Lieblingsplatz. "Aber wir halten die Kollegen dazu an, sich nicht immer an den gleichen Platz zu setzen", erzählt Tyralla. Schließlich geht es darum, untereinander verstärkt Wissen austauschen - und das funktioniert nur, wenn man immer wieder neben anderen Kollegen sitzt.

Vor allem die verschiedenen Leistungsbereiche sollen verstärkt miteinander in Kontakt kommen: Damit Projektmanager, Ingenieure und Berater gut zusammen arbeiten können, müssen sie die Art der Kommunikation, die Arbeitsweise und den Tagesablauf der anderen kennen. Wer nebeneinander sitzt, arbeitet besser interdisziplinär zusammen, einfach, weil man sich gegenseitig kennt und einem die Anforderungen des anderen geläufig sind.

Die flexible Büro-Organisation bei Drees & Sommer
Peter Meyerhans, CIO von Drees & Sommer ...
... stellte für die moderne Büroorganisation eine komplett neue IT-Infrastruktur bereit. Weil kein Mitarbeiter mehr seinen eigenen festen Arbeitsplatz hat, muss er übers Intranet schnell zu finden sein, denn nicht immer ist Zeit, das ganze Bürogebäude nach ihm abzusuchen. Egal, wo man sich am PC anmeldet, im Profil im hausinternen Intranet wird sofort angezeigt, an welchem Platz man sitzt. Die Telefonnummer bleibt dagegen dieselbe. „Abends wird dann die Verbindung automatisch getrennt, sodass nicht ein Mitarbeiter an zwei Plätzen angemeldet ist, wenn er vergisst, sich auszuloggen“, erklärt Meyerhans.
Schöne neue Arbeitswelt bei Drees & Sommer
Die Arbeitswelt von morgen ist weniger von Routinearbeiten geprägt, sondern dynamischer und digitaler. Wie eine flexible Büroorganisation aussehen kann, diesem neuen Anspruch gerecht wird, zeigt das Beispiel Drees & Sommer.
Desk-Sharing ...
... ist das zentrale Prinzip des neuen Bürokonzepts: Die Mitarbeiter werden dazu ermutigt, sich jeden Tag einen anderen Arbeitsplatz zu suchen. Ihren Laptop, ihre Arbeitsunterlagen und persönlichen Dinge bringen sie in einem Rollcontainer mit.
Das Multizone-Konzept ...
... vereint alle Arbeitsplatztypen: Konferenzzimmer, Telefonkabinen, Desksharing-Arbeitsplätze – abgeschirmt oder im offenen Raum. Alle Mitarbeiter sind Arbeitsplatznomaden, auch die Chefs. Nur die Assistenzen haben feste Schreibtische.
Marketplace-Cafeteria
Im Herzstück des Bürogebäudes können sich die Mitarbeiter von Drees & Sommer zu zweit, zum Stand-up-Meeting oder in Großgruppen treffen. Sie können dahinter in Klausur gehen oder nach Feierabend gemeinsam Fußball gucken.
Uwe Tyralla, Architekt und Senior Projektpartner
Die neue Büroorganisation sollte nicht nur mehr Mitarbeitern Platz, sondern auch mehr Lebensqualität bieten. Stichwort Employer Branding, wie Tyralla ausführt: "Im Ringen um die Fachkräfte müssen wir unseren Angestellten ein Umfeld bieten, in dem sie sich wohl fühlen.“ Zudem seien Mitarbeiter leistungsbereiter und fühlten sich stärker an das Unternehmen gebunden.
Wer Ruhe braucht ...
... sucht sich eine der Kabinen.
Klassische Konferenzräume
Für Gespräche und Diskussionen stehen den Mitarbeitern schallisolierte Besprechungsräume in verschiedenen Größen zur Verfügung. Den Blickkontakt zu den anderen Kollegen behält man trotzdem: Alle Räume sind verglast.
Auch größere Gesprächsrunden ...
... finden ihren Platz.

Für Teamarbeit gibt es spezielle schallgedämmte Besprechungsräume und wer konzentriert an seinem Projekt feilen oder telefonieren muss, der kann sich auf einen Einzelplatz zurückziehen. Isoliert ist er deswegen nicht, denn überall sind Glaswände oder speziell schallgedämmte und halboffene Arbeitsplätze.

Aber wie sich herausgestellt hat, sitzen viele Mitarbeiter ohnehin lieber im offenen Bereich mit mehreren Kollegen zusammen. Einzig die Assistenzen haben einen festen Sitzplatz im Gebäude, alle anderen, selbst die Geschäftsführung, sind Arbeitsnomaden. Um ein Drittel hat sich so die Anzahl der Arbeitsplätze erhöht. Das spart Fläche und Energie.

Drees & Sommer CIO Peter Meyerhans
Foto: Joachim Wendler

Die neue Arbeitsweise erfordert eine ganz andere IT-Infrastruktur. "Wir waren von Anfang an in der Entwicklung mit dabei und haben eigene Konzepte eingebracht", sagt CIO Peter Meyerhans. Weil kein Mitarbeiter mehr seinen eigenen festen Arbeitsplatz hat, muss er übers Intranet schnell zu finden sein, denn nicht immer ist Zeit, das ganze Bürogebäude nach dem Kollegen abzusuchen.

Egal, wo man sich am PC anmeldet, im Profil im hausinternen Intranet wird sofort aktualisiert, an welchem Platz man sitzt. Die Telefonnummer bleibt dagegen die gleiche. "Abends wird dann die Verbindung automatisch getrennt, sodass nicht ein Mitarbeiter an zwei Plätzen angemeldet ist, wenn er vergisst, sich auszuloggen", erklärt Meyerhans.

Papierloses Büro bei Drees & Sommer

Diese Flexibilität bringt noch etwas anderes mit sich: das papierlose Büro. Sich von Dokumenten zum Anfassen zu trennen, erschien einigen Mitarbeitern anfangs unmöglich. Und natürlich muss es einige physische Ordner geben mit Rechnungen und Verträgen. Aber wie sich herausstellte, ist alles andere überflüssig. "Jeder kann auf die virtuellen Dokumente zugreifen, das ermöglicht eine gute Zusammenarbeit", sagt CIO Meyerhans. Voraussetzung ist allerdings, dass jeder die Dokumente genau beschriftet.

Dass das Konzept funktioniert, dafür sorgt auch das Herzstück des neuen Gebäudes, die "Marketplace"-Cafeteria. Hier können sich die Mitarbeiter zu zweit oder in Großgruppen treffen, zu einem Stand-Up-Meeting zusammen kommen, im Alkoven in Klausur gehen oder nach Feierabend gemeinsam Fußball gucken. Auch eine Theke mit Kaffeebar und Sofas gibt es. Unterteilt in verschiedene Zonen mit verschieden designten Sitzgelegenheiten, Lichtelementen und Tischen - jeder weiß sofort, welche Zone welchem Zweck dient. "Das wird begeistert aufgenommen", erzählt Tyralla.

Dieses gemütliche Miteinander findet großen Anklang. "Wir haben diese Idee sofort für unser IT-Gebäude übernommen", erzählt CIO Meyerhans. "Ein schöner Raum, in dem sich die Mitarbeiter wohlfühlen, stärkt das Gemeinschaftsgefühl und fördert den Austausch", fügt er hinzu.

Nach wenigen Wochen waren die Mitarbeiter vom Konzept überzeugt, die anfänglich spürbare Skepsis war verflogen. "Andere Standorte wollen auch so arbeiten, es hat sich rumgesprochen, wie angenehm das Arbeiten geworden ist", sagt Meyerhans. In der IT sei diese Flexibilität leider nicht in dieser Form möglich, bedauert der CIO. Aber für offene und freundliche Büros, die zu mehr Kommunikation einladen, kann er trotzdem sorgen.