Change-Programm

CIO Stefan Henkel digitalisiert Siemens Healthineers

01.07.2019 von Wolfgang Herrmann
Mit einem umfassenden Transformationsprogramm stellt CIO Stefan Henkel die IT-Organisation des Medizintechnikunternehmens Siemens Healthineers auf die Herausforderungen der Digitalisierung ein.
Stefan Henkel, CIO von Siemens Healthineers: "Die Entscheidung, frühzeitig das Thema Change- Management in den Mittelpunkt zu stellen, hat sich ausgezahlt."
Foto: Siemens Healthineers

"Digitalize the Core" - unter diesem Motto steht die IT- und Digitalisierungsstrategie von Siemens Healthineers, weltweit eines der größten Medizintechnikunternehmen mit rund 50.000 Mitarbeitern in 75 Ländern. Doch wer bei Core nur an Rechenzentren, Server und Backend-Anwendungen denkt, liegt falsch, stellt Stefan Henkel klar, der seit 2014 als Head of IT und CIO agiert. Digitalisiert würden die Kernprozesse insgesamt sowie alle Arbeitsplätze und die Security-Systeme. Auch der Kulturwandel in der IT-Organisation sei ein wesentliches Handlungsfeld.

"Die Digitalisierung transformiert das Gesundheitswesen", beschreibt Henkel die Rahmenbedingungen, auch wenn die Entwicklung im Healthcare-Sektor langsamer verlaufe als in anderen Branchen. Immer mehr digitale Komponenten ergänzten heute klassische Medizintechnik-Produkte aus Bereichen wie Bildgebung oder Labordiagnostik. Zugleich würden medizinische Leistungen individueller auf Patienten zugeschnitten.

Das Thema Daten gewinne in allen Bereichen enorm an Bedeutung, so der IT-Chef. Analytics- und Machine-Learning-Konzepte spielten dabei eine wichtige Rolle, beispielsweise in der Entscheidungsunterstützung für die Onkologie oder die Chirurgie. Henkel: "Die IT muss diese Entwicklungen aufnehmen und die digitale Transformation im gesamten Unternehmen in enger Verzahnung mit dem Business vorantreiben." Vor diesem Hintergrund entstand das Programm "Digitalize the Core" mit den vier Handlungsfeldern Innovation for Users, Applications & Processes, Cybersecurity und Digital Transformation of IT (DigIT).

Der User steht im Mittelpunkt

Im ersten Feld gehe es darum, den IT-Anwender ins Zentrum zu stellen, erläutert der CIO. So wird beispielsweise ein "IT Future Workplace" für die Mitarbeiter entwickelt, der auf Office 365 basiert. Henkel sieht darin weniger die klassische Office-Suite als eine Plattform für den Kulturwandel im Unternehmen. Mit integrierten Collaboration-Tools wie Teams oder Yammer soll sie die Zusammenarbeit und den Austausch der Mitarbeiter befeuern.

Die Unternehmens- und IT-Fakten von Siemens Healthineers.
Foto: cio.de

"Einfach ein Tool zur Verfügung zu stellen reicht nicht", gibt der gelernte Wirtschaftswissenschaftler zu bedenken. Entscheidend sei, ob und wie die Kollegen damit arbeiten könnten. Die IT habe deshalb in einem cross-funktionalen Projektteam, zusammen mit Kollegen aus Human Resources und der Kommunikation, das Change-Programm "Digital Together" entwickelt.

Es zeigt Mitarbeitern die Einsatzmöglichkeiten der Plattform, schult sie im Umgang mit den Tools und soll am Ende eine neue, kollaborative Arbeitsweise im gesamten Unternehmen fördern. Henkel: "Die Führungskräfte müssen diese Art des Arbeitens vorleben." In einem Video erläutern Siemens-Healthineers-Manager beispielsweise, wie sie die Plattform nutzen. Auf einer "Digital Safari" konnten Mitarbeiter an virtuellen Schulungen und Meetings zum Thema "Digitalize the Core" teilnehmen.

Den User in den Mittelpunkt stellen bedeutet für den IT-Chef auch, ihm das Leben leichter zu machen. Als Beispiel nennt er die zahlreichen Genehmigungs- und Freigabeprozesse im Unternehmen, die trotz Software­unterstützung noch nicht ausreichend digitalisiert seien. Für mobile Anwender etwa seien etliche Systeme noch schwierig zu nutzen.

Die Top-CIOs der Gesundheitsbranche
Holger Witzemann, AOK Systems
Holger Witzemann ist seit Mai 2016 Geschäftsführer der AOK Systems. Der Diplom-Ingenieur für Technische Informatik war vorher Geschäftsführer im Bitmarck-Konzern in Essen, einem IT-Anbieter für Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen sowie die DAK-Gesundheit und weitere Ersatzkassen. Witzemann verantwortet nun die Softwareentwicklung für die gesamte AOK-Gemeinschaft, die BARMER, die BKK Mobil Oil, die VIACTIV Krankenasse und die Hanseatische Krankenkasse.
Stefan Henkel, Siemens Healthineers
Stefan Henkel ist CIO von Siemens Healthineers. Stefan Henkel absolvierte sein Studium in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bamberg, wo er ebenfalls seine Promotion abschloss. Nach Stationen als Lehrbeauftragter und selbstständiger IT-Berater, startete er im Jahr 1996 seine berufliche Laufbahn bei Siemens Management Consulting in München. Bereits 1997 übernahm er die Leitung der Supply Chain Beratung im Bereich Corporate Procurement and Logistics. Nach weiteren leitenden Positionen in verschiedenen Abteilungen wechselte er 2006 in den Bereich Customer Services der Healthcare-Sparte. Dort verantwortete er weltweit "Product Support" und den "Siemens Remote Service". Nachdem er ein unternehmensweites Transformationsprojekt erfolgreich leitete, übernahm Stefan Henkel 2011 die Position des Leiters für Customer Relationship Management Operations. Daraufhin übernahm er die Verantwortung als Leiter der IT und seit 2018 besetzt Stefan Henkel die Position des CIO von Siemens Healthineers.
Hans-Ulrich Prokosch, Uniklinikum Erlangen
Hans-Ulrich Prokosch ist CIO am Uniklinikum Erlangen und Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Informatik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Bis 2003 war er Professor für Medizinische Informatik an der Universität Münster. Prokosch hat Mathematik studiert, dann einen Doktor in Humanbiologie gemacht und sich anschließend im Fach Medizinische Informatik habilitiert.
Markus Balser, Rhön Klinikum AG
Markus Balser ist seit Februar 2018 Konzernbereichsleiter IT/Konzern-EDV an der Rhön-Klinikum AG. Zuvor war er seit 2008 bei der Accenture GmbH als Managing Director im Bereich Technology Strategy verantwortlich für Enterprise Architecture & Application Strategy im deutschsprachigen Raum.
Andreas Strausfeld, Bitmarck Holding
Im Juli 2014 ist Andreas Strausfeld zum Geschäftsführer der Bitmarck Holding GmbH aufgestiegen. Damit steht er dem IT-Dienstleister für Krankenkassen vor. Andreas Strausfeld ist seit 2008 als Geschäftsführer bei der Bitmarck Holding GmbH und seit 2010 bei der Bitmarck Vertriebs- und Projekt GmbH aktiv. In gleicher Funktion war er in Personalunion auch von 2012 bis 2013 bei der Bitmarck Software GmbH tätig. 2018 wurde sein Vertrag bei Bitmarck vorzeitig um vier Jahre bis 2024 verlängert.
Stefan Domsch, Synlab
Im Juli 2024 wechselte Stefan Domsch die Branche und stieg als IT-Chef bei Synlab ein. Bisher war er Group CIO vom TÜV Süd.
Ingo Elfering, Fresenius
Seit Juli 2020 besetzt Ingo Elfering den neu geschaffenen CIO-Posten bei der Fresenius Gruppe. Der gelernte Wirtschaftsinformatiker soll die globalen IT-Aktivitäten des Konzerns koordinieren und weiterentwickeln. Zudem übernimmt er die Leitung der IT-Dienstleistungs-Tochter Fresenius Netcare, die mittlerweile in Fresenius Digital Technology umbenannt wurde. Elfering berichtet an den Finanzvorstand.
Jens Schulze, Universitätsklinikum Frankfurt am Main
Jens Schulze ist seit September 2019 CIO und Leiter des Dezernats für Informations- und Kommunikationstechnologie (DICT) im Universitätsklinikum Frankfurt. Sein Vorgänger Martin Overath ist jetzt Geschäftsleiter Medizinischer Arbeitsplatz beim Softwarehersteller Knowledgepark. In seiner Rolle verantwortet Schultz alle Bereiche der administrativen und klinischen IT inklusive der Telekommunikation. Er berichtet an den kaufmännischen Direktor als Mitglied des Vorstands. Für seine Leistungen als CIO der Uniklinik Leverkusen (2013-2019) wurde Jens Schulze beim CIO des Jahres 2019 in der Kategorie Public Sektor ausgezeichnet.
Michael Kraus, Universitätsklinikum Freiburg
Michael Kraus ist seit August 2014 für die IT am Universitätsklinikum Freiburg verantwortlich. Bereits seit 2009 war er stellvertretender Leiter des Klinikrechenzentrums. Nach seinem Physik-Studium und einer Promotion im Bereich der Systembiologie war Kraus wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. 1996 wechselte er als IT-Leiter in die Universitätsverwaltung und verantwortete dort ab 1999 als Dezernatsleiter neben der IT für das Campus Management die Bereiche Controlling, Organisation und Neue Medien.
Rudolf Dück, UKSH
IT-Chef am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ist seit Januar 2019 Rudolf Dück. Er übernahm die Leitung der Stabsstelle Informationstechnologie. Zugleich ist er Geschäftsführer der UKSH Gesellschaft für IT Services mbH (ITSG) sowie der Gesellschaft für Informationstechnologie (GfIT). Davor war Dück als Leiter des Bielefelder IT-Servicezentrums (BITS) an der Universität Bielefeld tätig.
Manfred Criegee-Rieck, Klinikum Nürnberg
Manfred Criegee-Rieck leitet seit Juni 2017 die IT des Klinikums Nürnberg. Der neue IT-Leiter ist Nachfolger des langjährigen CIOs Helmut Schlegel. Er kommt von den Franziskanerbrüdern vom Heiligen Kreuz, wo er Gesamtleiter IT war.
Heiko Reinhard, Ottobock
Heiko Reinhard ist seit Mai 2018 neuer CIO beim Duderstädter Medizintechnik-Hersteller Ottobock. Er war bislang als CEO des IT-Dienstleisters Sycor, der IT-Tochter von Ottobock, in Amerika und als IT Director North America für Ottobock tätig.
Patrick Wenz, Universitätsmedizin Mainz
Patrick Wenz leitet die IT der Universitätsmedizin Mainz bis Ende 2023 im Interim.
Jan Vitt, Universitätsmedizin Mainz
Ab Januar 2024 soll Jan Vitt die IT der Universitätsmedizin Mainz leiten.
Aude Vik, Techniker Krankenkasse
Seit Anfang 2024 ist Aude Vik Geschäftsbereichsleiterin Informationstechnologie bei der Techniker Krankenkasse.
Gunther Nolte, Vivantes-Klinik
Gunther Nolte ist schon seit 2001 IT- und TK-Direktor beim Gesundheitsnetzwerk Vivantes. Der Diplom-Informatiker arbeitete nach seinem Studium zunächst als Softwareentwickler in einem Systemhaus. Zwischen 1986 und 2001 war er unter anderem als Projektleiter für den Aufbau eines Tumorregisters am onkologischen Schwerpunkt Klinikum Kassel verantwortlich.
Dirk Herzberger, Helios Kliniken
Seit 1998 leitet Dirk Herzberger die IT der Klinikkette Helios, die seit 2005 zu Fresenius gehört. Mit seiner Abteilung "Zentraler Dienst IT" stellt er dem gesamten Unternehmen die PC-gestützte Infrastruktur zur Verfügung - das reicht von medizinischen Dokumentationssystemen über die IT für Abrechnungen bis zu Telemedizin-Lösungen. Diplom-Ingenieur Herzberger war zuvor sechs Jahre Leiter EDV der Asklepios Neurologischen Klinik Bad Salzhausen und ab 1993 am Aufbau der Zentrale Dienste EDV der Asklepios Gruppe beteiligt. Zwischen 1988 und 1992 arbeitete Herzberger als Entwicklungsingenieur in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie in der Abteilung Technische EDV der Firma Weiss Umwelttechnik.
Franz-Helmut Gerhards, DAK
Franz-Helmut Gerhards ist seit Oktober 2016 CDO und Mitglied der Geschäftsleitung der DAK-Gesundheit in Hamburg. Er ist für die unternehmensweite digitale Transformation der Krankenkasse verantwortlich. Dazu gehört neben der strategischen Ausrichtung der DAK den Aufbau eines digitalen Ökosystems sowie die digitale Transformation aller relevanten Kundenprozesse mit dem Fokus auf die Kundenorientierung. Zudem verantwortet Gerhards den mit der Digitalisierung verbundenen kulturellen Wandel und leitet die Digitale Fabrik, die als interner Inkubator die digitale Transformation der Kasse operativ gestaltet.
Henning Schneider, Asklepios Konzern
Henning Schneider hat im Oktober 2016 die Leitung des Konzernbereichs IT im Asklepios Konzern übernommen. Er folgt auf Martin Stein, der das Unternehmen verlassen hat, um als Kaufmännischer Geschäftsführer des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein tätig zu sein. Schneider wechselte vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) zu Asklepios. Am UKE leitete er seit 2012 als CIO den Geschäftsbereich Informationstechnologie. Bereits seit 2008 trug er dort Verantwortung für die medizinischen IT-Systeme und die Umsetzung der elektronischen Patientenakte.
Kurt Kruber, Klinikum der Universität München
Seit Dezember 2012 verantwortet Kurt Kruber am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität Medizintechnik und Informationstechnik. Beide Ressorts sollen unter der Führung des 49-Jährigen näher zusammenrücken, wie sich auch an der Agenda des IT-Chefs zeigt: Eines seiner Projekte ist das Zusammenführen der Mitarbeiter aus diesen Bereichen.
Bernd Christoph Meisheit, Sana Kliniken
Bernd Christoph Meisheit ist seit August 2009 Geschäftsführer bei der IT-Tochter der Sana Kliniken. Meisheit stieß damals zu Gerald Götz, der die Sana IT Services bereits zwölf Jahre lang leitete, und formte mit ihm eine Doppelspitze. Seit Götz Sana im Herbst 2010 verlassen hat, leitet Meisheit die IT des Klinikbetreibers allein. Meisheit war zuvor IT-Verantwortlicher des Klinikverbandes St. Antonius und Geschäftsführer der Gesellschaft für Information und Technologie im Gesundheitswesen in Wuppertal. In den Jahren 2000 bis 2008 war er CIO der MTG Malteser Trägergesellschaft und Mitglied des Kooperationsrates der Deutsche Malteser GmbH. In dieser Funktion wurde er 2007 von unserer Schwesterpublikation Computerwoche für ein Rechenzentrumsprojekt zum Anwender des Jahres in der Kategorie IT-Performance gekürt. Von 1992 bis 1997 war er Leiter der Abteilung IT und Organisation und ab 1998 stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Finanzen, Unternehmensrechnung und Informationssysteme der Flughafen Köln/Bonn GmbH. Meisheit hat in Köln die Fächer Nachrichtentechnik und Informationsverarbeitung studiert.

Handlungsbedarf sieht der CIO auch im Bereich User Support, der lange Zeit "sehr technisch über Self-Service-Funktionen" organisiert war. Die Nutzer seien damit nicht durchgängig zufrieden, formuliert er diplomatisch: "Es wurde klar, dass die User Experience auch in diesem Bereich besser werden muss." Nach dem Vorbild von Apple richtet Henkel "Meet IT Bars" im Unternehmen ein. Mitarbeiter bekommen dort persönliche Unterstützung bei IT-Problemen und dürfen dazu auch ihre mobilen Endgeräte mitbringen. Termine mit dem Support sollen künftig einfach per App vereinbart werden können, ohne lästige Anrufe und Warteschleifen in der Hotline.

Standardisierte Serviceprozesse

Ganz anders liegen die Herausforderungen im Handlungsfeld Applications & Processes. Henkel geht es hier vor allem um die "Durchgängigkeit von Prozessen" und um hochintegrierte End-to-End-Anwendungen, beispielsweise im Bereich Procurement und im Qualitäts-Management. Ganz oben auf seiner Prioritätenliste stehen einheitliche Serviceprozesse, ein Thema, das die IT zum Beispiel gemeinsam mit dem Customer-Service im Projekt "SENSE" (System of Engagement for a Network of Service Experts) vorantreibt.

Die Unternehmenszentrale von Siemens Healthineers in Erlangen bei Nürnberg.
Foto: Siemens Healthineers

Das Ziel ist ein umfassendes "Digital Service Management System", das technisch auf der Plattform von ServiceNow basiert. Siemens Healthineers stellt darauf beispielsweise auch Kundenserviceprozesse in standardisierter Form zur Verfügung. "ServiceNow bringt alle für das Service-Management benötigten Komponenten mit", lobt der IT-Chef. Mit agilen Methoden und wöchentlichen Sprints entwickelt das Team die von den Fachbereichen benötigten Funktionen. Über einen Integrations-Layer könne die ServiceNow-Plattform zudem mit anderen Cloud-basierten Anwendungen wie etwa Workday verbunden werden.

Mehr Ressourcen für Innovationen

Im Handlungsfeld Digital Transformation of IT (DigIT) lautet die zentrale Frage: "Wie machen wir die interne IT fit für die Herausforderungen in der Zukunft?", so Henkel. Dafür konzentriere man sich besonders auf die Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter. Außerdem gehe es auch darum, den Betriebsaufwand durch verschiedene Maßnahmen zu verringern.

Dahinter steht ein Dilemma, das Henkel mit vielen seiner Amtskollegen teilt: Mehr Budget und zusätzliche Mitarbeiter gibt es nicht, trotzdem wachsen die Anforderungen an die IT stetig. Der Ausweg: "Wir müssen uns von klassischen IT-Aufgaben wie etwa Wartung und Betrieb befreien." Das gelte insbesondere für "reifere" Systeme. Bereits 2014 habe man begonnen, SAP-Systeme in einen professionellen Managed-Service zu überführen. Den kompletten Betrieb übernimmt dabei ein IT-Dienstleister. Ziel ist es, der IT Freiräume für andere Aufgaben zu schaffen.

Neben solchen Servicemodellen spielen Cloud-Konzepte eine Schlüsselrolle beim Umbau der IT. "Cloud Computing war das erste große Innovationsthema, das wir uns vorgenommen hatten", berichtet der IT-Chef. Schon zu Beginn der "Transformation Journey" im Jahr 2016 stellte er ein "Cloud-and-Innovation"-Team (CLI) auf, das heute rund 25 Mitarbeiter stark ist. Von Anfang an sei es aber auch darum gegangen, eigene Cloud-Kompetenzen aufzubauen, um Abhängigkeiten von Providern zu vermeiden.

Derzeit nutzt Siemens Healthineers unter anderem Services wie Compute und Storage sowie bei neuen IT- Services auch Cloud-native Funktionen von großen Cloud-Anbietern wie AWS und Microsoft. Bei der Cloud-Migration bestehender IT-Services geht es vorrangig noch um Software-Testing- und Trainingsumgebungen. Produktive Anwendungen werden überwiegend on Premise betrieben. Mit den Non-SAP-Systemen bewege man sich aber sukzessive in Richtung Cloud, betont Henkel. Über das eigene Programm "Ascend" sollen derzeit viele On-Premise-Anwendungen und Server in die Cloud migriert werden, ohne Kompromisse in der Sicherheit einzugehen.

RPA steigert die Effizienz

Ein weiteres Innovationsthema mit großem Effizienzpotenzial für Siemens Healthineers ist Robotic Process Automation (RPA): "Die Zeit ist reif für diese Technologie", sagt Henkel. Im Markt fänden sich mittlerweile viele gut qualifizierte Implementierungspartner und robuste Softwareapplikationen wie etwa UiPath oder Blueprism, die den Einstieg erleichterten. Unternehmensweit arbeiteten Experten derzeit an mehr als 100 RPA-Use-Cases, 25 davon seien schon im Betrieb. Der Fokus liegt hier in erster Linie auf klassischen Business-Prozessen, beispielsweise in der Auftragsabwicklung und im Kundenservice.

Data Lake in der Cloud

Einen wichtigen Erfolgsfaktor im Transformationsprozess nennt der CIO "Data Management for Analytics". Wie viele Unternehmen kämpft auch Siemens Healthineers noch mit heterogenen Datensilos. "Stammdaten vereinheitlichen ist deshalb das A und O", so Henkel. Um etwa einen 360-Grad-Blick auf alle Kundenprozesse zu erhalten, gelte es, Daten aus unterschiedlichsten Unternehmensbereichen zusammenzuführen und für Analytics-Zwecke nutzbar zu machen. Derzeit arbeiten Fachbereich und IT unter anderem mit einem On-Premise-Data-Warehouse auf Basis von SAP BW sowie der SAS Software Suite für Advanced Analytics. Zu den kurzfristigen Zielen gehört ein Cloud-basierter Data Lake als Grundlage für weitere Process-Analytics-Anwendungen.

Zum Portfolio von Siemens Healthineers gehört das Kardiologie-Informationssystem Syngo Dynamics.
Foto: Siemens Healthineers

Last, but not least muss Henkel auch das Thema Cybersecurity im Blick behalten. Schon seit geraumer Zeit gibt es im Unternehmen einen Chief Information Security Officer (CISO). Auf der Prioritätenliste stehen Projekte wie Privileged-Account-Management, Security Automation, Strategic Threat Intelligence und Network Segmentation. Am Herzen liegen Henkel aber auch neue Awareness-Programme, über die er insbesondere die Admins und Application Owner erreichen will.

Innovationen kommen von unten

Henkel berichtet bei Siemens Healthineers an Finanzvorstand Jochen Schmitz; zugleich gibt es einen engen Austausch mit dem Vorstand, den Geschäftsverantwortlichen und den anderen Funktionsleitern. Ein wichtiges Gremium für Henkels Arbeit ist das IT Executive Board. Hier sitzen Business- und IT-Verantwortliche an einem Tisch. In der Runde geht es laut Henkel kaum um Operatives, sondern um die strategische Ausrichtung, vor allem aber auch "um Innovationsthemen und wie wir damit umgehen".

In einem Großunternehmen wie Siemens Healthineers entstehen Innovationen oft außerhalb der Firmenzen­trale, ist Henkel überzeugt. Der erste RPA-Use-Case etwa wurde in den USA entwickelt, ein zweites Projekt realisierten Kollegen in Japan. Der Anstoß für das Thema sei nicht aus der zentralen IT, sondern von Business-Verantwortlichen aus den Unternehmensbereichen gekommen. Henkel spricht in diesem Kontext von "Intelligent Automation". Ausgangspunkt sei stets die Frage: "Sind wir effektiv und sind wir schnell genug?"

Ein anderes Beispiel: Das Cloud-Thema sei zwar im Erlanger Headquarter beheimatet, doch die Arbeit der Kollegen strahle weit in andere Länder aus. Auch kommen viele der Experten aus den IT-Kompetenzzentren in Bangalore und in Bratislava. Henkel: "International haben wir mittlerweile mehr als 50 Cloud-Projekte abgeschlossen, mehr als 20 weitere sind in der Umsetzung." Dazu gehöre etwa die "Cloudifizierung" der Rechenzentren in Japan oder im US-amerikanischen Cary im Rahmen des globalen Cloud-Migration-Programms "Ascend".

Lessons Learned

Zu den größten Herausforderungen im Transformations­prozess gehört für Henkel, die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass Veränderungen notwendig sind. Offenheit, Transparenz und Selbstorganisation seien deshalb beim Entwickeln neuer Strategien und Programme wichtige Elemente. Das Change-Programm "Digital Together" etwa sei nicht top-down, sondern aus dem IT-Team heraus zusammen mit dem Business entstanden.

Die Entscheidung, frühzeitig das Thema Change-Management in den Mittelpunkt zu stellen, habe sich ausgezahlt, resümiert Henkel. Dazu zählten in der IT zum Beispiel der Wandel zu einer agilen Kultur, kontinuierliches Lernen, Kompetenz-Management und neue Formen der Zusammenarbeit. Unterschätzt habe man die zeitliche Dimension: "Die Technologien verändern sich noch dynamischer, als wir erwartet hatten." Die Folge: Aus der Digitalisierungsstrategie wurde eine "kontinuierliche Transformationsinitiative". Mit anderen Worten: Der Change-Prozess hört niemals auf.