Modernisierung der IT

"CIOs alleine können gar nichts bewegen"

12.10.2009 von Thomas Pelkmann
Modernisierungsprojekte scheitern an der Erwartungshaltung, fehlender Investitionsbereitschaft und dem "Never change a running system" -Syndrom. Doch der Kostendruck zwingt zur Modernisierung der IT. Das ist eine Aufgabe des gesamten Unternehmens, meint Donald Fitzgerald, Chef des IT-Dienstleisters Easirun im Interview mit CIO.de.
Der Bedarf für eine Modernisierung der IT ist enorm, meint Donald Fitzgerald, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Easirun.

Der Kostendruck auf die Betreiber von IT-Infrastrukturen nimmt zu, erklärte jüngst der Wirtschaftsinformatiker Walter Brenner in der Computerwoche. Der Umbau dieser Infrastrukturen verspreche mittelfristig deutliche Kostensenkungen, meint der Wissenschaftler von der Uni St. Gallen. Dennoch zögern viele Unternehmen, den Umbau ihrer IT tatsächlich in Angriff zu nehmen. Über die Gründe dafür sprachen wir mit Donald Fitzgerald, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Easirun.

Wie hoch schätzen Sie den Modernisierungsbedarf in deutschen Rechenzentren?

Donald Fitzgerald: Mmh, verglichen womit? Aus unserer Erfahrung und in der Klientel, mit der wir Kontakt haben, ist der Bedarf enorm. Über viele Jahre hinweg ist hier viel zu wenig unternommen worden, um die vorhandenen Anwendungen neu zu strukturieren.

Es waren dann ja doch alles "Auslaufmodelle", und man hat das Geld lieber für Neuentwicklungen genommen. Das rächt sich jetzt - gerade in Zeiten, wo das Geld nicht so locker sitzt, weder für Wartung, noch für Neuentwicklungen.

Woran hapern Modernisierungsprojekte denn vor allem?

Fitzgerald: An der Erwartungshaltung, der fehlenden Investitionsbereitschaft und dem berühmten "Never change a running system"-Syndrom, also am mangelnden Vertrauen in die Erfolgsaussichten. Diese Faktoren überwiegen die gefühlten wie auch die dokumentierten Vorteile einer Modernisierung bei weitem.

Wie schätzen Sie die IT-Leiter in diesem Zusammenhang ein: als innovativ oder eher als konservativ?

Fitzgerald: Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Das hat im Gegensatz zu dem, was wir vor Jahren vermutet hatten auch nichts mit dem Alter oder den fehlenden Jahren bis zur Rente zu tun. Da geht es eher um die Grundeinstellung des Unternehmens.

Die CIOs alleine können gar nichts bewegen - es muss auf der Ebene der Geschäftsleitung Befürworter innovativer Geschäftsmodelle geben. Dann kommt die IT-Abteilung automatisch mit.

Es fehlt an Know-how darüber, wie Modernisierung anzupacken ist

Wenn aber das Management sich gegen etwas stemmt, egal warum, kann die IT-Abteilung das natürlich nicht einfach übergehen. Daher lautet die Frage meiner Meinung nach nicht, ob ein CIO innovativ oder konservativ ist. Es geht vielmehr darum, welche Position er hat und wie viel Gehör er mit seinen Ansichten und Plänen bei seiner Geschäftsleitung findet.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hindernisse und Probleme bei der Modernisierung?

Fitzgerald: Da sehe ich vor allem das mangelnde Know-how darüber, wie Projekte dieser Art überhaupt anzupacken sind. Es gibt ja schließlich in den meisten Unternehmen keine Erfahrung damit - woher denn auch?

Sie schreiben in einem Kommentar, dass Weiterentwicklungen, Ergänzungen und Anpassungen jedes System zu einem historischen Unikat machen. Sie nennen das ironisch "Eine Meisterleistung der Programmierer", die IT-Leitern eine Gänsehaut verursacht, wenn sie über das Thema Modernisierung nachdenken sollen.

Fitzgerald: Das ist tatsächlich ironisch gemeint, aber auch eine Anerkennung für viele Entwickler und Programmierer, die trotz der fehlenden Bereitschaft in Unternehmen, etwas Grundlegendes zu regeln, die Probleme und Aufgaben bewältigen.

Nicht auf Zwischenlösungen setzen

Es ist doch kein Wunder, wenn IT-Abteilungen Wege gehen, die einer vernünftigen Wartung und Weiterentwicklung entgegenstehen. Es wird erwartet, dass die Probleme gelöst werden, und das Geld, das für irgendwelche Standard-Software-Lösungen locker gemacht werden kann, steht hier noch nicht einmal ansatzweise bereit. Zudem werden solche Lösungen außerdem viel zu häufig als Übergangs- oder temporäre Verbesserungen abgestempelt.

Warum soll sich ein Entwickler angesichts dieser Sichtweisen Gedanken über eine saubere Plattform und sprachenunabhängige Lösungen machen? Sind doch alles nur Zwischenlösungen.

Wie sollte sich ein IT-Leiter also richtig verhalten?

Fitzgerald: Er sollte so schnell wie möglich ein komplette Übersicht seiner Anwendungen erarbeiten und dann auf dem aktuellen Stand halten. Er sollte darüber hinaus den Umfang seiner Anwendungen genau erkunden - es gibt genügend sehr gute Werkzeuge dafür. Das ist ein Investitions- und kein Kostenfaktor. Und er sollte den Umfang reduzieren auf das, was wirklich benötigt wird - ohne Rücksicht auf Empfindlichkeiten.

In der ersten Phase muss sich der CIO darauf beschränken, das Nötige zu tun und nicht das Mögliche. Damit bestätigt er auch das, was er als Vorarbeit für diese erste Phase geleistet hat. Oder es stellt sich raus, dass es korrigiert werden muss.

Modernisierung ist eine Unternehmensaufgabe

Und er muss Lösungen finden, die nicht dazu führen, dass immer wieder die in der Zwischenzeit benötigten Anpassungen am laufenden System im konvertierten System nachgepflegt werden müssen. Dafür muss er durch Automatisierung seine Code-Freeze-Zeiten auf ein Minimum reduzieren.

Sind solche Modernisierungsprozesse bei der IT überhaupt gut aufgehoben? Oder sollten sich besser andere um die Innovationen kümmern?

Fitzgerald: Das Entscheidende dabei ist die Anpassung der Geschäftsprozesse, und das gehört nicht zum eigentlichen Aufgabenbereich der IT. Allerdings werden diese Aufgaben viel zu schnell auf die IT abgeschoben, weil die Fachabteilung zu viel zu tun hat.

Modernisierungsprojekte sind genauso wie die Implementierung einer Standardlösung eine unternehmensstrategische - und keine originäre IT-Aufgabe.

Vielen Dank für das Interview.