EDS hat sich neben der Umfrage unter 50 britischen IT-Chefs in einer Studie intensiv mit der Rolle des CIOs heute auseinandergesetzt. Im Überblick ergibt sich ein recht klares Bild über den beruflichen Hintergrund der CIOs und den enormen Leistungsdruck, unter dem sie stehen. Kein Wunder, denn mitnichten einheitlich ist die Rolle, die sie in den Firmen ausfüllen müssen.
82 Prozent der befragten IT-Verantwortlichen, die allesamt in einem börsennotierten Unternehmen im Vereinigten Königreich tätig sind, haben einen technologischen Background. Die große Mehrheit kommt nicht aus dem Business und muss gleichwohl immer mehr komplexe Aufgaben auf diesem Feld meistern. Der Erfolgsdruck auf die CIOs nimmt zu und gleichzeitig bleibt ihnen immer weniger Zeit, den fundamentalen Wandel in vielen Firmen zu beeinflussen.
Bis zu 25 Jahre dauern die an Komplexität beinahe überbordenden IT-Projekte heute - denkbar also, dass ein Vorhaben eine Handvoll CIOs verschleißt. Die IT-Manager versuchen verständlicherweise, die wichtigsten Projekte innerhalb ihrer ersten 100 Tage anzuschieben. Viel Zeit bleibt ihnen nämlich nicht, zumal es nicht mehr genügt, einfach nur "Chief Information Officer“ zu sein.
EDS-Vordenker Jeff Wacker erinnert in seinem Whitepaper an die CIOs der ersten Stunde, die in den späten 1970er-Jahren einen klaren Job zu erfüllen hatten: die Beschaffung, Integration und Anwendung von Informationstechnologie zu optimieren. Heute stehe das Kürzel "CIO“ für ein ganzes Bündel an Rollen, die die IT-Manager ausfüllen. Wacker nennt acht Rollen, die die guten Macher auszeichnen, und drei weitere, die es tunlichst zu vermeiden gilt. Ein erfolgreicher CIO ist:
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1.) Chief Integration Officer: Keine andere Vorstandstätigkeit erfordere eine derartige Integrationsfähigkeit, meint Wacker. Schon alleine die Scharen nicht aufeinander abgestimmter Einzelanwendungen in den meisten Unternehmen können einem schlechte Träume bereiten. CIOs müssen alles das aus der Perspektive des Gesamtunternehmens zusammenfügen, worunter die Wertschätzung in der eigenen Abteilung leiden kann. Dieser Spagat strengt immer mehr an, wenn die Anwendungen verstärkt die Endverbraucher ansprechen sollen und zugleich Service-Orientierte Architekturen (SOA) eine eindeutige Business-Perspektive einfordern. Noch komplexer gerät das Gefüge, weil neuerdings auch die Zulieferer der Zulieferer und die Kunden der Kunden erfasst werden sollen.
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2.) Chief Innovation Officer: In immer rasanterem Tempo rollen Innovationswellen auf die Anwender zu - und das nicht nur aus den asiatischen Wachstumsmärkten Indien und China. Neue Ideen sind nicht mehr die alleinige Sache einer kleinen Elite, in Zeiten des World Wide Web kann jeder das nächste große Ding starten. Das Magazin "Time" taufte das Phänomen auf den Namen "open source innovation". Der CIO ist derjenige, der die Wellen kanalisieren muss. Er öffnet die Schleusen und spült Innovationen ins Unternehmen.
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3.) Chief Irritation Officer: Jede Organisation braucht jemanden, der sie herausfordert. Jemanden, der den Status quo zwar respektiert, aber auch in Frage stellt. Jemanden, der das Gleichgewicht zwischen technisch Möglichem und wirtschaftlich Machbaren verändert. Dieser wichtige Störenfried ist in aller Regel der CIO.
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4.) Chief Identity Officer: Ein guter CIO zu sein, bedeutet auch, Identitäten zu managen. Was das bedeutet? Wacker erklärt es am Beispiel der "Right6": Die richtige Person zu kennen und in der richtigen Form mit der richtigen Information am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt zu versorgen, damit am Ende das richtige Ergebnis steht - so lautet die Aufgabe.
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5.) Chief Inoculation Officer: Firmen müssen geimpft werden - gegen Viren, Würmer und andere Schädlinge. Für die Vorsorge ist der CIO ebenso verantwortlich wie für die Therapie, wenn die Unternehmens-IT trotz aller Mühen einmal verseucht ist und sich schnell erholen muss. Darüber hinaus sollte er ein forschender Mediziner sein, der den Überblick über neue Security-Prozesse, -Tools und -Techniken behält und den Vorstand von ihrem Nutzen überzeugt.
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6.) Chief International Officer: Auch wenn der COO hauptverantwortlich für die internationalen Beziehungen ist, muss der CIO die in einem global tätigen Unternehmen nötige IT-Infrastruktur managen und Gesetze sowie spezifische Risiken überall auf Welt kennen. Dabei schlüpfen die IT-Manager laut Wacker abwechselnd in die Rollen von Anwälten, Politikern, Technikern und Geschäftsleuten.
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7.) Chief Investigate Officer: Moore’s Law sagt in anderthalbjährigen Rhythmus eine Verdopplung der Computer-Leistung voraus, Edholm’s Law eine Verdopplung der Kommunikationsleistung alle sechs bis neun Monate. Die technologische Entwicklung schreitet in Siebenmeilenstiefeln voran - der CIO muss sie immer wieder einholen und ins Unternehmen befördern, wenn es wirtschaftlich sinnvoll erscheint.
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8.) Chief Information Officer: Das waren CIOs zwar von Anfang an, doch auch das Kerngeschäft ist nicht mehr so überschaubar wie einst. Wacker unterfüttert diese These mit eindrucksvollen Zahlen: 2004 sagte eine EMC-Studie voraus, dass die Menschheit allein in den kommenden drei Jahren mehr Informationen generieren werde als in den 4.000 Jahren zuvor zusammen - also seit den alten Ägyptern. Die Unterhaltungs- und Rundfunk-Industrie verfügt schätzungsweise über sechs Zettabyte an Inhalten. Ein Zettabyte entspricht zehn hoch 21 Byte. Würde man diese Datenmenge auf Single-Density-DVDs brennen, reichte der Stapel einmal zum Mond und zurück. Ein CIO, der die Entscheidungsprozesse im Unternehmen unterstützen soll, schwimmt heute in einem Ozean aus Meta-Informationen.
Drei Rollen sollte ein CIO indes nicht spielen, warnt Wacker: erstens die des trägen Chief Inertia Officers, zweitens die des alles verhindernden Chief Impediment Officers und drittens die des notorischen Chief Inefficiency Officers.
Jeff Wacker beschreibt die komplexen Rollen des CIOs im EDS-Whitepaper "The Future. Multidimensional CIO".