Demnach wandelt sich die Rolle der IT-Abteilung und des CIOs im Unternehmen schneller als erwartet. Die Optimierung von Geschäftsprozessen steht auf der CIO-Prioritätenliste bereits im zweiten Jahr an oberster Stelle.
Dafür gibt es seitens des Managements klare Vorgaben. CIOs sollen sich weg vom abteilungsinternen Tagesgeschäft hin zur Pflege von Kundenbeziehungen, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und einer unternehmensweiten Verbesserung der Effektivität orientieren.
Keine leichte Aufgabe, wie Marcus Blosch, Vizepräsident und Research Director für die Gartner Executive Programs (EXP), weiß. Viele CIOs könnten das nur durch "Learning by doing" erreichen, sagte er im Gespräch mit CIO-Online.
Geschäftsprozesse, die unbekannte Größe
Doch hätten die IT-Verantwortlichen beste Voraussetzungen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden: "Sie haben Erfahrung im Analysieren und im Modelling". Etwas anders sieht es nach seinen Beobachtungen auf Seiten der Unternehmensleitung aus:
"Geschäftsprozesse sind für viele Manager immer noch eine unbekannte Größe. Deshalb stützen sie sich auf die IT, weil sie hoffen, dadurch ihre Firma effizienter machen zu können".
Die befragten rund 1.400 CIOs nehmen diese Herausforderung offensichtlich an. Wie Blosch erläuterte, übertragen sie zunehmend ihren Part in Sachen Technologie auf einen Chief Technical Officer (CTO). Dadurch könnten sie sich mehr auf ihre Management-Aufgaben konzentrieren.
Allerdings warnt der Gartner-Analyst davor, mit allzu schnellen Veränderungen im Firmengefüge zu rechnen: "Es dauert, bis sich der CIO auf diesem Feld eine Vertrauensbasis geschaffen hat", sagte er.
Die Informationswertschöpfungskette
Eine besonders wichtige vertrauensbildende Maßnahme seitens der IT-Manager ist für Blosch der Aufbau einer "Informationswertschöpfungskette". Darunter versteht er die strategische Beschaffung und Auswertung von Informationen aus allen Bereichen, die das Unternehmen betreffen.
"Manager treffen ihre geschäftsrelevanten Entscheidungen häufig aufgrund von Informationen, die nicht aus ihrem eigenen System stammen", sagte er. Eine Aufgabe des CIOs sei es, herauszufinden, welche Informationen für den Geschäftsprozess relevant seien, wo sie herstammten und wer sie wie nutze.
Das sehen die befragten IT-Entscheider ähnlich: Zwei Drittel glauben, dass die Mitbewerber ihrer Firma Informationen besser zum Nutzen des Unternehmens und der IT einsetzen.
Gartner sieht daher eine Herausforderung für 2006 darin, Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen der IT und dem Unternehmensbereich dynamischer zu gestalten. Sie sollten sich mehr an Erfordernissen des laufenden Geschäfts als an jährlichen Planungszyklen orientieren.
Als weitere Herausforderungen haben die Befragten folgende Punkte genannt.
Aufbau von IT-Business-Qualifikationen
70 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sie sich weiter qualifizieren müssen, um ihr erweitertes Aufgabenspektrum erfüllen zu können.
Größere Nähe zum Kunden
Zwei Drittel aller CIOs sehen ironischerweise gerade im Alltagsgeschäft das Haupthindernis für eine wirtschaftlich agierende IT. Effektiv ist es für sie, in die Geschäftsabläufe eingebunden zu sein. Firmen, die einen größeren Marktanteil in ihrem Segment erreichen wollen, investieren demnach in die IT.
Diese Unternehmen wollen Informationen besser verwerten, ihre eigenen Alleinstellungsmerkmale hervorheben sowie Kunden gewinnen und halten. Die Aufgabe des CIOs für 2006 beschreibt Gartner in diesem Bereich so:
"IT und Management müssen sich davon verabschieden zu fragen, was die IT für den Geschäftsablauf tun kann. Sie müssen vielmehr dazu übergehen, sich zu fragen, wie sie ein Problem gemeinsam lösen können".
Moderates Wachstum bei den IT-Budgets
Ob sich die Prioritätenliste 2006 realisieren lässt, hängt auch an den vorhandenen IT-Budgets. Insgesamt gesehen, rechnen die IT-Manager mit einem Wachstum von 2,7 Prozent. Das wäre die dritte sehr bescheidene Steigerungsrate hintereinander. Zu Jahresanfang 2005 gingen die CIOs von einer 2,5-prozentigen Erhöhung aus.
Deutsche IT-Verantwortliche haben geringere Erwartungen an die ihnen zur Verfügung stehenden Geldmittel als ihre Kollegen. Sie rechnen damit, dass ihre Etats nur um 2,3 Prozent steigen. Allerdings gingen sie im Vorjahr mehrheitlich von sinkenden Budgets aus.
Für sie steht ebenso wie für alle anderen CIOs die Verbesserung der Geschäftsprozesse auf Platz eins. Auf Platz zwei haben sie den Ausbau der Kundenbeziehungen und auf Platz drei die Kostenkontrolle gesetzt.
Mit steigenden Etats wollen CIOs weltweit auch auf technologischer Seite ihre wichtigsten Vorhaben umsetzen. Dazu gehören die Implementierung von Business-Intelligence-Lösungen und Sicherheitstechnologien. Service-orientierte Architekturen stehen erst auf Platz sechs der Liste. Deutsche CIOs haben Sicherheit auf Platz neun gesetzt. Für Gartner ein Zeichen dafür, dass Security nicht länger ein Business-, sondern ein technisches Thema ist.
Für "The CIO 2006 Agenda" befragte Gartner rund 1.400 CIOs in 30 Ländern weltweit. Sie verfügen insgesamt über ein IT-Budget von rund 90 Milliarden US-Dollar.