59 Prozent der deutschen Unternehmen erlauben, dass Mitarbeiter am Arbeitsplatz privat das Internet nutzen. Sie lassen beispielsweise zu, dass ihre Angestellten private E-Mails abrufen oder Nachrichtenseiten besuchen. Das geht aus einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom hervor, für die mehr als 800 CIOs, Datenschutzbeauftragte und Geschäftsführer befragt wurden.
Im Gegenzug verbietet ein knappes Drittel der Arbeitgeber (30 Prozent) seinen Mitarbeitern privates Surfen komplett, in elf Prozent der Unternehmen gibt es gar keine Regelung für die private Internetnutzung am Arbeitsplatz. Jedes vierte Unternehmen erlaubt die private Internetnutzung nur unter Auflagen und setzt dabei zum Beispiel technische Filter oder Einschränkungen ein. Arbeitgeber sperren dann beispielsweise bestimmte soziale Netzwerke und wollen so die Online-Aktivitäten ihrer Mitarbeiter reglementieren.
Mehrheit auch nach Dienstschluss für den Chef erreichbar
Zwei Drittel der Angestellten in deutschen Unternehmen surfen nach Bitkom-Angaben während ihrer Arbeitszeit privat, und nach Meinung des Branchenverbands ist das auch gut so. Denn so wie das Private ins Büro schwappt, ist es auch umgekehrt. Neun von zehn Arbeitnehmern seien notfalls auch nach Dienstschluss für Kollegen, Kunden und Vorgesetzte erreichbar, sodass beide Seiten von einer flexiblen Regelung profitieren, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Handhabung der Arbeitgeber mit der privaten Internetnutzung auch von der Unternehmensgröße abhängt. Große Unternehmen handhaben die private Internetnutzung strenger als kleinere. Firmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro erlauben ihren Angestellten das private Surfen nur zu 13 Prozent ohne Einschränkungen, 56 Prozent untersagen es komplett. Kleine Unternehmen verzichten häufig aus Kostengründen auf solche Einschränkungen. Jede zweite Firma (49 Prozent) mit einem Umsatz von weniger als einer Million Euro gestattet das Surfen uneingeschränkt, nur 26 Prozent sprechen ein vollständiges Verbot aus. Bitkom vermutet den Grund für diese Unterschiede darin, dass Konzerne eher über die Ressourcen und das Know-how verfügen, IT-Richtlinien festzulegen und technisch zu kontrollieren.
Wer im Unternehmen noch keine Regelung zur privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz etabliert hat, sollte das nach Empfehlung von Bitkom nachholen. Tue man dies nicht, drohen arbeitsrechtliche Probleme und man gefährde Datenschutz und IT-Sicherheit. Der Branchenverband rät zur Umsetzung im Arbeitsvertrag, in einer Richtlinie oder in einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat. Um die IT-Sicherheit zu erhöhen, brauche es darüber hinaus einheitliche Sicherheits-Standards, die von der IT-Abteilung kontrolliert werden können, so Bitkom.
Mitarbeiter von AT Kearney zum privaten Surfen aufgefordert
Bei der Unternehmensberatung AT Kearney beispielsweise dürfen die Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit privat im Internet surfen, zum Beispiel bei Facebook. Das Management unterstützt dies ausdrücklich - es mache die Angestellten zufriedener und glücklicher, lautet die Begründung. Auch über die Produktivität der Mitarbeiter macht man sich bei AT Kearney keine Gedanken, berichtet einer der US-Angestellten im Interview mit unserer amerikanischen Schwesterpublikation Computerworld. Außerdem hat man bei AT Kearney die Erfahrung gemacht, dass diese Einstellung zu sozialen Netzwerken beim Recruiting sehr positiv auf junge Talente wirkt. Es zeige, dass man im Unternehmen mit neuen Technologien Schritt halte.
Allerdings muss man dazusagen, dass die Berater bei AT Kearney wohl keine 40-Stunden-Woche im Büro verbringen. Ein Mitarbeiter berichtet Computerworld, dass es oft mindestens zwölf Stunden sind und auch mal 15 werden können. Der Umgang mit sozialen Netzwerken sei auch deshalb so locker, damit die Angestellten im Büro nicht völlig von der Realität abgeschnitten seien und in Kontakt mit Freunden und ihrer Familie treten können.
Basis der Bitkom-Zahlen ist eine Erhebung des Instituts Aris im Auftrag des Branchenverbands. Dabei wurden mehr als 800 IT-Verantwortliche, Datenschutzbeauftragte und Geschäftsführer von Unternehmen unterschiedlicher Branchen befragt.