Die im Zuge der Euro- und Staatsschuldenkrise unsichere Wirtschaftslage mit deutlich gedämpften Wachstumsperspektiven wird sich wenig überraschend im kommenden Jahr auch auf die IT-Budgets deutscher Unternehmen auswirken. Wie aktuelle IDC-Studien allerdings zeigen, sind IT-Entscheider hierzulande trotz allem deutlich optimistischer gestimmt als ihre Kollegen im westeuropäischen Ausland. IDC prognostiziert auf Basis der derzeit vorliegenden Konjunkturprognosen nur geringe Kürzungen der IT-Budgets in Deutschland.
Als Reaktion auf die nervöse Wirtschaftslage werden sich vielerorts Entscheidungen über den Abschluss neuer Projekte im Bereich Beratung und Systemintegration verzögern und Projektlaufzeiten verkürzen. Die IT verringert auf diese Weise ihre Investitionsrisiken und bewahrt sich die nötige Handlungsfähigkeit, um auf mögliche veränderte Wirtschaftsszenarien in den kommenden Monaten flexibel reagieren zu können.
Die Kürzungen im Projektgeschäft werden nach den Erwartungen von IDC jedoch nicht so stark ausfallen wie in der zurückliegenden Wirtschaftskrise im Jahre 2009. Zudem gibt es künftig viele Bereiche, in die es sich zu investieren lohnt. Hierzu zählen etwa Cloud Computing, aber auch Projekte rund um die Rationalisierung und Standardisierung - insbesondere der zum Betrieb der Unternehmensanwendungen erforderlichen Infrastruktur, etwa um die Betriebskosten zu reduzieren und die Beweglichkeit im Sinne von Agilität zu erhöhen.
Eine kleiner Teil der Unternehmen - IDC geht von etwa einem Drittel aus - wird seine Ausgaben für Outsourcing und projektorientierte Services trotz oder gerade wegen der gedämpften Wirtschaftserwartungen im Jahr 2012 steigern. Die IT-Leiter dieser Organisationen verfügen über die notwendigen finanziellen Mittel, aber auch den erforderlichen Weitblick und können zudem auf die volle Rückendeckung der Geschäftsleitung setzen.
Besagte Firmen haben das Potenzial der IT erkannt und dies bedeutet eben nicht nur die Senkung der eigenen operativen IT-Kosten, sondern die Möglichkeit, mit Hilfe von IT und den dazugehörigen Dienstleistungen die Geschäftsprozesse zu straffen und somit ihr Kerngeschäft deutlich flexibler zu unterstützen.
Outsourcing spielt ein wichtige Rolle
Dabei investieren die CIOs hier sehr gezielt: Outsourcing spielt ein wichtige Rolle, denn mit der Erfahrung und den innovativen Services externer Dienstleister können Unternehmen die genannten Ziele leichter erreichen. Weitere wichtige Investitionsbereiche in den kommenden Monaten sind CRM-Applikationen zur Vertriebsunterstützung und Collaboration-Tools zur effizienteren Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern, Partnern und Kunden. Aber auch die Virtualisierung von Rechenzentren und das IT-Dauerthema Security stehen auf der Agenda der CIOs weit oben.
Disruptive Technologien, die in innovativen Organisationen im Jahr 2012 immens an Bedeutung gewinnen werden, sind Mobiliät, Cloud Services, Tools zur Analyse von Big Data und - zumindest in Großunternehmen -die Etablierung interner sozialer Netzwerke.
Im Applikationsumfeld erwartet IDC, dass sich im Jahr 2012 umfangreiche und langwierige Transformationsprojekte von Legacy-Anwendungen verzögern oder teilweise sogar vorübergehend gestoppt werden. Aufgrund der ungewissen Wirtschaftsentwicklung rückt der kurzfristige ROI (Return on Investment) erneut in den Mittelpunkt. IT-Leiter werden beispielsweise als eine Maßnahme dazu übergehen, die risikoreiche Ablösung von Altsystemen einzuschränken. Stattdessen werden im Applikationsumfeld die Themen Virtualisierung und die Migration von neuen - immer häufiger cloud-basierten - Applikationen verstärkt an Bedeutung gewinnen.
Applikationsmodernisierung
Im Rahmen dieser Applikationsmodernisierung sind cloud-basierte Testing-Services und Automatisierungstools erforderlich, denn auch sie versprechen Qualitätssteigerungen bei gleichzeitiger Kostenreduzierung. Auch im Jahr 2012 wird Cloud Computing, egal ob private, public oder hybrid, eines der beherrschenden Themen bleiben. Dabei müssen Cloud Services mit der herkömmlichen IT-Landschaft integriert, Infrastruktur-Architekturen angepasst und hybride Cloud-Umgebungen effizient betrieben werden.
IDC beobachtet, dass es hier in vielen IT-Abteilungen der Unternehmen noch an Erfahrung fehlt, entsprechend hoch ist der Bedarf an externer Beratung. Professional Services rund um das Thema Cloud Computing werden deshalb im kommenden Jahr der am schnellsten wachsende Bereich im gesamten IT Services Markt sein.
Konsumerisierung ist mehr als iPad
Konsumerisierung war 2011 bereits ein heiß diskutiertes Thema, daran wird sich auch im kommenden Jahr nicht viel ändern. Es geht hierbei bei weitem nicht nur darum, dass die Geschäftsleitung ihr iPad auch im Büro nutzen möchte. Immer mehr Mitarbeiter wollen von den Vorteilen der neuen und intuitiv zu bedienenden Geräte, die sie in ihrer Freizeit ganz selbstverständlich einsetzen, auch im Berufsleben profitieren - weil es ihre Mobilität steigert und sie dadurch flexibler werden.
In den Unternehmen entsteht allerdings so oftmals ein moderner, aber gleichermaßen heterogener Wildwuchs an Devices. Dies birgt natürlich Risiken: Die Sicherheit der Geräte und der darauf befindlichen Daten muss gewährleistet, Handlungsanweisungen etabliert, gesetzliche Regularien müssen eingehalten und die Privatsphäre der Nutzer geschützt werden. Eine Herausforderung für jeden IT-Verantwortlichen.
Die explodierenden Datenmengen führen zu Investitionen in Storage, Datenbanken, Virtualisierung von Rechenzentren und insbesondere in Analyse Tools für die sogenannte "Big Data". Letztere sollen Fachabteilungen und Geschäftsführung darin unterstützen, aus unstrukturierten Daten - und das sind immerhin geschätzte 90 Prozent aller verfügbaren Daten in den Firmen - verwertbare Informationen zu generieren.
IT-Tools für Big Data dringend gebraucht
Unternehmen im B2C-Umfeld sind aufgrund der zunehmenden Nutzung von sozialen Netzwerken und des Internets besonders betroffen. Die Geschwindigkeit, mit welcher dabei neue Datenwellen erzeugt und die Unternehmen damit regelrecht überschwemmt werden, ist enorm. Die IT-Abteilung ist hierbei gefordert, durch IT-Tools "Big Data" in verwertbare Informationen zu transformieren, die dem Management als wertvolle Entscheidungshilfe dienen können.
Fazit
IT-Entscheider werden sich in den nächsten Monaten darauf konzentrieren, ihre Budgets möglichst risikoarm und vor allem in Bereiche zu investieren, die einen schnellen Return on Invest (ROI) versprechen. Im Fokus steht dabei klar die Erhöhung der IT-Agiliät, Maßnahmen zur Standardisierung und Modernisierung der Infrastruktur stehen daher auf der Agenda der CIOs weiterhin ganz oben.
Cloud Computing in all seinen Facetten - private, public, hybrid oder als Bestandteil von Outsourcingverträgen -bleibt weiterhin ein wichtiges Thema. Bislang konnten IT-Abteilungen noch wenig Erfahrungswerte bei der Migration, Integration und Management von Cloud-basierten und herkömmlichen IT-Landschaften sammeln, von daher sind sie 2012 verstärkt auf externe Beratung und die Nutzung von Cloud Services über IT-Services Provider angewiesen.
Hinzu kommen Aspekte, die von außen angestoßen werden; dazu gehören insbesondere die Konsumerisierung der IT und die Bewältigung der riesigen Datenflut. Diesen Herausforderungen müssen sich die CIOs in den kommenden 12 Monaten und darüber hinaus stellen. Dabei warten nicht nur viel Arbeit auf die IT-Entscheider, sondern auch die Chance, 2012 einen größeren Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten.
Matthias Kraus ist Research Analyst bei IDC in Frankfurt.