Outsourcing wird immer wieder als "Allheilmittel" zur Realisierung von Kostenreduktionen gepriesen. Die Auslagerung von Unternehmensleistungen ist aber nicht automatisch vorteilsbehaftet und kann sich zum "Eigentor" entwickeln.
Dies lässt sich vor allem auf zwei Ursachen zurückführen: Zum einen kommt es vor, dass mögliche Outsourcing-Optionen im Vorfeld des eigentlichen Auslagerungsprojektes nicht angemessen analysiert und bewertet werden, zum anderen kann es bei der Umsetzung hapern.
Management-Entscheidungen hinterfragen und gegensteuern
Der Umstand, dass Outsourcing seit Jahren als Instrument zur Realisierung von Kostenreduktionen erfolgreich eingesetzt wird, führt bisweilen zu dessen unreflektierter Anwendung. Allzu oft und wie selbstverständlich "purzeln" Auslagerungsprojektanweisungen aus Sitzungen der Managementetagen heraus.
Hier ist Vorsicht geboten. Bei unzureichender Analyse kann es zu schwerwiegenden Fehlern kommen, die Verbesserungen im gewünschten Ausmaße verhindern:
-
1. Zu kleiner Auslagerungsumfang:
Insbesondere in Bezug auf Unternehmensbereiche, für die ein Outsourcing bestimmter Services relativ neuartig ist, besteht die Tendenz, den Auslagerungsumfang zu klein "zu schneiden". Fixkostenblöcke werden aufgrund zu geringer Einsparungshebel nicht überkompensiert. Auch wenn es sinnvoll sein kann, über kleinere Auslagerungsvorhaben bestimmte Unternehmensbereiche an den Outsourcing-Gedanken zu gewöhnen, müssen nach detaillierterer Betrachtung nicht lohnenswerte Projekte konsequent gestoppt werden.
-
2. Überschätzung der Outsourcing-Anbieter:
In vielen Branchen sind Standarddienstleistungen längst an externe Unternehmen ausgelagert worden. Viele Unternehmen beschäftigen sich vielmehr mit der Auslagerung komplexerer und facettenreicherer Geschäftsprozesse. Hierbei darf die Leistungsfähigkeit der Anbieter nicht überschätzt werden. Im Vorfeld einer Outsourcing-Entscheidung ist kritisch zu prüfen, inwieweit am Markt agierende Anbieter – alleine oder in Kombination mit anderen Anbietern –- in der Lage sind, die geforderte Qualität zu erbringen.
-
3. Unterschätzung der Outsourcing-Anbieter:
Auch die Unterschätzung der Leistungsfähigkeit von Outsourcing-Anbietern kommt immer wieder vor. Sie tritt etwa in Unternehmensbereichen auf, die bisher nur in relativ geringem Maße mit Outsourcing Erfahrungen sammeln konnten und über Jahre hinweg ohne externe Reflexion Arbeitsstrukturen aufgebaut haben. Eine übersteigerte Skepsis kann die Folge sein. Gerade im Kontext von in der Branche bereits vielfach ausgelagerten Leistungsbereichen sollte – etwa durch externe Unterstützung – diesbezüglichen Befürchtungen gezielt entgegengewirkt werden, um die Bewertung möglicher Alternativen nicht unnötig fachlich-subjektiv "zu trüben".
Kommunikation, Technologie und Rechtsfragen sind keine Selbstläufer
Zwar managen viele Unternehmen mit zunehmender Outsourcing-Erfahrung solche Vorhaben immer erfolgreicher. Doch existieren nichtsdestotrotz Bereiche, die erfahrungsgemäß auch bei einer langjährigen Auslagerungshistorie immer wieder intensiv behandelt werden müssen und individueller, fallbezogener Lösungen bedürfen:
-
4. Klare und frühzeitige Personalkommunikation:
Hierbei gilt es nicht nur, die Haltung des Betriebsrats zu berücksichtigen und offizielle Kommunikationsrichtlinien einzuhalten. Im Sinne einer erfolgreichen Umsetzung des Auslagerungsprojekts ist durch eine konsistente und frühzeitige Mitarbeiterkommunikation zu gewährleisten, dass erfolgskritisches Wissen und grundlegende Fähigkeiten nicht "abfließen".Getrieben durch Unsicherheit und Gerüchte oder durch eine als zu gering empfundene Attraktivität des potenziellen neuen Arbeitgebers können Mitarbeiter demotiviert werden und unter Umständen sogar das Unternehmen verlassen. Durch eine rechtzeitige Mitarbeiterkommunikation kann hier vorgebeugt werden, um den Erfolg des Auslagerungsvorhabens nicht "aufs Spiel" zu setzen.
-
5. Umfassende Handhabung fachlich-technologischer Fragen:
Die zugrunde liegende Technologie und damit einher gehende Fragestellungen der Integration und des Transfers betroffener Systeme sind meist wesentliche Komplexitätstreiber für die Auslagerung und beinhalten gefährliche "Fallstricke". Ein permanentes und vollumfängliches Hineindenken ist erforderlich, um dieser Komplexität Herr zu werden. Hierfür ist der notwendige fachliche Input sicherzustellen. Dabei wird häufig außer Acht gelassen, auch bestehende externe Anbieter frühzeitig zwecks stärkerer fachlicher Fundierung zu involvieren.
-
6. Klärung rechtlicher/vertraglicher Fragestellungen von Beginn an:
Dass trotz aller geschäftlicher Zielsetzungen eines Auslagerungsvorhabens der rechtliche Rahmen einzuhalten ist und dieser zum "Showstopper" avancieren kann, ist keine bahnbrechende Erkenntnis. Nichtsdestotrotz werden die zuständigen Rechtsabteilungen immer wieder nicht von vornherein intensiv einbezogen. Dies ist allerdings notwendig. Gerade die Prüfung bestehender Verträge kostet viel Zeit und birgt entscheidende Implikationen für den Business Case – etwa in Form fälliger Zusatzzahlungen bei notwendigem frühzeitigem Vertragsausstieg.Zudem muss die Rechtsabteilung bei den eigentlichen Vertragsverhandlungen eine federführende Rolle einnehmen, um diese schlussendlich in einem vorteilsbehafteten Outsourcing-Vertrag münden zu lassen. Hierfür hat sie im Vorfeld die notwendigen Zulieferungen durch die übrigen Projektteams sicherzustellen.
Fazit
Um die Auslagerung von Dienstleistungen nicht zum "Eigentor" werden zu lassen, sind potenziell erfolgsmindernde Effekte vor allem in zwei Bereichen zu adressieren: Unternehmen müssen den Mut haben, Richtungsvorgaben des Managements im Vorfeld einer Outsourcing-Entscheidung, insbesondere mit Blick auf den Auslagerungsumfang und die Überschätzung/ Unterschätzung möglicher Anbieter, kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu revidieren. Bei der Umsetzung von Auslagerungsprojekten sind überdies insbesondere personalspezifische, technologische und rechtliche Aspekte immer wieder neu und individuell zu behandeln.
Peter Ratzer ist Partner bei Deloitte.