Michael Seiger, CTO beim Gütersloher Unternehmen Lycos, stellte zu Beginn des zweiten Tages drei Thesen zur Zukunft der Office-IT auf:
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Der Desktop wird zum Lifetop. Soll heißen, die Mitarbeiter benutzen künftig ihren PC oder Laptop verstärkt für geschäftliche aber auch private Zwecke.
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Sourcing: Software as a Service (SaaS) verändert die Betreibermodelle so stark, dass bisherige Lizenzmodelle ihre Daseinsberechtigung verlieren.
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Beim Outsourcing treten Service-Qualität und Flexibilität deutlich stärker in den Vordergrund, dagegen verliert der Kostenaspekt an Bedeutung. Der Tunnelblick auf die Kosten reiche nicht mehr aus, wenn Qualität und Service nicht stimme, betonte Seiger.
Uni Freiburg betreibt VoIP mit offenen Standards
Gerhard Schneider, Direktor am Rechenzentrum und Professor am Lehrstuhl für Informatik an der Universität Freiburg, ging anschließend in seinem Vortrag "Kommunizieren mit offenen Standards" auf die Universitätskommunikation von Morgen ein. Fazit: Zur Kommunikation wird auch in Zukunft das Telefonieren gehören, auch wenn es etwas hausbacken klinge.
In Einzelschritten migrierte die Uni ihre Telefone auf IP. Zugleich installierte die Hochschule inzwischen 400 Acces-Points auf dem Campus und band das WLAN an die Telefonie an.
Dabei setzte Schneider auf einen offenen IP-PBX-Standard für die VoIP-Infrastruktur. "Was wir in unseren Vorlesungen predigen, sollten wir auch machen", sagte er. Wichtig war es ihm deshalb, dass der Gerätehersteller der Telefone mit seinem SIP-Protokoll nicht vom Standard abwich - sprich nicht proprietär war.
Solange ein Hersteller mit offenen Standards arbeitet, braucht man nicht gleich auf Linux oder andere offene Software zu gehen. Und wenn es mit dem Anbieter zu ernsten Schwierigkeiten kommt, dann kann ein Unternehmen dank offener Standards sofort wechseln.
BASF - EAM sukzessive einführen
Norbert Falck, CIO bei BASF IT-Services lieferte in seinem Vortrag eine "schmerzfreie" leichte Praxiseinführung in das Thema Enterprise Architecture Management (EAM).
Der Top-Down-Ansatz empfehle sich nicht bei EAM, weil der Weg zu unsicher sei und zu lange dauere. Sprich: Die Genehmigung vom Management macht diese unsichere Ausgangslage sehr unwahrscheinlich.
Deswegen lautete Falcks Fazit aus eigener Erfahrung: Eine EAM-Einführung funktioniert, wenn man sukzessive vorgeht. Ohne große Genehmigungsverfahren, ohne großen Widerstand und ohne große Schmerzen.
CIO Pikl: "Wer zentralisiert und standardisiert braucht auch kein SOA"
CIO Kurt Pikl von der Fritz Egger GmbH zog ein Fazit nach 40 Jahren IT-Verantwortung. Er forderte die CIOs auf, öfter Widerstand zu leisten und Selbstbewusstsein zu zeigen.
Internationalität bedeutet bei Egger, dass das Unternehmen fast alle SAP-Module einsetzt. Zentralisierung ist dafür entscheidend. "Wer zentralisiert und standardisiert braucht auch kein SOA", so Pikl.
Auch gebe es in der IT mittlerweile alles, was ein Unternehmen braucht. Weitere Hypes sollten CIOs nicht aufsitzen. Daher plädierte er dafür, das Vorhandene endlich richtig zu nutzen.
Allerdings müssten die Partner gut miteinbezogen werden. Wenn man das nicht schafft, dann ließen sich auch die eigenen Prozesse nicht verbessern. Große Anbieter sollten endlich Schnittstellen schaffen, damit verschiedene Systeme ohne teuren Aufwand zusammenarbeiten können. Vor allem über die Unternehmensgrenzen hinweg, wo oft mittelständische Partner sind, die auch mithalten können müssen.
"Innovationen, die sich mit einem ROI rechnen, funktionieren nicht", provozierte Pikl. Seiner Überzeugung nach liegt es im Wesen von Innovationen, dass sie auch immer das Risiko des Scheiterns bergen. Und dieses Risiko sollten CIOs selbstbewusst eingehen.
Nicht zuletzt forderte Pikl die CIOs auf, sich darauf zu besinnen, ihre eigenen Mitarbeiter zu fördern und ihnen interessante Projekte zu geben. Denn nichts zuletzt seien die Mitarbeiter das wichtigste Kapital des Unternehmens.
Deutsche Bank im Change-Prozess
Wolfgang Gaertner, CIO Personal and Corporate Banking bei der Deutschen Bank, referierte über die Herausforderungen für Management und Mitarbeiter in IT und Operations einer globalen tätigen Bank.
Zwei Herausforderungen bestimmen laut Gaertner die Aufgaben eines Bank-CIOs: Die unbedingte Abhängigkeit einer Bank von der IT. Und zweitens, flexibel zu bleiben und sich den ständigen Veränderungen des Marktes anzupassen. Das heißt aktuell, die Wachstumsziele der Bank zu unterstützen.
Das ist nicht ganz einfach, denn in den vergangenen Jahren bestand die Arbeit und das Denken darin, die Kosten zu senken. Kreativität und Innovationen blieben auf der Strecke. Jetzt müssten die Mitarbeiter wieder umdenken, so Gaertner - ein nicht ganz einfacher Prozess.
Auf der Agenda steht nun, die Plattform so auszubauen, dass sie auf künftige und heute noch nicht bekannte Anforderungen schnell reagieren kann.
Ein neu geschaffenes IT-Operating-Modell soll die IT flexibler machen, denn daran hakt es noch. Das wenig bescheidene Ziel heißt: Flexibilität und Weltklasse in der Funktion schaffen. Allerdings musste dafür der Silo-Egoismus innerhalb der IT aber auch zwischen IT und Business aufgebrochen werden.
Dieser Prozess bringt Chancen für Mitarbeiter und Manager. Projektarbeit über die Ländergrenzen hinaus, mit anderen Abteilungen und anderen Kulturen fördert die Motivation. Aber auch kommerzielles Denken wird verlangt - und gelernt. Mitarbeiter wie Manager werden immer wieder mit der Frage konfrontiert, würden sie eine Entscheidung auch privat für sich treffen. Gaertner gibt zu, dass dieser Prozess nicht immer ganz einfach war. Das fordere auch das Engagement des CIOs, denn er muss sein Team motivieren, um das Unternehmen voranzubringen.
Schenker tanzt Tango
CIO Peter Schumann von der Schenker AG schloss den Vormittag ab. Er sprach über die IT-Organisation im Zeitalter der Globalisierung.
Die vergangenen Jahre bestimmten Firmenübernahmen das Business bei Schenker. Insbesondere mit der Übernahme des US-Unternehmens BAX im Jahre 2006 avancierte Schenker endgültig zu einem international tätigen Unternehmen. Für die IT hieß das, die Heterogenität zu managen und die Unternehmen zu integrieren.
Unter anderem hat Schenker das zentrale Projekt "Tango" gestartet. Damit will die Bahntochter ein weltweit einheitliches Luft- und Seefrachtsystem bauen, das 60 Einzelsysteme ablösen soll. Inzwischen ist der erste Pilot eines Kernsystems live gegangen.
Besonderen Wert legte Schumann auf die Zusammensetzung seines Projektteams. Etwa 150 Leute sammelte der CIO dafür aus allen Bereichen seines Konzerns zusammen. Um die Besten zu bekommen, reiste er persönlich an, um die Leute zu begeistern. Die Organisation arbeitet vor allem virtuell und nutzt dafür alle technischen Mittel wie Telefon- Web- und Videokonferenzen.
Globale Zusammenarbeit ließe sich erfolgreich gestalten, wenn man die Organisation intelligent aufsetzt und die technischen Mittel nutzt, sagte Schumann.