Gute Gegengründe der IT-Chefs

CIOs sollten heilige Kühe schlachten

20.02.2012 von Andrea König und Tom Kaneshige
Konservative CIOs laufen Gefahr, sich und ihre IT-Abteilung überflüssig zu machen. Ein zukunftsorientierter CIO sollte auch risikofreudig sein.

Tom Kaneshige von unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com ist fest davon überzeugt, dass CIOs heute mit Traditionen und Denkweisen à la "Das hat bisher auch so funktioniert" nicht weit kommen. Wer als IT-Verantwortlicher fortschrittliche Apps für iPads und andere mobile Endgeräte im Unternehmen einführen möchte, soll seiner Meinung nach mit Traditionen brechen und für den Mobile-Erfolg auch die heiligen Kühe schlachten.

Erste heilige Kuh: das Nein-sagen

Zukunftsorientierte CIOs sollten risikofreudiger sein als ihre konservativen Kollegen.
Foto: INFINITY - Fotolia.com

Rob Duchscher, CIO beim US-amerikanischen Hörgerätehersteller Starkey, hat vor seiner heutigen Tätigkeit elf Jahre lang in der Forschung und Entwicklung gearbeitet. Dort erlebte er immer wieder, wie die IT-Abteilung seine innovativen Vorschläge mit einem "Nein" abschmetterte.

Duchscher fand Wege, die IT-Abteilung zu umgehen und ist mit dieser Geschichte nicht der einzige. Sein Rat: CIOs sollten auf Vorschläge positiver reagieren, sonst werden sie zukünftig nicht mehr einbezogen. Gerade beim Thema Apps können sie den Fortschritt in ihrem Unternehmen möglich machen und sollten ihn nicht blockieren.

Zweite heilige Kuh: der ROI

Viele CIOs wollen sich auf neue Projekte erst dann einlassen, wenn sich der gewünschte ROI quantifizieren lässt. Starkey-CIO Duchscher beispielsweise hat keine ROI-Schätzungen vorgenommen, als er mehr als 100 seiner Sales-Mitarbeiter mit iPads ausgestattet hat. Er weiß nicht, ob das iPad den Verkauf angekurbelt hat und will es auch gar nicht unbedingt wissen. Duchscher verfolgte dabei vielmehr den Gedanken, dass das iPad im Kundenkontakt das Image des Hörgeräteherstellers als innovatives und zukunftsorientiertes Unternehmen stärken würde.

Dritte heilige Kuh: Start-Ups aussperren

Die berühmte heilige Kuh.
Foto: JeremyRichards - Fotolia.com

Tom Kaneshige von unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com beobachtet immer wieder, wie misstrauisch CIOs gegenüber Startups sind. Die einen lehnen die Zusammenarbeit mit Start-Ups kategorisch ab, weil sie befürchten, im schlimmsten Fall auf einer Software sitzenzubleiben, für die es keinerlei Support mehr gibt. Andere arbeiten nur mit Start-Ups zusammen, wenn diese sich verpflichten, im Fall der Fälle dem CIO den Code zu überlassen, damit die Software zumindest weiterentwickelt werden kann.

CIO-Handlungsspielraum oft eingeschränkt

Starkey-CIO Duchscher arbeitet mit Start-Ups zusammen, weil viele von ihnen seiner Meinung nach außergewöhnliche und innovative Dinge anbieten. Doch blauäugig ist er dabei nicht. Sein IT-Team setzt eine Infrastruktur immer so auf, dass das Ende eines Start-Ups das Unternehmen nicht zu schwer treffen würde. So hat sein Mobile-Team bei einer App beispielsweise als Backup einen eigenen Code vorbereitet, der im Notfall eingesetzt werden könnte.

Kaneshige kennt die Einwände von CIOs, wenn von ihnen das Schlachten von heiligen Kühen verlangt wird. Sie halten das zukunftsorientierte Handeln häufig für zu riskant. Gerade beim Einführen von Apps für mobile Endgeräte zögern sie deshalb, vorne mitzuspielen. Doch auch diese Haltung birgt ein Risiko. Denn konservative IT-Abteilungen leisten selten mehr als die Instandhaltung der Systeme und so eine Leistung lässt sich leicht outsourcen, glaubt Starkey-CIO Duchscher. Anstatt dem Fortschritt Steine in den Weg zu legen sollten CIOs lieber aufwachen, neue Technologien wie Apps ins Unternehmen bringen und Mitarbeitern und Kunden dabei helfen, sie zu nutzen.

Doch wie viel Handlungsspielraum hat ein CIO denn eigentlich? Ein Leser hat in einem Kommentar die Kritik von Kaneshige an den vermeintlich konservativen CIOs zurückgewiesen: "Ich bin mir sicher, dass viele CIOs gern mit der von Ihnen beschriebenen zukunftsorientierten und risikofreudigeren Einstellung arbeiten würden, doch es ist vermutlich nicht ihre Entscheidung", schreibt der Leser. Sie täten doch nur das, was ihnen die Regeln des Unternehmens vorschreiben.