Good news are bad bews, so lautet immer noch das Motto etlicher Medien. In der Öffentlichkeit entsteht so mitunter der Eindruck, die Menschheit sei nicht mehr zu retten. Tatsächlich ist aber in vielen Lebensbereichen genau das Gegenteil eingetreten: Vieles verbessert sich. Beispielsweise sank weltweit die extreme Armut von 1991 bis 2016 von 46 auf neun Prozent. Die Kindersterblichkeit verringerte sich im gleichen Zeitraum von 88 je 1000 Neugeborenen auf 34, und der Analphabetismus halbierte sich weltweit.
Auch in Deutschland entwickelte sich über die Zeit vieles zum Positiven: Das frei verfügbare Einkommen je Bürger stieg von 11.137 Euro im Jahre 1991 auf 20.331 Euro 2016. Die Arbeitslosenquote ging von 11,7 Prozent im Jahr 2005 auf 6,1 Prozent zurück.
Alles wird besser
In der Geschichte habe sich immer wieder gezeigt, dass sich die Lebensverhältnisse verbessern, sagte Ulrich Reinhardt. Eine Wende zum Negativen hin sei nicht in Sicht, so der Professor für Empirische Zukunftsforschung am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Westküste in Heide sowie Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen - eine Initiative von British American Tobacco. "In Zukunft wird alles besser als in der Gegenwart", lautet Reinhardts zentrale These.
Doch die Mehrheit der Bürger in Deutschland mag sich derzeit dieser optimistischen Auffassung nicht anschließen. Fast die Hälfte der Bürger (46 Prozent) schaut sorgenvoll nach vorne, im Jahre 2013 waren es nur 28 Prozent. Die "German Angst" dominiert also. Für Reinhardt zeigt sich hierbei der Unterschied zwischen gefühlter und tatsächlicher Zukunftssicht und entsprechend fordert er mehr Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung von Politik, Wirtschaft, aber auch jedem einzelnen Bürger.
130 Teilnehmer bei der Voice-Jahrestagung
Der Wissenschaftler trug seine interessanten Einsichten auf der fünften Jahrestagung der Anwendervereinigung Voice e.V., wo die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft das zentrale Thema war. Rund 130 Teilnehmer aus den 380 Mitgliedsunternehmen trafen sich im Mai in Berlin, um Erfahrungen auszutauschen und ihre persönlichen Netzwerke zu pflegen. "Digital Excellence ist das zentrale Thema", sagte Thomas Endres, der wiedergewählte Vorsitzende des Voice-Präsidiums. Schnellstmöglich müsse ein stabiles Fundament für die Digitalisierung geschaffen werden. "Dafür müssen sich Unternehmen radikal neu aufstellen", betonte Endres.
Doch wie lassen sich CIOs und Unternehmen auf dem Weg zur Digital Excellence unterstützen? Ein Schlüssel liegt nach Meinung der Teilnehmer darin, agile Methoden einzuführen und die Methodenkompetenz zu verbessern. Außerdem kann es dringend geboten sein, sich mit neuen IT-Architekturen zu beschäftigen, um flexibler auf Marktgeschehnisse reagieren zu können.
Und auch wenn man es kaum noch hören mag, die wichtigste Grundlage der Digitalisierung bleibt die IT-Sicherheit wie immer neue Cyberattacken und Hackerangriffe belegen. Deshalb bildet IT-Security weiter einen Schwerpunkt in der Arbeit des Voice. Letztlich steht über allen Arbeitsfeldern das Ziel, CIOs dabei zu helfen, ihr Unternehmen in technischer, organisatorischer und geschäftlicher Hinsicht agil aufzustellen, um Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
"Multikanalstrategie und Lebenswirklichkeit" in Berlin
Dass die digitale Transformation je nach Unternehmensgröße und Branche völlig unterschiedliche Herausforderungen bereithält, zeigte sich auf der Jahrestagung. So berichtete Sabine Smentek, CIO des Landes Berlin, in ihrem Vortrag "Multikanalstrategie und Lebenswirklichkeit - E-Government Berlin" darüber, wie sie das Koalitionsziel einer digitalen bürgernahen Verwaltung erreichen will. Eine zentrale Herausforderung bestehe darin, eine gemeinsame IT-Architektur einzuziehen. Noch arbeiten die mehr als 70 Dienststellen weitgehend dezentral und treffen ihre IT-Entscheidungen eigenständig. Smentek muss also IT-Standards für alle Dienststellen festlegen und darüber hinaus ein zentrales Finanzierungskonzept für die IT-Basis ausarbeiten.
Während in Berlin noch die Grundlagen für Digital Excellence gelegt werden, ist man bei Porsche schon viel weiter. CIO Sven Lorenz schilderte anhand zahlreicher Beispiele, wo Digitalisierung im Auto, in der Produktion, bei Services sowie bei Händlern und Kunden schon gelebt wird. Entscheidend für den Erfolg eines solchen Umbaus sei der "digitale Mindset" bei den Mitarbeitern im Unternehmen, betonte Lorenz. Das hinzubekommen, sei wohl für jedes Unternehmen eine Herausforderung. Für Porsche war die Eröffnung eines Digital Lab im August vergangenen Jahres in Berlin ein wichtiger Meilenstein. Dadurch sei die Digitalisierung im Unternehmen viel sichtbarer geworden.
Eine Chance für die Tapferen
Sabine Smentek und Sven Lorenz zeigten aus sehr unterschiedlichen Perspektiven, wie CIOs mutig bei der Digitalisierung vorausgehen und die Zukunft ihrer Organisation mitgestalten können. Das passte zu den Ausführungen von Zukunftsforscher Reinhardt, der den französischen Schriftsteller Victor Hugo zitierte: "Die Zukunft hat viele Namen. Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare. Für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte. Für die Tapferen ist sie die Chance."