CIOs deutscher, österreichischer und Schweizer Unternehmen lassen ihre Mannschaft wieder mehr Aufgaben selbst erledigen. Seit 24 Monaten steigt in den IT-Abteilungen die durchschnittliche Fertigungstiefe, wie das Beratungsunternehmen Capgemini in einer Befragung herausgefunden hat. Dabei planen die Verantwortlichen eigentlich das Gegenteil: Sie wollen die Industrialisierung vorantreiben.
Als Gradmesser fragte Capgemini nach der Eigenleistungstiefe für verschiedene Dienstleistungen. Am höchsten ist sie im Anwendungsmanagement. Diese Aufgabe führen die IT-Abteilungen zu 64 Prozent selbst aus. Am wenigsten Eigenleistung steckt in der Software-Entwicklung, die Firmen zu 45 Prozent selbst übernehmen.
Die Studienautoren schließen aus den erhobenen Zahlen, dass die Firmen bisher ihre Ziele bei der Industrialisierung nicht erreichen. Denn die CIOs gaben gleichzeitig an, die Eigenleistung deutlich senken zu wollen. Am stärksten soll das beim Management der Infrastruktur geschehen, von jetzt 61 Prozent auf 46 Prozent Eigenleistung in fünf Jahren.
Die Industrialisierungspolitik der einzelnen Befragten weicht zum Teil stark von den Durchschnittswerten ab. Capgemini hat die Firmen in vier Gruppen eingeteilt. Ein gutes Drittel zählt demnach zur Gruppe der sogenannten "Leader", die sich schon jetzt durch eine unterdurchschnittliche Eigenleistungsquote von etwa 31 Prozent auszeichnen. IT-Abteilungen solcher Firmen sind in der Regel klein und stehen unter hohem Kostendruck. Sie lassen große Teile ihrer Leistungen von externen Partnern erbringen, bei der Software-Entwicklung sind es um die 80 Prozent.
Typisch für die Leader sei ihre "pragmatische Einstellung", erklärt Uwe Dumslaff, im Vorstand der Capgemini sd&m AG unter anderem für IT-Beratung zuständig. IT-Abteilungen dieser Kategorie sähen sich neben ihrer Rolle als Dienstleister vor allem als "Business Partner". Die größte Gruppe der Firmen, die Capgemini als "Followers" bezeichnet, stelle sich dagegen stärker als Treiber technischer Neuerungen dar.
Outsourcing gilt vielen als wenig innovativ
Zu den Followers zählen 45 Prozent der Firmen. Ihre Eigenleistungstiefe liegt bei 76 Prozent. Die IT-Abteilungen sind größer als die der Leaders, der Kostendruck geringer. Gegenüber Outsourcing sind die Followers eher negativ eingestellt: Es sei nicht innovativ, verschaffe kaum Kostenvorteile und sei zu teuer. Anders sehen das die Leaders. Sie haben viel Outsourcing-Erfahrung und stehen dem Auslagern aufgeschlossen gegenüber. Allerdings liegt auch eins der größten Probleme der Leaders in der Kommunikation mit den zahlreichen externen Partnern.
Die Einstellung gegenüber Industrialisierung hänge stark mit der Rolle als Business Partner zusammen, folgern die Capgemini-Berater aus ihrer Untersuchung. Leaders setzten stark auf Externe, um die Anforderungen des Business effizient umzusetzen. "Es ist allerdings nicht für jedes Unternehmen sinnvoll, sich an den Leaders zu orientieren und stark zu industrialisieren", betont Dumslaff gleichzeitig.
Weniger Kostendruck senkt Outsourcing-Quote
Dass zum Beispiel die Followers weniger stark auf Outsourcing setzen, sei zum einen Einstellungssache. Außerdem stünden sie offenbar unter weniger starkem Kostendruck und seien überzeugt, durch hohen Eigenleistungsanteil Qualität zu liefern. Außer Leaders und Followers hat die Befragung zwei weitere Gruppen von Firmen ausgemacht, die allerdings zahlenmäßig weniger ins Gewicht fallen. Die "Challengers" haben derzeit einen überdurchschnittlich hohen Eigenleistunganteil, den sie aber stark senken wollen. Die "Insourcer" haben eine geringere Fertigungstiefe, wollen aber künftig wieder mehr Leistungen selbst erbringen.
Als wichtigstes übergreifendes IT-Thema hat die Capgemini-Befragung die Beschäftigung mit ERP und speziell Harmonisierungs-Bemühungen in diesem Feld ausgemacht. Für sieben von zehn Befragten ist dieses Thema wichtig. Auch das Management von Infrastruktur und IT-Services genießt hohe Priorität. Peter Lempp, Geschäftsführer von Capgemini Deutschland, erkennt dahinter eine "klare Fokussierung aufs Kerngeschäft".
Das Thema Sicherheit steht nach fünf Jahren erstmals nicht mehr an erster Stelle bei der Capgemini-Studie. Das bedeute aber nicht, dass es nun weniger wichtig sei. Andere Themen hätte die Beschäftigung mit Sicherheit nur überlagert.
Routinierte Reaktionen auf die Wirtschaftskrise
Vier von zehn CIOs rechnen für dieses Jahr mit sinkenden Budgets, die meisten erwarten Verringerungen von etwa einem Zehntel. 2011 erwartet die Hälfte der Befragten dann wieder steigende Budgets. Im Umgang mit der Wirtschaftskrise beobachtet Peter Lempp bei den Verantwortlichen meist ein "vernünftiges Vorgehen". Die CIOs reagierten sehr routiniert.
Die meisten verschieben der Umfrage zufolge zunächst Projekte, an zweiter Stelle versuchen sie, Wartungs- und Lizenzkosten zu verringern. Personalabbau rangiert erst an fünfter Stelle. Jeder Dritte würde auch Service Levels senken, um Kosten zu reduzieren.
Mehr Geld für CRM
Wenn auch die IT-Budgets insgesamt sinken, so wollen 43 Prozent der Firmen in den nächsten fünf Jahren mehr für CRM ausgeben. Der Kunde stehe im Mittepunkt, wie Lempp erklärt. Allerdings: Bei der letztjährigen Befragung war noch mehr als die Hälfte der Firmen von höheren CRM-Ausgaben ausgegangen. Höhere Ausgaben für Portal- und BI-Projekte planen derzeit je 41 Prozent der Unternehmen. Business Intelligence bewege sich dabei zunehmend in die einzelnen Fachbereiche hinein, so Lempp. Geschäftsprozesse sollen mit ihrer Hilfe verbessert, die Transparenz erhöht werden.
Für die "Studie IT-Trends 2009" hat die Beratungsfirma Capgemini 130 IT-Verantwortliche von Unternehmen verschiedener Größen und Branchen aus der DACH-Region befragt.
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