Kurze Zyklen und geringe Entwicklungkosten

Citizen Development bei der Hannover Rück

08.09.2015 von Daniela Hoffmann
Wenn Mitarbeiter in den Fachabteilungen selbst Anwendungen entwickeln, reagieren viele Manager und CIOs nervös. Das Beispiel der Rückversicherungsgesellschaft Hannover Rück zeigt jedoch, wie sowohl die Fachabteilung als auch die IT von einem "Citizen Development" mit klar abgestimmten Verantwortlichkeiten profitieren können.

Die Anfänge des Citizen Development bei der Hannover Rück reichen fast 15 Jahre zurück und kommen aus dem Fachbereich der fakultativen Rückversicherung. Die Hintergründe erläutert Felix Hemstedt, als Senior Coordinator zuständig für Coordination & Underwriting Systems, Facultative Division: "Damals gab es auch bei uns das Schlagwort "E-Business ist Business". Deshalb haben wir 2001 aus der Fachabteilung heraus begonnen, eine E-Business-Plattform zu entwickeln, auf der sich Risiken analysieren und bewerten lassen sollten."

Das erste Produkt war noch relativ einfach gehalten. Es erlaubte die Bewertung von Rückversicherungen für Schiffe. Doch die benötigten Anwendungen gestalteten sich mit den Jahren immer komplexer. "Es wurde immer schwieriger für uns, der IT-Abteilung zu erklären, wie wir die Risiken bewerten wollen, denn die Regeln dafür sind dynamisch und komplex", sagt Markus Preissinger, der als Consultant zum Underwriting-Systems-Team gehört.

Irgendwann war dann klar, dass die Fachabteilung selbst mehr Verantwortung übernehmen musste. Die Zyklen der zentralen IT-Abteilung mit Spezifikation, Implementierung, Test und Release-Management waren zu zeitintensiv angesichts der wechselnden Anforderungen.

Verwaltungsgebäude der Hannover Rück SE in Hannover
Foto: Hannover Rück SE

Womit die Hannover Rück Facultative Division Geld verdient

Als "Versicherer der Versicherer" hat sich das 1966 gegründete Unternehmen Hannover Rück mit Sitz in der niedersächsischen Landeshauptstadt darauf fokussiert, die Risiken von Erstversicherern abzudecken. Mit rund 2500 Mitarbeitern verzeichnete der drittgrößte Rückversicherer der Welt 2014 ein Bruttoprämienvolumen von 14,4 Milliarden Euro.

Anders als bei der obligatorischen Rückversicherung, bei der sich das Unternehmen an ganzen Portfolios beteiligt, werden in der fakultativen Rückversicherung große Einzelrisiken versichert, zum Beispiel Fahrzeugflotten oder Ölbohrplattformen. Dieser Bereich ist sehr kostenintensiv: Für jedes Projekt muss eine zeitaufwendige Einzelrisikoanalyse erstellt werden. Dafür zuständig sind die Underwriter, zeichnungsberechtigte Mitarbeiter, die die Risiken analysieren und dann entscheiden, ob das Geschäft Sinn ergibt und wie teuer die Police sein muss.

Die Top-CIOs der Versicherungsbranche
INTER Versicherungsgruppe
Roberto Svenda ist seit 1. Juli 2023 Vorstandssprecher der INTER Versicherungsgruppe und zuständig für das IT-Ressort.
AachenMünchener
Seit Juni 2014 verantwortet Helmut Gaul die Ressorts Betrieb und IT im Vorstand der AachenMünchener. Er kennt das Haus: schon 1984, kurz nach Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums an der Fachhochschule Köln, kam er zu der Aachener Versicherung. Dazwischen lag lediglich ein Jahr im Außendienst der Colonia Versicherung.
Talanx
Jens Warkentin ist seit Januar 2023 Talanx-CIO. Der Talanx-Finanzvorstand übernahm die Aufgaben von Christopher Lohmann.
ERGO Deutschland
Mario Krause ist seit Anfang 2019 CIO der deutschen IT-Einheiten von ERGO und Vorsitzender der Geschäftsführung der ERGO-IT-Tochter Itergo. Er war zuvor im Vorstand des Versicherungskonzerns Talanx AG in Hannover für IT zuständig und zugleich Vorstandsvorsitzender des IT-Dienstleisters Talanx Systeme.
Helvetia Deutschland
Seit August 2020 ist Andrea Sturmfels als CIO für das Ressort Informatik von Helvetia Deutschland verantwortlich.
ERGO Global
Tomasz Smaczny ist seit Anfang 2019 Vorstandsvorsitzender der Ergo Technology & Services Management und Global CIO für die gesamte IT bei Ergo. Smaczny ist zudem Vorsitzender des Aufsichtsrats der IT-Tochter Itergo.
Allianz SE
Seit 1. November 2023 hat der Versicherungskonzern Allianz mit Olav Spiegel einen neuen Group Chief Information Officer an Bord. Er folgt auf Ralf Schneider.
AXA Deutschland
Der neue IT-Chef der AXA Deutschland kommt aus den eigenen Reihen. Achim Dahlbokum agiert ab September 2023 als CIO des Versicherers. Der bisherige CIO der AXA Versicherung in Deutschland, Stefan Lemke, verlässt das Unternehmen zum 31. August 2023.
Wüstenrot & Württembergische
Seit Juli 2012 ist Jens Wieland IT-Vorstand der Wüstenrot & Württembergische AG. Gleichzeitig gehört er der Geschäftsführung der W&W Informatik GmbH an, der IT-Tochter der Versicherungsgruppe. Zuvor war Wieland fünf Jahre lang im Vorstand der AXA für das IT-Ressort zuständig.
Zurich Gruppe Deutschland
Seit Januar 2021 ist Jens Becker Head of IT der Zurich Gruppe Deutschland. Er folgte auf Dorothée Appel.
Signal Iduna
Stefan Lemke, CIO von Axa Deutschland, wechselt zum 1. Januar 2024 als IT-Vorstand zur Signal Iduna Gruppe
Debeka
Die Debeka hat eine neue IT-Vorständin. Laura Müller steigt intern auf und folgt auf Roland Weber, der das Unternehmen verlässt.
Alte Leipziger
Seit Januar 2018 ist Udo Wilcsek stellvertretendes Vorstandsmitglied im Alte Leipziger – Hallesche Konzern und für die IT zuständig. Davor war er – seit 2014 – Leiter des konzernweiten Zentralbereichs Betriebsorganisation.
VHV Versicherung
Seit Januar 2022 ist Arndt Bickhoff Generalbevollmächtigter für den Bereich IT bei der VHV Holding.
Sparkassen Versicherung
Der promovierte Mathematiker Thorsten Wittmann übernahm im Januar 2016 die Leitung des Ressorts Leben und IT der SV Sparkassen Versicherung (SV). Dazu gehört auch die IT-Tochter SV Informatik.
Hannover Rück
Jürgen Stoffel ist seit Januar 2013 Managing Director IT/ Group CIO der Hannover Rück SE. Der Diplom-Mathematiker Stoffel war vor seinem Wechsel zur Hannover Rück fünf Monate lang Associate Partner bei IBM IT Management Consulting, arbeitete zwei Jahre lang als Head of Consulting & Projects bei ITERGO und war 13 Jahre beim IT-Beratungsunternehmen Comma Soft AG unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung.
Generali Deutschland
Rainer Sommer übernahm im Mai 2015 als Vorstand der Generali Deutschland Holding die Aufgaben als COO und CIO. Außerdem wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung der IT-Tochter Generali Deutschland Informatik Services GmbH.
HUK-Coburg
Daniel Thomas hat seit 2016 die Aufgaben Betriebsorganisation und IT von Jörn Sandig übernommen, der Ende 2015 nach Auslaufen seines Vertrages in den Ruhestand ging.
Swiss Life Deutschland
Beim Versicherungsunternehmen Swiss Life Deutschland hat Tobias Herwig zum 1. März 2023 die Position des Chief Technology Officer übernommen.
VPV Versicherungen
Jürgen Reinsch ist seit Juli 2010 CIO der VPV Versicherungen in Stuttgart. Seit Januar 2018 ist er CDO und CIO. Vor seinem Wechsel zu VPV war Reinsch zwölf Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen in der W&W Gruppe. Davor arbeitete er in zwei Systemhäusern und als freiberuflicher Berater.
Gothaer
Seit Juni 2016 ist Burkhard Oppenberg Geschäftsführer der Gothaer Systems GmbH, dem IT-Dienstleister im Gothaer Konzern, und CIO des Gothaer Konzerns. Er trat die Nachfolge von Volkmar Weckesser an.
R+V Holding
Mitte Juni 2018 ist Tillmann Lukosch in den R+V-Holdingvorstand berufen worden. Er übernahm die Verantwortung für das Zentralressort Informationssysteme sowie für die digitale Transformation. Lukosch ist Nachfolger von Peter Weiler, der in den Ruhestand ging.
Munich Re
Robin Johnson übernahm im April 2017 in Nachfolge von Rainer Janßen die Leitung des Zentralbereichs Information Technology bei der Munich Re. Johnson war vor seinem Wechsel zu Maersk von 2008 bis 2012 Global CIO beim US-Computerhersteller Dell.
LVM
Marcus Loskant ist seit dem 1. Juli 2019 Mitglied des Vorstands der LVM Versicherung und verantwortlich für das IT Ressort. Dieses beinhaltet die Vorstandsmandate der LVM a.G., LVM Kranken, LVM Leben und LVM Pension - also aller LVM Versicherungen. Zuvor war er Generalbevollmächtiger für das IT-Ressort der LVM Versicherung.
Baloise Group
Der promovierte Umweltwissenschaftler Alexander Bockelmann ist seit Februar 2019 Chief IT Officer (CTO) der Schweizer Baloise Group in Basel. Bockelmann kam von der österreichischen Versicherung Uniqua. Nach beruflichen Stationen bei der Boston Consulting Group und bei Versicherungsunternehmen in Deutschland und den USA wurde er 2013 Head of Group IT bei Uniqua. Seit Mitte 2016 war er dort Chief Digital Officer.
Provinzial Rheinland
Patric Fedlmeier ist seit Januar 2018 Vorstandsvorsitzender des Konzerns Provinzial Rheinland. Er ist seit 2009 im Vorstand, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender für die Ressorts Vertrieb und IT zuständig. Diese Aufgaben behält er.
Mobiliar
Thomas Kühne ist seit Januar 2019 Leiter IT und Mitglied der Geschäftsleitung beim Allversicherer Mobiliar in Bern in der Schweiz. Er war davor IT-Leiter bei Zurich Deutschland. Der Informatiker hatte diese Aufgabe im Dezember 2017 übernommen. Zuvor verantwortete er seit 2016 als Bereichsleiter Enterprise Transformation and Services bei der Zurich Gruppe Deutschland alle Shared Services sowie Betriebsorganisation, Real Estate, Einkauf und das Druckzentrum. Seit 2017 war er zugleich auch COO des Direktversicherers der Gruppe DA Direkt.
Viridium
Martin Setzer ist seit April 2018 CIO und Mitglied des Vorstands der Viridium Gruppe. Setzer war davor bis Mitte 2017 Mitglied des Vorstands und COO der Landesbank Baden-Württemberg. Im Anschluss beriet er Unternehmen im Bereich der Digitalen Transformation und übernahm Mandate in Start-ups der Finanzindustrie (Fintechs).
HDI Global SE
Die IT und den Bereich Operations im Vorstand der HDI Global SE führt seit Juli 2018 Thomas Kuhnt. Kuhnt kam von der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
HDI Lebensversicherungs AG
Zum 1. März 2021 wechselte Dirk Böhme vom IT-Beratungshaus Silbury in den Vorstand der HDI Lebensversicherungs AG. Zugleich wird er Vorstandsmitglied der HDI Systeme AG, dem IT-Dienstleister der Talanx-Gruppe.
Zurich
Seit Frühjahr 2012 verantwortet Claudia Dill als COO (Chief Operation Officer) die IT der Sparte General Insurance beim Schweizer Konzern Zurich. Sie berichtet an Kristof Terryn, den obersten IT-Entscheider des Konzerns.
BayDit AG
Die Versicherungsgruppe die Bayerische bündelt seit Januar 2019 in der "die Bayerische Digital AG" (BayDit AG) ihre digitalen Aktivitäten. Das Unternehmen wird von einer Doppelspitze geführt: Der Vorstand besteht aus Michael Brand (l.) und Thomas Wolf. Michael Brand ist Diplom-Informatiker mit Schwerpunkt Software-Engineering und seit 1990 in der Versicherungs-IT tätig. Seit 2007 ist er Geschäftsführer der Bayerischen IT GmbH. Thomas Wolf, Diplom-Ingenieur Elektrotechnik, war von 2002 bis Oktober 2018 Vorstand der iS2 Intelligent Solution Services AG.
Süddeutsche Krankenversicherung (SDK)
Ralf Oestereich wurde im April 2019 IT-Vorstand der Süddeutsche Krankenversicherung a. G (SDK). Er ist als Vorstand für Informationstechnik für die Bereiche IT-Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb sowie die Betriebsorganisation zuständig.

Das ist kein Job für Nervenschwache: "Es geht durchaus um Beträge bis zu hundert Millionen Euro, die hier zur Debatte stehen", berichtet Senior Coordinator Felix Hemstedt. Zum Beispiel wird versichert, dass eine Rakete einen Satelliten in die korrekte Erdumlaufbahn bringt. Die Underwriter verfolgen den Raketenstart dann gern im Internet. So wissen sie schnell, ob die Versicherungsprämie verdient wurde oder ein Totalschaden eingetreten ist.

Heimvorteil: Sachverstand

Das mittlerweile vierköpfige Team der Abteilung Underwriting Systems sitzt räumlich inmitten der Kollegen in der Fachabteilung. Originär kamen die Mitarbeiter aus dem Business, Informatiker war keiner. Erst in jüngster Zeit stießen zwei Wirtschaftsinformatiker hinzu, die zusätzlich eine Ausbildung im Underwriting durchlaufen haben.

"Mit Logik und ein bisschen mathematischem Verständnis kann man auch mit einer vereinfachten Regelsprache programmieren, oder besser gesagt: konfigurieren und parametrisieren", konstatiert Hemstedt, selbst Wirtschaftswissenschaftler. Wenn jemand vom Fach komme, verfüge er auch über das Wissen, wie sich die Anwendungen optimal gestalten lassen, was gehe und was sinnvoll sei. "Wir sprechen die gleiche Sprache wie die Kollegen, können deren Anforderungen direkt umsetzen und sie ihnen zeigen", ergänzt der Senior Coordinator.

Das macht sich am Ende auch bezahlt. Preissinger nennt den wohl wichtigsten Vorteil: "Früher hat die Entwicklung ein halbes bis ganzes Jahr gedauert. Heute brauchen wir für entsprechende Projekte sechs Wochen." Zudem lasse sich die Entwicklung im Fachbereich sehr viel günstiger umsetzen: "Wir sind Release-unabhängig, die IT-Abteilung muss keinen Server herunterfahren - wir laden lediglich die neue Konfigurationsdatei hoch."

Domänenspezifische Sprache als Kern

Weil in den E-Business-Anwendungen auch komplexere Regeln definiert werden sollten, entschied man sich schon 2005, eine Rule Engine einzubinden. Für die Umsetzung hatte sich die Fachabteilung externe Unterstützung gesucht, nachdem sie zuvor selbst eine Spezifikation erarbeitet hatte. Das Web-Interface wurde von Adesso gebaut. IT Factum steuerte die Idee bei, dass die Underwriter ihre Regeln selbst schreiben. Der Dienstleister mit dem Slogan "Weniger Software. Mehr schlau." entwickelte dafür das "ReVal Studio" (Risk Evaluation) mit eigener Regelsprache.

Grundlage ist das Konzept der Domain Specific Language (DSL). Anders als allgemeine Programmiersprachen ist die DSL ausschließlich dafür gedacht, die Anforderungen des Fachgebiets darzustellen, und ist deshalb von Fachspezialisten auch ohne Programmiervorkenntnisse benutzbar. Das Framework zur Automatisierung und Verwaltung von Regeln setzt auf der offenen, Java-basierenden Entwicklungsumgebung Eclipse auf.

Wie die Komponenten zusammenspielen

Die Rule Engine „ReVal Studio“ spielt mit den Web-Portalen „ReCover“ (auf Seiten der Erstversicherer oder Versicherungsmakler) und „DisCover“ (auf Seiten des Underwriters) zusammen: Über ReCover tragen die Kunden Angebote in Form von neuen Verträgen ( Submissions), Erneuerungen von auslaufenden Verträgen (Renewals) oder Änderungen an bestehenden Verträgen (Endorsements) ein.

Die automatische, detaillierte Bewertung der Angebotsdaten durch ReVal Studio führt entweder zu einer sofortigen Ratierung oder zur Ablehnung. Weder ein weiterer menschlicher Eingriff noch eine Weiterleitung an den Underwriter zur manuellen Prüfung in DisCover sind dazu nötig. Nach der Prüfung wird das Angebot dem Kunden entweder mit einer konkreten Prämie vorgelegt oder abgelehnt.

Foto: Hannover Rück

Einheitliche Ratierungsmodelle

Die E-Business-Lösung erinnert optisch an Produkte, wie sie Online-Versicherungskunden kennen: Es gibt Masken, in die Informationen und Zuordnungen eingegeben werden. Hinter der Website liegt eine XML-Datei, die die Spezialisten von Hannover Rück konfigurieren und parametrisieren können. Die Dateien zum Konfigurieren der Oberfläche werden gegen ein Schema validiert, das prüft, ob der Code "wohlgeformt" ist - ähnlich einem Debugger.

2007 kam dann die Anforderung der Geschäftsführung, die Ratierungsmodelle aller Abteilungen zu verallgemeinern. "Jede Abteilung hatte eigene Ratierungsmodelle, häufig auf Excel-Basis angelegt, die verteilt und redundant gepflegt wurden", sagt Preissinger. "Da wir mit dem ReVal Studio über eine gute Regelsprache verfügten, wurde diese aus der E-Business-Applikation herausgelöst und kommt auch im traditionellen Bereich zum Tragen."

Allerdings gelangen nur zehn Prozent der Anfragen direkt über die E-Business-Plattform ins Unternehmen; 90 Prozent erreichen es noch per E-Mail. Das bedeutet mehr Aufwand, denn hier müssen die Underwriter die Informationen manuell in das Bewertungs-Tool übernehmen. Dennoch trägt die einheitliche Lösung zur Fehlerfreiheit und Standardisierung bei. Sie muss zudem für alle Bereiche nur an einem Ort gepflegt werden.

Die geforderten einheitlichen Berechnungen sind vor allem bei der eigenen Marge unabdingbar. Denn dahinter steckt eine vom Management vorgegebene, komplexe Berechnung. Dadurch, dass sie immer gleich ist, ließ sie sich an eine zentrale Stelle im Tool auslagern. So sind heute im Vergleich zu früher etliche Fehler vermeidbar. Die Berechnung von Erdbebengefahren, die in unterschiedlichsten Versicherungsarten und Projekten eine Rolle spielt, wird ebenfalls zentral im Tool erledigt.

Von zwölf auf 30 Befehle gewachsen

In der ersten Ausbaustufe hatte die eigene Entwicklungssprache nur zwölf Befehle, zum Beispiel "wenn, dann" oder "for each" und Rechenkommandos wie Addieren und Multiplizieren. "2013 haben wir die Regelsprache komplizierter gemacht, weil unser Wissen über die Jahre besser geworden ist", berichtet Preissinger: "Jetzt ist sie Java-ähnlicher, mit rund 30 Befehlen, aber immer noch deutlich einfacher als eine normale Programmiersprache."

Gute Kooperation von Fachbereich und IT

Dass dieser Ansatz überhaupt eine Chance hatte, liegt daran, dass die IT-Abteilung der Hannover Rück für das Engagement der Fachabteilungsmitarbeiter grundsätzlich offen war. Ihre Ressourcen waren nun einmal begrenzt, zugleich hatte sie Verständnis für den Druck im Fachbereich. "Wir haben im Gegenzug die Zusicherung gemacht, die IT bei wichtigen Aspekten einzubinden und uns an klar definierte Schnittstellen zu halten", stellt Hemstedt klar, "zudem nehmen wir regelmäßig an Sitzungen für Requirements teil und geben Testfälle ab."

Die zentrale IT betreibt die ReVal-Lösung im eigenen Rechenzentrum. Die E-Business-Anwendung hingegen wird über BTC IT Services extern gehostet.

Berufsunfähigkeit von Fußballern

Das Underwriting-Systems-Team deckt ein breites Betätigungsfeld ab: Gebaut wurde unter anderem eine E-Business-Plattform für die Berufsunfähigkeitsversicherung von Fußballspielern der Ersten und Zweiten Bundesliga. Auch bei ungewöhnlichen Anfragen leisten Hemstedt und Kollegen Hilfestellung: So berechneten sie die Prämien für einen Betreiber von Golfturnieren, der sich mit einer Contingency-Versicherung gegen die Möglichkeit des "Hole in One" absichern wollte.

Zudem steht das Team im Unternehmen nicht mehr allein: In der Lebensrückversicherungs-Abteilung wird ähnlich gearbeitet - mit einer eigenen Lösung, die Ärzte bedienen. (qua)

Was Fachabteilungen für Citizen Development brauchen