"Cloud Computing kommt auf jeden Fall", verkündet Russ Daniels, CTO Cloud Services Strategy bei Hewlett Packard. "Das sehen wir am steigenden Interesse an Virtualisierung und Software-as-a-Service (SaaS)." Gleichzeitig räumt er ein: "Bis zum Durchbruch braucht Cloud Computing noch Jahre." Da sei noch einiges zu lernen.
Zum Beispiel, eine einheitliche Definition zu finden. Daniels gibt zu, dass der Hype um die Wolke derzeit ebenso groß ist wie die Verwirrung. Zum Teil werde alter Wein in neuen Schläuchen verkauft.
Sein Verständnis: Cloud Computing basiert auf der Nutzung von Virtualisierung und Automatisierung. Ziel ist, Anwendungen und Services unabhängig von einer bestimmten Infrastruktur zu nutzen. Auslastung und Ressourcen müssen sich flexibel an den wechselnden Anforderungen des Business ausrichten.
Für Thomas Reuner, Chef des Londoner Beraters TSM Strategies, ist Cloud Computing derzeit "das Modewort schlechthin". Mal umfasse der Begriff die Verfügbarkeit von virtuellen Servern beziehungsweise Storage über das Internet, mal schließe er alle Dienstleistungen und Applikationen ein, die außerhalb der Firewall über das Internet genutzt werden.
HP-Tekkie Daniels träumt von einer Welt, in der er alles - von Rechnerleistung über Geschäftsprozesse bis zu persönlichen Kontakten - per Cloud Computing "as a Service" liefern kann. Russ Daniels glaubt, dass sich die IT-Welt künftig in zwei Lager aufspaltet: Das eine entwickelt Software rund um Anwendungen, das andere Services in der Wolke für die Wolke.
In der Praxis soll Cloud Computing den CIO laut Daniels zunächst einmal beim Entrümpeln seiner Infrastruktur unterstützen. Das heißt, er hat im Vorfeld eine Menge Arbeit. Er sollte über den Mix verschiedener Alt-Systeme und Applikationen Bescheid wissen. Schließlich muss er festlegen, was davon einzelnen Usern vorbehalten und was gemeinsam genutzt werden soll. Der HP-Manager seufzt. "CIOs haben den härtesten Job der Welt", stellt er fest.
Sein Tipp an IT-Entscheider: Genau nachfragen, was ihnen unter Cloud Computing angeboten wird. Aus Sicht von Thomas Reuner hängt die Kaufentscheidung von drei Faktoren ab: nachvollziehbaren Nutzungs-Szenarien, Sicherheitsbedenken und Interoperabilität.
Nutzungsszenarien aus Grid Computing und SaaS kommen nicht an
"Die Nutzungsszenarien beziehungsweise Vorteile, die sich etwa aus Grid Computing und SaaS ergeben können, sind insbesondere bei mittelständischen Unternehmen nur sehr begrenzt angekommen", sagt der Consulter. Entscheider scheuen die Abhängigkeit vom Dienstleister. Weitaus optimistischere Perspektiven sieht er bei Server- und Storage-Virtualisierung. "Die Erfahrungswerte, die mit Virtualisierungstechnologien in Rechenzentren gesammelt wurden, werden die Akzeptanz von externalisierten Virtualisierungsansätzen erhöhen", sagt Reuner.
In Sachen Sicherheit sieht Reuner die Anbieter gefordert, sich auf die Bedenken der CIOs einzustellen - auch, wenn diese sich "vornehmlich um emotional gefühlte" Sicherheit drehten und weniger um Zertifizierungen und Tools. Ähnlich verhalte es sich mit der Interoperabilität. Thomas Reuner stellt nüchtern fest, dass alles Bemühen der Anbieter um offene Standards ins Leere läuft, wenn der Nutzer im privaten Bereich mit den Frustrationen eines Vista-Upgrades oder mit Problemen des ISP Providers zu kämpfen hat. Er glaubt, dass diese schlechten Erfahrungen entscheidender sind "als viele Hochglanzbroschüren über künftige IT-Strategien".
Dennoch sieht auch Reuner den Weg zum Cloud Computing vorgezeichnet. Der Berater spricht von einer Vision, in der IT als Gebrauchsgut verfügbar ist. "Doch von dieser Vision sind wir noch einige Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte entfernt", sagt er.
Cloud Computing wird den Umgang mit der Technologie neu definieren
Russ Daniels Vision geht noch einen Schritt weiter. Für ihn kann Cloud Computing nicht nur traditionelle Industrien verändern und den Umgang mit Technologie neu definieren, sondern gar bei "some of the world’s biggest challenges" helfen. Das vor Augen, macht doch jeder CIO gern den härtesten Job der Welt.