Ein bisschen überraschend klingt es schon: Green IT ist in, Cloud Computing nicht. 60 Prozent der über 2000 von Forrester befragten Unternehmen in den großen Industrieländern Europas und Nordamerikas können sich dieses Jahr für die grüne IT erwärmen oder sogar begeistern – neun Prozent mehr als 2008. Dahinter stecken offenbar nicht unbedingt das Mitleiden mit den Eisbärenbabys dieser Welt und die um sich greifende Angst vor dem Abschmelzen der Polkappen, also das oft herbei geschworene ökologische Bewusstsein. Vielmehr scheinen handfeste Gründe die CIOs zum Energiesparen zu bewegen. Weniger Stromverbrauch im Rechenzentrum entlastet ja auch das Budget – und so wird auf Umwegen aus dem totgesagten Hype von gestern allmählich doch Realität.
Gute Gründe, vielleicht um so mehr an den Siegeszug von Cloud Computing zu glauben. Dass er mitnichten schon losgebrochen ist, machen die Analysten zweifelsfrei klar. Die Ursachen für die weit verbreitete Skepsis der Anwender gegenüber der seit Monaten herbei geredeten Welle sind letztlich aber in Kinderkrankheiten zu suchen, die auf Sicht zu kurieren sein sollten. Irgendwann, mit Verzögerung, setzen die Firmen dann womöglich doch zum Flug in die Wolke an, sowie sie nun anscheinend der Enthusiasmus für die grüne IT gepackt hat.
Die Fakten sehen derzeit hingegen ernüchternd aus. Der Anteil der großen Unternehmen, die das Angebot gehosteter und nach tatsächlichem Gebrauch zu bezahlender virtualiserter Server in Anspruch nehmen, liegt wie im vergangenen Jahr bei beschaulichen drei Prozent. Bei den kleinen und mittelständischen Firmen ist die Nutzung mit vier Prozent einen verschwindenden Tick ausgeprägter. Hier ist immerhin eine Verdopplung gegenüber 2008 zu verbuchen, wenngleich auf niedrigem Niveau. Wenigstens wächst laut Forrester das unspezifische Interesse am Thema. In Gedanken wird Cloud Computing also durchgespielt, Ernst machen in Sachen Umsetzung nur wenige Unternehmen.
Fast die Hälfte der großen Unternehmen begründet die Zurückhaltung mit Sicherheitserwägungen. 49 Prozent gehen nicht davon aus, dass ihre Daten in der Wolke sicher und diskret aufgehoben sind. 46 Prozent zielen zudem in eine ähnliche Richtung, wenn sie die fehlende Reife der Angebote anprangern. Die Anbieter scheinen jedenfalls klar in der Pflicht, nachzubessern und zu überzeugen.
39 Prozent vermögen zudem den Kostenvorteil gegenüber anderen Ansätzen nicht zu sehen. Die weiteren Gründe für die ablehnende Haltung fallen deutlich weniger ins Gewicht. Etwa ein Viertel der befragten Konzerne denkt, dass die Cloud-Anbieter den gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen ihrer Branche nicht gerecht werden könnten. Ebenso viele halten die Cloud-Angebote für nicht kompatibel mit den ihn ihren Firmen genutzten Anwendungen.
Server-Virtualisierung allmählich Normalität
Vom Durchbruch in die Wolke kann also keine Rede sein. Nicht zu unterschlagen sind allerdings auch die vier Prozent der großen Unternehmen, die für die kommenden zwölf Monate Cloud Computing in Angriff nehmen wollen. Und die weiteren fünf Prozent, die von konkreten Vorhaben mit etwas längerem Vorlauf sprechen. Bleibt abzuwarten, ob sich in einem Jahr tatsächlich der daraus abzuleitende Fortschritt zeigt.
Da Forrester den Begriff „Cloud Computing“ recht eng auf Pay-per-Use-Hosting von virtualisierten Servern bezieht, bleibt anzumerken, dass sich für in der Cloud gehosteten Speicherplatz ein ähnliches Bild ergibt. Ebenfalls drei Prozent der befragten Großunternehmen halten in der Wolke Storage-Kapazitäten, ebenfalls sieben Prozent planen das konkret in absehbarer Zeit.
Als waschechter Trend entpuppt sich demgegenüber die x86-Server-Virtualisierung. Setzt sich das Wachstum in gleicher Geschwindigkeit fort wie in diesem Jahr, ist dieser Trend zwangsläufig bald zu Ende, weil zur Selbstverständlichkeit geworden. 72 Prozent der großen Unternehmen nutzen dieses Instrument oder sind derzeit mit einem Upgrade beschäftigt. Im vergangenen Jahr waren es lediglich 54 Prozent.
Diese Welle ist längst auch bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen angekommen. Fast die Hälfte von ihnen sind mittlerweile Anwender, 24 Prozent planen den Einstieg innerhalb der kommenden zwölf Monate. Somit verläuft die Entwicklung parallel zu jener bei den Konzernen, nur mit einem Jahr Verzögerung.
In den großen Firmen sind derzeit durchschnittlich 37 Prozent der Server virtualisiert. In zwei Jahren werden es voraussichtlich 65 Prozent sein. Wenig Bewegung ist bei der Wahl des Anbieters zu verzeichnen. 83 Prozent vertrauen VMWare ESX/vSphere, das den Markt auf frappierende Weise dominiert. Microsoft Hyper-V und Citrix XenServer folgen mit sieben und sechs Prozent.
Konsolidierung hat höchste Priorität
Etwas allgemeiner betrachtet offenbart sich bei den IT-Initiativen eine klare Schwerpunktsetzung in den großen Unternehmen. Fast 80 Prozent räumen der Konsolidierung ihrer IT-Infrastruktur hohe oder sogar kritische Priorität ein – sei es durch die Konsolidierung von Servern oder Rechenzentren oder durch die Virtualisierung der Server.
Alles in allem fuhren die von Kürzungen betroffenen Unternehmen ihre Ausgaben für Hardware und Infrastruktur im gleichen Umfang zurück, in dem ihr gesamtes IT-Budget schrumpfte. Der Anteil von Hardware und Infrastruktur liegt in Europa bei 41 Prozent, in Nordamerika bei 35 Prozent.
Forrester hat seine Umfrage in zwei Studien veröffentlicht: "The State Of Emerging Enterprise Hardware: 2009 To 2010" zeigt die Situation in großen Firmen, "The State of Emerging SMB Hardware: 2009 To 2010" jene in kleinen und mittelständischen Unternehmen.