In ihrem aktuellen Hype Cycle über aufkommende Technologien verzeichnen die Berater von Gartner insgesamt 27 Technologien. Acht davon schreiben sie das Potenzial zu, das Geschäft von Firmen künftig grundlegend zu verändern. Web 2.0-Technologien sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre ihren Einfluss voll entfalten. Danach schlägt die Stunde für Cloud Computing, öffentliche virtuelle Welten und SOA. Sie sollen sich in bis zu fünf Jahren etabliert haben.
In bis zu zehn Jahren werden sich Gartner zufolge dann 3-D Printing, Context Delivery Architecture und RFID weitflächig durchgesetzt haben. Noch etwas länger wird es laut dem Hype Cycle dauern, bis Mobile Robots die Geschäftswelt maßgeblich mitbestimmen.
In ihren Hype Cycles stellen die Gartner-Analysten seit 13 Jahren dar, wie sich bestimmte Technologien auf dem Markt behaupten und wie sich ihr Einfluss und ihre Verbreitung voraussichtlich entwickeln werden. Aufgezeigt werden fünf Phasen vom Durchbruch einer neuen Technologie, über die übersteigerten Erwartungen aufgrund des öffentlichen Hypes bis hin zum "Plateau der Produktivität", wenn sich eine Technologie etabliert hat.
Web 2.0 auf dem Weg zur Desillusion
Das Web 2.0 befindet sich auf der Kurve des Hype Cycles derzeit eigentlich auf dem Abstieg ins "Tal der Desillusion". Damit umschreiben die Gartner-Analysten eine Phase, in der eine Technologie aus der Mode kommt, weil sie die vorherigen hohen Erwartungen nicht erfüllt hat. Allerdings "wird es sich innerhalb von zwei Jahren wieder erholen und zu grundlegenden Veränderungen führen", sagt Jackie Fenn, eine der Autorinnen des Berichts "Hype Cycle for Emerging Technologies, 2008". Der Grund: Bis dahin werden die Unternehmen noch mehr Erfahrung mit Web 2.0 gesammelt haben und auch Erfolge verzeichnen können.
Blogs und Wikis haben Gartner zufolge schon in vielen Firmen Einzug gehalten. Zögerlich sind die Unternehmen hingegen noch bei sozialen Netzwerken und Mashups. Getrieben wird der Einsatz von Anwendungen des Web 2.0 vor allem dadurch, dass die Mitarbeiter diese privat nutzen. Als einen der Hauptvorteile der neuartigen Anwendungen sehen die Analysten von Gartner die Chance, dass die dadurch verstärkte Zusammenarbeit der Angestellten deren Produktivität deutlich erhöhen kann.
Cloud Computing verändert Verhältnis zu den Anbietern
Cloud Computing befindet sich Gartner zufolge derzeit kurz vor dem Aufstieg in die Hype-Phase. Das Konzept ist im Kommen, viele Firmen denken darüber nach, zumindest einen Teil ihrer benötigten IT-Leistungen "as a Service" zu beziehen. Vor allem der Wunsch, Leistungen günstiger als bisher zu beziehen, verleitet sie zu diesem Schritt. Großen Einfluss wird Cloud Computing der Gartner-Analyse vor allem auf das Verhältnis zwischen Anbietern und Nutzern haben. Die Anbieter müssen mehr und mehr mit Partnern zusammenarbeiten, die den Anwendern eine bestimmte Leistung letztlich zur Verfügung stellen.
Als bahnbrechend werden sich laut dem Hype Cycle in einigen Jahren auch virtuelle Welten wie zum Beispiel Second Life erweisen – auch wenn dieser Trend sich im Augenblick nach dem anfänglichen Hype deutlich Richtung Tal der Enttäuschung bewegt. Gleichwohl bauen nach Beobachtung der Marktforscher zahlreiche Firmen virtuelle Standorte in solchen öffentlichen Sphären auf, um neue Vermarktungskanäle zu erschließen. Auf lange Sicht sollen diese Welten sich zu wichtigen Orten für den Aufbau und die Pflege von Interessengruppen sein. Für die betriebsinterne Kommunikation hält Gartner virtuelle Welten hingegen wegen berechtigter Sicherheitsbedenken und mangelnder Zuverlässigkeit weniger geeignet.
Steiniger Weg SOA - 3-D-Printing vor dem Hype
Der Aufbau Service-orientierter Architekturen befindet sich auf dem Weg in den Mainstream. Mehr als die Hälfte der Unternehmen, die Gartner als SOA-Zielgruppe ansieht, ist schon in dieses Thema eingestiegen. Der Haupteffekt von SOA liegt den Beratern zufolge darin, ein Unternehmen flexibler zu machen. Ist eine SOA einmal erfolgreich aufgebaut, lassen sich Veränderungen in der Anwendungslandschaft leichter umsetzen. Der Weg dahin könne allerdings steinig sein, mahnt Gartner.
Auf dem Aufstieg sieht der Hype Cycle auch das dreidimensionale Drucken. Dieser Trend steht kurz vor dem Eintritt in die Hype-Phase und soll in fünf bis zehn Jahren zum Standard geworden sein. Derzeit nutzen diese Technologie allerdings erst ein bis fünf Prozent der Firmen, die daraus Nutzen ziehen könnten. 3-D Printing eignet sich vor allem zur Herstellung von Prototypen, etwa beim Produktdesign. Dem Gartner-Bericht zufolge werden die 3-D-Drucker immer günstiger. Schon jetzt gebe es entsprechende Geräte für weniger als 10.000 US-Dollar, bis Jahresende sollen 3-D-Drucker für weniger als 5.000 Dollar zu haben sein.
Context Delivery Architecture (CoDA) soll ein weiterer Trend der kommenden Jahre sein. Die Analysten verstehen darunter ein Konstruktionsprinzip von Geschäfts-Software, das auf dem Zusammenspiel aus SOA und so genannter ereignisgetriebener Architektur aufbaut. Ein IT-System soll mittels CoDA in der Lage sein, in Echtzeit Zusatzinformationen zu erhalten und auszuwerten und diese in Entscheidungen mit einzubeziehen. Die Auswertung solcher Rahmenbedingungen soll es Firmen vor allem ermöglichen, die Kunden stärker im E-Commerce und M-Commerce anzusprechen. Vorbedingung für eine funktionierende CoDA ist Gartner zufolge allerdings der Aufbau einer SOA.
RFID unterschätzt - mobile Roboter im Anmarsch
Die RFID-Technologie befindet sich derzeit nicht gerade in einer Boom-Phase. Im Handel laufen zwar einige Pilotprojekte; doch die Zahl der Firmen, die mit der Radiofrequenz-Identifizierung von Waren oder Bauteilen arbeiten, wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren nicht deutlich erhöhen. Dennoch ordnet Gartner RFID unter die Technologie-Trends mit hohem Veränderungspotenzial ein. Güter mit Funkchips auszustatten könne sowohl deren Ortsbestimmung in der Lieferkette erleichtern als auch für die Kunden den Überblick über die Verfügbarkeit verbessern.
Noch zehn Jahre oder länger könnte es dauern, bis sich mobile Roboter durchsetzen. Diese Geräte werden derzeit vor allem im Militär eingesetzt oder sind reine Spielzeuge. Schon jetzt gibt es Gartner zufolge allerdings weit entwickelte Roboter, die zum Beispiel Gegenstände oder sogar Menschen verletzungsfrei hochheben können.
Firmen könnten darüber nachdenken, solchen Robotern Transport- und Sicherheitsaufgaben zu übertragen oder sie bei Videokonferenzen einzusetzen. In wenigen Jahren soll es weitgehend selbständige Reinigungsroboter geben. Einige sollen auch in der Lage sein, Sicherheitspatrouillen durchzuführen, Besucher zu begrüßen oder einfache Mahlzeiten zuzubereiten.
Green-IT auf dem Gipfel des Hypes
Sechs der 27 Technologie-Trends aus dem Hype Cycle sehen die Analysten im Laufe des Jahres 2008 auf oder nahe der Spitze und gleichzeitig als Kandidaten für den Mainstream-Einsatz innerhalb der kommenden zwei bis fünf Jahre. Dazu zählt zum einen Green-IT. Der gesellschaftliche Druck, nachhaltige Lösungen auf den Markt zu bringen, werde immer größer, begründen sie ihre Vorausschau. Informationstechnologie stehe daher unter dem Druck, selbst umweltfreundlich zu sein und zur Umweltverträglichkeit von Vorhaben in anderen Unternehmensbereichen beizutragen.
Auch Cloud Computing und soziale Plattformen befinden sich nahe der Spitze, wenn auch letztere den Zenit der höchsten Erwartungen bereits überschritten haben. Besonders angesagt sind auch sehr leistungsstarke Systeme für Videokonferenzen, die den fernen Gesprächspartner teilweise sogar in Lebensgröße darstellen können. Derartige Systeme könnten in noch mehr Firmen zum Einsatz kommen, wenn sie günstiger zu beschaffen wären.
Microblogging unterstützt andere Kanäle
Auch dem Microblogging prophezeit Gartner steigende Beliebtheit. Die Teilnehmer können dabei in sehr kurzen Nachrichten – meist weniger als 140 Anschläge lang – ihre derzeitige Tätigkeit oder Gedanken kundtun, andere können diese Nachrichten abonnieren. In einigen Online-Gemeinschaften sei diese Art der Kommunikation bereits sehr verbreitet. Isoliert betrachtet hat Microblogging Gartner zufolge keine durchschlagende Wirkung. Unternehmen könnten es allerdings einsetzen, um den Empfängern Nachrichten stärker einzubläuen, die auch auf anderen Kanälen verbreitet werden.
Zuletzt sehen die Analysten noch die 3-D-Drucker vor dem Durchbruch. Auch sie sollen in zwei bis fünf Jahren Standard sein.