Die wirklich disruptiven Unternehmen aus dem Silicon Valley und anderswo sind erfolgreich, weil sie die Elastizität der Cloud mit einem "Cloud-native"-Ansatz voll ausnutzen. Das schreibt der IT-Dienstleister Capgemini in einer aktuellen Studie. Die Pioniere auf diesem Gebiet bauten Anwendungen direkt in der Cloud und setzten dabei auf eine modulare Microservices-Architektur. Auf dieser Grundlage könnten sie Innovationen schneller entwickeln und neue Produkte rasch skalieren. Für Unternehmen mit monolithischen Systemen sei dieses Ausmaß an Geschwindigkeit und Flexibilität unerreichbar.
Bislang sind nur rund 15 Prozent der neuen Enterprise-Anwendungen Cloud-nativ, berichtet Capgemini unter Berufung auf eine Umfrage unter gut 900 Führungskräften aus IT- und Fachbereichen in den Regionen Europa, Amerika und Australien. Bis 2020 soll der Anteil auf 32 Prozent steigen.
Unter Cloud-native will Capgemini Anwendungen und Services verstanden wissen, die speziell für eine optimale Performance in der Cloud entwickelt wurden und dazu insbesondere PaaS-Features nutzen. Der Ansatz geht insofern weit über die verbreitete Nutzung von Rechenleistung oder Speicher aus der Cloud hinaus.
Getrieben werde das Wachstum bei Cloud-nativen Anwendungen von der Erkenntnis, dass die IT auf diesem Weg wirksamer zu einem agilen Business und mehr Innovationen beitragen könne, erläutern die Studienautoren. "Wir gehen davon aus, dass Cloud-native-Architekturen bis 2020 für kundenseitige Anwendungen die gesetzte Option sein werden", kommentiert Franck Greverie, Cloud und Cybersecurity Group Leader bei Capgemini.
Die befragten CIOs erhoffen sich davon auch eine zunehmende Bedeutung der IT, wenn es um die Unterstützung von Geschäftszielen geht. Dazu gehört für 67 Prozent der Studienteilnehmer die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, 72 Prozent nennen eine rasche Skalierung des Geschäfts und 71 Prozent schnellere Updates bestehender Produkte und Services. Für 68 Prozent können Cloud-native-Ansätze ferner dazu beitragen, neue Marktzugänge zu etablieren.
Cloud-native braucht eine andere Kultur
Damit verbunden sind allerdings grundlegende Veränderungen in der Organisation und in den Prozessen, auch das macht die Umfrage deutlich. So tun sich CIOs häufig schwer, die Investitionen in Cloud-native-Apps durch entsprechende Business Cases zu rechtfertigen. Das gilt besonders dann, wenn für die Topentscheider aus dem Business die Senkung der IT-Kosten ganz oben auf der Prioritätenliste steht.
Nicht selten haben IT-Verantwortliche auch mit einer Kultur zu kämpfen, die einem Cloud-native-Ansatz entgegensteht. Hinzu kommt der Mangel an qualifizierten Fachkräften für solche Vorhaben. Aber auch technische Hürden, etwa hinsichtlich der Integration moderner Anwendungen mit der Legacy-IT, spielen in der Praxis eine Rolle. Etliche Studienteilnehmer berichten zudem von starren Verträgen mit IT-Anbietern, die eine Cloud-native-Strategie erschwerten.
Cloud-native Anwendungen zahlen sich aus
Trotz solcher Widrigkeiten lohnt sich der Aufwand, kommentiert Capgemini. Das zeige ein Blick auf die "Leader". Die Studienautoren verstehen darunter Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer neuen Enterprise-Anwendungen für die Cloud entwickeln. Befragte aus dieser Gruppe rechnen im Vergleich zu den Nachzüglern doppelt so häufig mit Umsatzsteigerungen, die direkt auf Cloud-native Apps zurückzuführen sind.
Zudem beschreiben sie ihre Softwareentwicklungs-Prozesse viel häufiger als agil und das Deployment als automatisiert. Die DevOps-Team sind aus Sicht dieser Befragten ebenfalls besser integriert als in Firmen, die noch ganz am Anfang stehen. Last, but not least spielen für sie Themen wie Customer Experience, Business-Agilität und Skalierbarkeit eine wichtigere Rolle als die Kostensenkung.
Beim Blick auf einzelne Branchen zeigt sich, dass Unternehmen aus den Bereichen Fertigung und Hightech am häufigsten zu den Leadern zählen. Banken entwickeln aktuell nur zehn Prozent ihrer neuen Anwendungen Cloud-native, während Versicherer bereits auf 47 Prozent kommen. Im Bereich Consumer Products, Retail und Distribution (CPRD) berichtet nur ein knappes Drittel, dass Cloud-native Ansätze eine bedeutende Rolle in der Technologiestrategie spielen. Alle drei Gruppen - Banken, Versicherer, CPRD - wollen in den kommenden drei Jahren erheblich mehr in Platform as a Service (PaaS) investieren.
Cloud-Transformation: 6 Tipps für CIOs
Für CIOs, die eine "Cloud-Native Business" aufbauen wollen, hat Capgemini sechs Empfehlungen formuliert:
Bewerten Sie Ihr Anwendungsportfolio und setzen Sie Prioritäten für eine Cloud-native-Entwicklung.
Arbeiten Sie an Ihrer Glaubwürdigkeit, indem Sie eine realistische Cloud-Roadmap vorlegen.
Fangen Sie klein an und bauen Sie sukzessive ein qualifiziertes Team auf.
Bringen Sie Agilität und Stabilität mithilfe eines angepassten IT-Operating-Modells in Einklang.
Seien Sie pragmatisch bei der Auswahl von Technologien.
Fördern Sie eine Kultur der Innovation, Kollaboration sowie des Testens und Lernens.