"In der IT ‚regnet‘ es Buzzwords - die ‚Cloud‘ ist eines davon. Trotzdem wette ich, dass in zehn Jahren Cloud-Services so selbstverständlich sind wie heute Mobilfunk und Stromversorgung.“
Heute macht der Begriff "Cloud" seiner ureigensten Bedeutung noch alle Ehre: Er bleibt eher wolkig. Aber Fakt ist - die Cloud ist da und wird sich ausdehnen. Das bedeutet, mehr und mehr Dienstleistungen wandern in die Cloud, mehr und mehr Nutzer hängen willkürlich oder unwillkürlich an der Cloud. Aber zunächst sollten wir versuchen, der Cloud das Wolkige zu nehmen.
Was ist Cloud Computing? Befragen wir die Cloud selbst. Wikipedia meint: "Cloud Computing bzw. Rechnerwolke ist primär der Ansatz, abstrahierte IT-Infrastrukturen (z.B. Rechenkapazität, Datenspeicher, Netzwerkkapazitäten oder auch fertige Software) dynamisch an den Bedarf angepasst über ein Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Die Verarbeitung der Daten durch Anwendungen verblasst somit für den Nutzer gewissermaßen in einer ‚Wolke’".
Eine zwar etwas sperrige, aber auch exaktere Definition hat das National Institute of Standards and Technology (NIST) veröffentlicht. Demnach ist Cloud Computing ein Konzept, "das den bequemen, überall verfügbaren und bedarfsorientierten Netzwerkzugriff auf einen geteilten Pool von konfigurierbaren IT-Services und -Ressourcen […] erlaubt, die schnell und mit minimalem Administrationsaufwand […] bereitgestellt werden können“ ("The NIST Definition of Cloud Computing“, Recommendations of the NIST, Special Publications 800-145).
Alles klar? Wichtiger als die Definition ist vielleicht die Geschichte des Cloud Computing: Als Amazon.com- ein Handels-, kein IT-Unternehmen - im Jahr 2006 zur Abdeckung seiner Lastspitzen im Weihnachtsgeschäft rund das Zehnfache der sonst notwendigen IT-Ressourcen vorhalten musste, entstand daraus ein Geschäftsmodell, damit es sich dauerhaft rechnet. Amazon installierte hochgradig skalierbare Infrastruktur und begann, Ressourcen und Services als Produkt an Dritte zu vermarkten, um seine Kapazitäten gleichmäßig auszulasten.
Cloud ist keine Erfindung der IT-Industrie
Die Cloud ist also gar keine Erfindung der IT-Industrie, und entsprechend sieht Gartner auch nicht unbedingt IT-Dienstleister als die einzigen und größten Cloud-Anbieter der Zukunft. Laut Gartner werden in fünf Jahren 100 der weltweit 500 größten Firmen, wohlgemerkt ohne IT-Unternehmen, auch Cloud-Services anbieten. IT-Dienstleister müssen sich also Gedanken machen, wenn die Amazons, Wal-Marts oder DHLs loslegen.
Gartner sieht denn auch weniger die technologischen Services, wie Infrastructure-as-a-Service (Iaas) oder Plattform-as-a-Service (PaaS), sondern vor allem anwendungsnahe Dienstleistungen (SaaS) oder Process-as-a-Service (PraaS) als besondere Wachstumsbereiche an. Das ist eine große Herausforderung für die etablierten IT-Dienstleister, die sich jetzt positionieren müssen.
Der Anteil von Cloud-Services am IT-Services-Markt insgesamt betrug 2009 bereits sieben Prozent, 2010 bei wachsendem Gesamtmarkt acht Prozent (OECD Information Technology Outlook 2010, "Kleine Firma, großer Speicher", FTD, 01.03.2011). Gartner erwartet 2011 bereits 81 Mrd. USD Umsatz mit Cloud-Services weltweit. "Die IT-Industrie muss sich einer Neubewertung dessen stellen, was es bedeutet, IT-Dienstleister zu sein", meint Brian Prentice, Analyst bei Gartner.
Massive Änderungen für IT-Anwender
Aber auch für IT-Anwender werden sich massive Änderungen ergeben. Schon heute liegt die Wertschöpfungstiefe der internen IT, gemessen am Verhältnis der internen zu den gesamten IT-Ausgaben, deutlich unter 50 Prozent ("European CIO Survey", Cap Gemini, 2006). Im Durchschnitt lag sie 2008 bei ca. 51 Prozent, mit sinkender Tendenz. Bei Porsche beträgt sie aktuell ca. 30 Prozent. Cloud Computing verstärkt diesen Trend, und niemand darf sich wundern, wenn es in zehn Jahren 20 Prozent oder weniger sind.
Zukünftig wird es daher eine Zweiklassengesellschaft geben. Anwenderunternehmen, deren IT-Service-Bedarf eine kritische Masse erreicht, werden aufgrund ihrer Größe private Clouds etablieren und mit vergleichbarer Technologie wie die großen Public-Cloud-Anbieter ihre internen Kunden bedienen - ähnlich effizient und aufgrund der Nähe zum Kerngeschäft sogar deutlich effektiver.
Amazon, eBay, UPS und DHL machen es vor
Einige davon werden zur Auslastungsoptimierung ihre Cloud-Services auch Dritten anbieten, beispielsweise Geschäftspartnern des eigenen Kerngeschäfts wie Lieferanten oder Handelspartnern. Amazon, eBay, UPS und DHL machen genau dies heute schon. Die anderen Anwenderunternehmen werden den größten Teil ihrer IT-Bedarfe fremdbeziehen, einen signifikanten Teil davon als Public-Cloud-Services.
Was bedeutet dies alles für die interne IT-Organisation eines Anwenderunternehmens ohne eigene Cloud-Services? Ihre Aufgaben werden sich noch mehr in Richtung Prozess- und Informationsmanagement verschieben. Es werden weiterhin Veränderungsprojekte durchgeführt, Governance- und Compliance-Aufgaben werden zunehmen. Und schließlich müssen die externen Anbieter von IT-Services professionell gemanagt werden, Lieferanten- und Vertragsmanagement werden daher noch wichtiger.
CIOs müssen Prozessgestaltungs- und Bebauungshoheit behalten
Projektmanagement können aber auch die Fachbereiche, Governance und Compliance das Controlling, Lieferantenmanagement der Einkauf übernehmen. Will der CIO strategisch nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken, muss er die Prozessgestaltungs- und Bebauungshoheit reklamieren, er muss die Unternehmensarchitektur ausprägen und steuern und dabei gleichzeitig Effektivität, Effizienz und Innovationsfähigkeit im Blickfeld haben. Am besten, ohne in wolkige Höhen abzuheben, aber auch, ohne den Kopf in den Sand zu stecken.
Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!
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