Für die IT-Organisationen entstehen mit Cloud Computing nicht nur organisatorische Herausforderungen. CIOs müssen auch zwangsläufig stärkere Geschäftsverantwortung und neue strategische Rollen übernehmen. Dabei entstehen viele Fragen:
Wie lässt sich die eigene Wertschöpfung optimieren?
Besteht Bedarf nach sicherer Infrastruktur?
Kommt Partnering in Betracht?
Wo und wie eng soll diese Zusammenarbeit mit Partnern gestaltet werden?
Letztendlich entscheidet die individuelle Strategie über die Antworten. Doch gerade die wichtige Klärung der eigenen Positionierung als IT-Organisation wird in vielen Unternehmen unterschätzt und aufgeschoben.
Eine Cloud-Strategie existiert meist nur dem Namen nach. Hiermit sind nicht nur diejenigen Unternehmen gemeint, die bislang noch keine Cloud-Strategie haben. Ganz im Gegenteil: Auch Unternehmen, die bereits eine solche definiert haben, sehen sich häufig mit den typischen Problemen konfrontiert, ihre Cloud-Strategie zu "leben". Das gilt insbesondere für die damit neu definierte Rolle der IT-Organisation.
Ihre möglichst genaue Ausprägung ist einer der wichtigsten Meilensteine für die Umsetzung einer Cloud-Strategie. Denn nicht nur CIOs wissen: Wird das eigene Rollenverständnis nicht deutlich und aktiv als Zielbild entwickelt, wird einem der Markt dieses alsbald zuweisen.
Vier wesentliche Rollen der IT-Organisation
Die ICT-Beratung Detecon hat untersucht, welchen Rollen der IT-Organisation im digitalen Zeitalter eine besondere Bedeutung zukommt. Dazu haben sich die Berater mit den relevanten Markttrends und mit den Erkenntnissen aus eigenen Cloud-Projekten mit Kunden auseinandergesetzt. Das Ergebnis der Untersuchung wurde in einem Modell zusammengefasst.
CIOs können anhand dieses Modells entscheiden, in welchem Quadrant sie ihre IT-Organisation heute beim Einsatz und der Bereitstellung von Cloud Technologien und -Services in ihrem Unternehmen sehen - vor allem aber, wo Sie sie zukünftig sehen wollen. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit müssen sich IT-Organisationen demnach kurz- bis mittelfristig nach vier wesentlichen Rollen ausrichten.
Nach diesen vier wesentlichen Rollen sollten sich IT-Organisationen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit kurz- bis mittelfristig ausrichten.
Detecon erläutert das oben dargestellte Modell anhand von vier anonymisierten Praxisbeispielen:
Rolle 1: Die IT-Organisation als interner RZ-Dienstleister
Dank der Unterstützung von Cloud Computing kann die IT-Organisation dynamische Infrastrukturkapazitäten wie IaaS und PaaS im eigenen Unternehmen effektiv managen. Durch die Automatisierung bisher manueller Prozessschritte verringert sich die Fehlerquote erheblich. "Ressource Pooling" verspricht Unternehmen eine höhere Skalierungsfähigkeit und effektivere Ressourcenauslastung der Infrastruktur. Hybride Cloud-Ansätze ermöglichen gleichzeitig, einen "pay-what-you-use"-Ansatz zu marktfähigen Konditionen anbieten zu können.
Das anonymisierte Kundenbeispiel (siehe Grafik) verdeutlicht den signifikanten Unterschied bei den erforderlichen Bereitstellungszeiten für Data Center Services. Verglichen werden eine klassisch aufgestellte und eine durch Cloud voll unterstützte IT-Organisation. Das Praxisbeispiel (rechte Grafik) zeigt einen Überblick über die effektiven Demand-, Supply- und Verrechnungsabläufe eines Cloud-Computing-basierten RZ-Dienstleisters.
Rolle 2: Die IT-Organisation als Business-Service-Provider
Für IT-Organisationen liegt der Fokus hier auf einer Optimierung der Geschäftsprozesse. Das Angebot und die partnerschaftliche Nutzung von Business Services inklusive Apps stehen im Vordergrund. Cloud Computing bewirkt somit eine Harmonisierung und verringerte Komplexität, sowie durch innovative Service Partner und geringe Exit-Hürden gleichzeitig auch verbesserte Agilität im eigenen Business Service Portfolio.
So soll zum Beispiel SAP aus der Cloud in internen, individuellen IT-Prozessumgebungen dynamisch nutzbar sein. In der Rolle als Business-Service-Provider wird es der IT-Organisation ermöglicht, unmittelbar an den Cloud-Innovationen des Marktes zu partizipieren.
Durch die Verwendung von Cloud Computing werden die klassischen internen vertikal integrierten Wertschöpfungsketten zusehends entbündelt. Dies gilt auch für die interne Bereitstellung von Business Prozessen durch die IT-Organisation. Cloud Computing versetzt die IT-Organisation dadurch in die Lage, diese effizienter und flexibler bereitzustellen.
Rolle 3: Die IT-Organisation als Business Enabler
IT-Organisationen stehen in dieser Rolle vor der Herausforderung, signifikant den Geschäftserfolg des Unternehmens mit zu verantworten. Dies geschieht insbesondere durch die Entwicklung neuer, innovativer Geschäftsmodelle, die durch Cloud-Technologien ermöglicht werden. So können IT-Provider z.B. durch gezielte Partnerschaften mit Softwareanbietern (ISVs) eigene, innovative SaaS-Offerings generieren, um am lukrativen Software-Lizenzmarkt zu partizipieren.
Der Fokus ist service- und lösungsorientiert. Als Entscheidungskriterium für diese Rolle steht vor allem das starke Bedürfnis nach einer Marktdifferenzierung. Es besteht Bedarf nach einem attraktiven Portfolio durch Partnerlösungen, verbunden mit der Hoffnung auf First-Mover-Vorteile.
Das Praxisbeispiel verdeutlicht den Unterschied zwischen einer klassisch aufgestellten und einer als Business Enabler agierenden IT-Organisation. Letztere ermöglicht die Etablierung neuer, digitaler Geschäftsmodelle, die auf Basis innovativer Cloud Technologien zusätzliche Geschäftspotenziale erschließen und unmittelbar auf den Geschäftserfolg des Unternehmens einzahlen.
Rolle 4: Die IT-Organisation als ICT-Integrator
Hier ist der Fokus ebenfalls extern ausgerichtet, aber plattformorientiert. Grundsätzlich sind die Ausprägungen dieser Rolle aktuell noch am wenigsten klar umrissen. Durch die Cloud wird der Service Stack verändert und bewirkt eine Verbesserung und Optimierung der eigenen Wertschöpfungstiefe zur "Service Entwicklung durch die Cloud". Das verkürzt Innovationszyklen und erweitert das eigene Produktportfolio. Durch Entwicklungskooperationen mit Anbietern modularer Cloud-Lösungen können hochwertige Integrationsservices realisiert werden.
Die IT-Organisation bietet hier vor allem ihre Kompetenz bei der Erschaffung hochautomatisierter und standardisierter "Easy-to-Partner"-Schnittstellen sowie zugehöriger Integrationstools an. Für das Knowledge Sharing und effektive Zusammenarbeit mit den Partnern sind gleichzeitig hochautomatisierte und standardisierte Integrationsprozesse erforderlich (Prinzip der "Steckerleiste").
Das Praxisbeispiel verdeutlicht den Unterschied zwischen dem Service Stack einer klassisch aufgestellten IT-Organisation und dem einer als ICT-Integrator agierenden IT-Organisation. Die Cloud bewirkt eine Verbesserung und Optimierung der eigenen Wertschöpfungstiefe zur "Service Entwicklung durch die Cloud".
Fazit
Die Digitalisierung schreitet voran. Cloud Computing gilt in diesem Zusammenhang als wesentlicher Treiber. Die Unklarheit vieler CIOs und IT-Organisationen über die eigene Positionierung in diesem Rahmen gefährdet mittelfristig die eigene Wettbewerbsposition und erfordert rasches Handeln.
CIOs sollten sich über die künftige Ausrichtung ihrer IT-Organisation genau im Klaren sein. Denn Cloud Computing zahlt auf alle vier dargestellten Rollen gleichermaßen ein und bietet IT-Organisationen damit zahlreiche Optionen zur zukunftssicheren Ausrichtung.