Autozulieferer

Continental zwischen Chaosjahr und Großumbau

14.01.2019
Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental hat ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Neben dem grünen Licht für einen großen Konzernumbau ereilte das Dax-Unternehmen auch der plötzliche Abschwung der Autokonjunktur.
Die Reifensparte von Continental ist der deutlich margenstärkere Geschäftsteil.
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Gleich zu Beginn des vergangenen Jahres teilte Continental mit, eine neue Struktur zu prüfen. Im Juli machte das Management dann Nägel mit Köpfen, die Antriebstechnik wird abgespalten und soll zu maximal einem Viertel an die Börse gebracht werden. Die Reifen und der Rest der Autozuliefersparte - unter anderem Elektronik, Sensoren und Bremsen - sollen zumindest vorerst komplett unter dem Konzern-Holdingdach bleiben. Mit dem Geld aus dem Börsengang will Conti unter anderem investieren und zukaufen.

Bei den Anlegern kam das Vorhaben bisher nicht so recht an - schließlich hatte Conti im vergangenen Jahr gleich zweimal die Gewinnprognosen gekappt. Probleme machen vor allem die Automobilmärkte in Europa und China. Auf dem Heimatkontinent belastete die gesunkene Auto-Produktion infolge der Umstellung auf den neuen Abgas- und Verbrauchsstandard WLTP, in China die abwartende Haltung von Autokäufern wegen des Handelsstreits mit den USA. Dass es im neuen Jahr stützende Maßnahmen aus Peking für den Automarkt geben wird oder sich der Zollkonflikt mit den USA in Luft auflöst, ist keineswegs sicher.

Intern rumort es angesichts der Probleme denn auch bei dem Dax-Konzern. Der Vorstand nahm das Top-Management in einem Brandbrief in die Pflicht. Zu viele Geschäftsbereiche erreichten ihre Ziele wiederholt nicht, hieß es da. Beim Umbau hin zum Technologiekonzern, der für die Autohersteller auch in Zeiten der Elektroautos und des autonomen Fahrens relevant bleibt, will sich Conti keine Blöße geben. In Zukunft will sich der Konzern stärker auf Software ausrichten als bisher.

Das erwartet das Unternehmen

Im abgelaufenen Jahr sollte Conti nach Vorstellung des Managements rund 45,5 Milliarden Euro Umsatz gemacht haben, wobei der starke Euro rund 1,2 Milliarden zusätzliches Wachstum zunichte gemacht haben dürfte. Die operative Marge (bereinigtes Ebit) soll bei mehr als 9 Prozent liegen. Finanzchef Wolfgang Schäfer hatte sich Anfang Dezember zuversichtlich gezeigt, was die Jahresziele angeht.

Spannend werden vor allem die Aussichten auf das neue Jahr. Schäfer hatte auf einer Investorenveranstaltung Ende November in London bereits angedeutet, dass der Margendruck aus dem zweiten Halbjahr sich auch ins kommende Jahr ziehen dürfte. Bei den Reifen hatte Schäfer dagegen zuletzt keinen nennenswerten Gegenwind durch höhere Rohmaterialpreise ausgemacht.

Das sagen Analysten

Die von Bloomberg bis Freitag befragten Analysten rechnen für 2019 im Schnitt mit einem Umsatzplus von 3,4 Prozent auf dann 46 Milliarden Euro. Bei der operativen Marge liegen die jüngeren Schätzungen derzeit bei 9,2 Prozent. Für das abgelaufene Jahr sehen die Analysten das Ziel von rund 44,5 Milliarden Euro Umsatz knapp als erfüllt an. Bei der Marge könnte es demnach mit rund 9 Prozent aber noch einmal spannend werden.

Immerhin: Auch wenn die Reifensparte maßgeblich für die erste Gewinnwarnung 2018 verantwortlich war, sollte das Geschäft den Konzern nun während der Probleme in der Autozulieferung stützen, schreibt Max Warburton von Bernstein Research. Die Reifensparte ist der deutlich margenstärkere Geschäftsteil.

Analyst Ashik Kurian vom Investmenthaus Jefferies rechnet in der Autozuliefersparte bis 2020 bis einem jährlichen Wachstum aus eigener Kraft um rund 4 Prozent Wachstum. Der angepeilte Börsengang der Antriebstechnik dürfte angesichts der aktuell niedrigen Bewertung von Branchenkonkurrenten eher enttäuschend ausfallen.

Grundsätzlich positiv gestimmt ist Warburg-Research-Experte Marc-Rene Tonn. Die weltweite Automobilproduktion sollte im zweiten Halbjahr wieder an Fahrt aufnehmen und dann zu einer im Vergleich mit 2018 ausgeglichenen Jahresproduktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen führen. Conti sollte das Marktwachstum auch in diesem Jahr übertreffen, mittel- bis langfristig stehe das Unternehmen dank seiner Auftragseingänge in den vergangenen Jahren ohnehin gut da.

Das Gesamtbild der Analysteneinschätzungen ist beim derzeitigen Kurs dem Unternehmen auch wohlgesonnen: Neun Experten raten zum Kauf der Aktie, 13 zum Halten, zwei raten zum Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 174,55 Euro - also rund 38 Prozent über dem aktuellen Niveau.

Das macht die Aktie

Conti-Aktionäre werden das Jahr 2018 als das bisher schwächste seit der Finanzkrise 2008 in Erinnerung behalten. Die Aktie taumelte seit ihrem Rekordhoch im Januar bei 257,40 Euro bis zum Jahresende um gut 53 Prozent nach unten. Im Gesamtjahr stand damit ein Minus von mehr als 46 Prozent zu Buche, rund 25 Milliarden Euro Börsenwert gingen verloren. Hauptaktionär ist seit dem gescheiterten Übernahmeversuch in der Finanzkrise die Industriellenfamilie Schaeffler mit 46 Prozent.

Nicht nur im Dax ist Conti mit der Kursentwicklung einer der schwächsten Werte 2018, auch im europäischen Branchenindex Stoxx 600 Europe Automobiles & Parts hat es im vergangenen Jahr nur zwei Vertreter schlimmer getroffen: Die französischen Rivalen von Faurecia und Valeo. (dpa/rs)