Nicht nur die Wirtschaft ins in vollem Schwung die Digitalisierung voranzutreiben, auch Kriminelle haben für sich das Schlaraffenland entdeckt und expandieren eifrig in neue Geschäftsfelder. Alleine die Schäden hierzulande beziffert der Branchenverband BITKOM im Milliardenbereich - Tendenz steigend.
Laut der 2019 Annual Cost of Cybercrime Studie des Beratungshauses Accenture, brauchen Unternehmen jedoch immer länger, um Angriffe zu erkennen und abzuwehren und verlieren dadurch mehr Geld.
Die Studie basiert auf Interviews mit 2.647 Führungskräften von 355 Unternehmen aus 11 Ländern und 16 Branchen.
Demnach verändern sich die heutigen Cyberangriffe vielfältig: von den Unternehmen im Visier, über Angriffstechniken, bis hin zu den Arten von Schäden die sie anrichten. Im vergangenen Jahr gab es in jedem der befragten Unternehmen durchschnittlich 145 Sicherheitsverletzungen, die in die Kernnetze der Unternehmen oder Unternehmenssysteme eingedrungen sind. Das sind 11 Prozent mehr als im Vorjahr und ganze 67 Prozent mehr als vor fünf Jahren.
Die Kostenspirale dreht sich weiter nach oben
Nicht nur die Angriffe selbst steigen, so auch die Kosten. Der Studie zufolge belaufen sich diese im Schnitt nunmehr auf 13 Millionen Dollar pro Unternehmen. Dies sind 1,4 Millionen Dollar Zusatzkosten gegenüber dem Jahr 2018.
Die Kosten berücksichtigen, wie viel die betroffenen Unternehmen aufwänden, um einen Datenverstoß über einen ununterbrochenen Zeitraum von vier Wochen zu finden, zu untersuchen und einzudämmen sowie die Wiederherstellungskosten und Aufwände um eine Wiederholung künftig zu verhindern. Ebenso sind Aufwendungen zur Bewältigung von Betriebsstörungen und Kundenverluste in die Kalkulation einbezogen.
US-amerikanische Unternehmen verzeichneten die größten Kostensteigerungen bei der Cyberkriminalität: Diese sind gegenüber dem Vorjahr um 29 Prozent gestiegen. Im Schnitt betrugen die Kosten 27,4 Millionen US-Dollar pro Unternehmen - doppelt so viel wie die von Unternehmen in allen anderen Ländern, die in der Umfrage erfasst wurden.
An zweiter Stelle kam Japan mit Schäden in Höhe von 13,6 Mio. US-Dollar. Deutsche Unternehmen folgten mit den dritthöchsten Schadenssummen von 13,1 Mio. US-Dollar. Unternehmen in Großbritannien belegten mit 11,5 Mio. US-Dollar den dritten Platz. Die niedrigsten durchschnittlichen Gesamtkosten pro Unternehmen lagen in Brasilien und Australien mit 7,2 Mio. US-Dollar bzw. 6,8 Mio. US-Dollar.
Angriffe werden zunehmend intelligenter und zielgerichteter
Der Datendiebstahl ist das kostspieligste und am schnellsten wachsende Risiko der Cyberkriminalität - nicht zuletzt auch aufgrund der DSGVO-Bußgelder bei Verstößen.
Aber Daten sind nicht das Einzige, was im Fadenkreuz der Bösewichte steht. Dem Bericht zufolge sind zunehmend geschäftskritische Dienste und Industriesysteme (Fertigungs-, Steuerungs-, Gebäudetechnik usw.) im Visier, um möglichst große Schäden zu verursachen. Gerade durch das Internet der Dinge, Sensorik und zunehmende Vernetzung steigen die Risiken. So können beispielsweise Distributed Denial of Service (DDoS)-Angriffe stundenlang Online-Dienste nachhaltig stören beziehungsweise Unternehmen sogar zum Stillstand bringen.
Obwohl Daten ein Top-Ziel sind, wollen Kriminelle sie nicht immer stehlen. Es gibt einen neuen Trend unter Cyberkriminellen: Daten nicht einfach zu kopieren, sondern diese zu manipulieren, so dass sie entweder ruiniert oder nicht mehr vertrauenswürdig sind. Die Integrität der Daten zu beeinträchtigen rückt in den Mittelpunkt.
Darüber hinaus entwickeln Cyberkriminelle ihre Techniken weiter. Mehr denn je zielen sie auf das schwächste Glied in einem IT-Sicherheitssystem eines Unternehmens: den Menschen. Ransomware, Phishing und Social Engineering sind nach wie vor verbreitetet Phänomene, die - allen Warnungen und Hinweisen zum Trotz - in der Praxis erschreckend oft funktionieren. Ob aus Leichtsinn, Unachtsamkeit oder purer Neugierde, nur allzu oft werden E-Mail-Anhänge geöffnet und es wird auf Links geklickt, womit sprichwörtlich die Büchse der Pandora geöffnet wird und das Unheil seinen Lauf nimmt.
Inzwischen sind das alte Tricks. Neu ist jedoch die wachsende Tendenz bestimmter Länder und ihrer bezahlten Hacker, diese Techniken zu nutzen, um Unternehmen aus geopolitischer Motivlage heraus schwere Schäden zuzuführen. Einige Gerichtsbarkeiten beginnen, solche Angriffe als "Kriegshandlungen" oder "asymmetrische Kriegsführung" einzustufen, um Cybersicherheitsverletzungen zu vereiteln. Nicht ohne Grund wurde im Jahr 2017 in der Bundeswehr eigens das Kommando Cyber- und Informationsraum (KdoCIR) geschaffen, um dem Themenkomplex mehr Raum und Gewicht zu geben.
Abwehrkräfte stärken
Die Cyberkriminalität wird immer ausgefeilter und zum Massenphänomen. Viele Unternehmen setzen jedoch noch immer auf antiquierte Technologie und den Faktor Mensch zur Erkennung und Bekämpfung von Cyber-Bedrohungen. Menschen sind bisweilen die häufigste Fehlerquelle bei der Erkennung von Datenpannen. Darüber hinaus herrscht aufgrund des Fachkräftemangels ein Nachfrageüberhang.
Die benötigten Köpfe sind schlichtweg nicht vorhanden. Dem zu Trotz setzen lediglich 28 Prozent der befragten Unternehmen auf Technologie im Bereich Automatisierung, Advanced Analytics oder Maschinelles Lernen. Mit 2,9 Millionen US-Dollar erzielten diese jedoch ausgerechnet die zweithöchsten Kosteneinsparungen bei den Sicherheitstechnologien insgesamt.
Die Studienergebnisse legen nahe, dass intelligente Cybersicherheitsmaßnahmen es ermöglichen, die Kosten für Cyberkriminalität deutlich zu senken und sich neue Umsatzmöglichkeiten zu erschließen.
Zum Video: Cybercrime wird für Unternehmen immer kostspieliger
In der digitalen Welt spielt Verfügbarkeit und Erreichbarkeit von Web-Diensten eine Schlüsselrolle. Wer zu lange braucht um Bedrohungen abzuwenden oder einen konkreten Angriff abzuwehren, spielt mit dem Feuer. Negativmeldungen kursieren dank sozialer Netze mit einem Wimpernschlag rund um den Globus und das Internet vergisst nichts.