Wie viele Smart-Home-Produkte versprechen auch smarte Klingeln mehr Komfort und Sicherheit – und das mitunter zu Recht. Anstatt bei jedem Klingeln zur Tür oder zumindest zur festen Gegensprechstelle eilen zu müssen, wollen Hausbesitzer wie Mieter das Türgespräch gern dort annehmen, wo sie gerade sind.
Die Hersteller haben sich deshalb viel einfallen lassen und bieten diverse Optionen an, deren Vor- und Nachteile längst nicht jedem Nutzer auf Anhieb klar sind. Der eine Anbieter setzt auf WLAN, der andere auf Dect-Funk. Kabelbasierte Anlagen, die sich mit der vorhandenen Telefonanlage verbinden lassen, sind ebenfalls populär.
Zudem bieten einige Hersteller herkömmlicher Türsprechstellen Zusatzmodule an, die die alten Produkte aus Klingel und Gegenstelle etwas smarter machen. Nicht nur Laien verlieren angesichts des großen Angebots allerdings schnell den Überblick.
Gateways: Smarte Lösung für vorhandene Hardware
Umso wichtiger ist es, sich zunächst damit auseinanderzusetzen, welches Prinzip den jeweiligen Lösungen zugrunde liegt. Bei klassischen Türsprechstellen kommt in der Regel eine proprietäre Kabeltechnik wie 1+n oder ein In-Home-Bus wie bei Siedle zum Einsatz. Die Montage solcher Anlagen kann allerdings recht kompliziert und aufwändig sein – vor allem bei einer nachträglichen Installation.
Einheitliche, herstellerübergreifende Standards gibt es bei den klassischen Türsprechanlagen leider nicht, so dass man bei der Auswahl der Komponenten wie beim Preis auf das Produktportfolio eines Herstellers angewiesen ist – und das auch in Zukunft.
Mittlerweile bieten die großen Anbieter nahezu alle Funktionen, von Kamera bis hin zur Rufannahme des Türgesprächs an der Smart-Watch, das nötige Kleingeld vorausgesetzt. Ist allerdings eine derartige Lösung bereits vorhanden, lässt sich diese mitunter durch ein zusätzliches Gateway mit der Telefonanlage oder dem Internet verknüpfen, so dass es in diesem Fall Sinn machen kann, das System nicht durch eine neuere Lösung zu ersetzen, sondern auf diese Weise smart zu machen.
Viel günstiger ist diese Option leider nicht, denn ein entsprechendes Gateway schlägt mit rund 600 Euro zu Buche. Investiert man dennoch in die zusätzliche Hardware, kann man dann auch über das Smartphone oder über ein GAP-kompatibles Schnurlos-Telefon auf die Türklingel reagieren. Bei einigen klassischen Türsprechstellen ist es übrigens möglich, diese mit Hilfe des Doorbird D301 mit dem Internet-Router zu verknüpfen. Mit ca. 250 Euro ist dies eine vergleichsweise preiswerte Lösung.
WLAN: Einfache Installation und zudem günstig, aber nicht ohne Macken
Dennoch sind die meisten WLAN-basierten Türklingeln noch günstiger. Beispielsweise kostet die Doorbell 2 von Ring, die u.a. über eine integrierte Videokamera sowie einen Bewegungsmelder verfügt, rund 200 Euro. Zusatzleistungen wie die Aufzeichnung von Bewegungen in einer Cloud können über verschiedene kostenpflichtige Abos hinzugebucht werden.
Die Installation von WLAN-basierten Türklingeln ist äußerst einfach. Bei akku-betriebenen Modellen ist nicht einmal der Anschluss ans Stromnetz notwendig. Allerdings muss in diesem Fall darauf geachtet werden, dass die Batterien stets genug Power haben, denn sonst fällt die Anlage aus. Betätigt jemand nach erfolgter Installation die Türklingel, wird ein Video-Anruf über die jeweilige App des Herstellers aufgebaut und man kann ganz einfach über das eigene Smartphone reagieren – selbst wenn man im Garten oder sogar unterwegs ist.
Zu den Nachteilen von WLAN-Türsprechstellen gehört allerdings, dass diese störanfällig sind. Wie bei einem Anruf via Skype kommt es stark auf den jeweiligen Empfang an, ob es zu Problemen kommt oder nicht – vor allem dann, wenn gleichzeitig ein Video bzw. Bild übertragen werden soll.
Im Extremfall kann das bedeuten, dass der Anruf erst gar nicht aufgebaut wird und man somit nicht mitbekommt, dass jemand vor der Tür steht. Das passiert vor allem dann, wenn andere Geräte in der Umgebung auf demselben Frequenzband funken. Das können andere WLAN-Geräte im Haus oder sogar des Nachbarn sein, aber auch weniger offensichtliche Störfaktoren wie Mikrowellen oder Garagentoröffner.
Hinzu kommt, dass WLAN-Verbindungen per se über längere Zeiträume nicht beständig sind. Ohne ersichtlichen Grund ist die neue Türklingel plötzlich nicht mehr mit dem WLAN verbunden. Die erneute Einbindung ins WLAN ist zwar einfach, aber in der Regel nur möglich, wenn man vor Ort ist. Zudem wird die notwendige Smartphone-App , die permanent im Hintergrund laufen muss, vom eigenen Handy mitunter als vermeintlicher Stromfresser eingestuft und ausgeschaltet, sodass der Anruf von der Türklingel nicht mehr durchgestellt wird.
Zu guter Letzt sind nützliche Funktionen wie Rufweiterleitungen bei WLAN-basierten Türklingeln aus technischen Gründen nicht ohne Weiteres möglich. Kurzum: WLAN-Türsprechstellen sind relativ preiswert sowie leicht zu installieren und zu bedienen, allerdings nicht besonders zuverlässig und zudem limitiert, was die Funktionen betrifft.
Dect-Funk: Mehr Stabilität und Funktionen als WLAN
Vor allem, wenn man bereits einen Router wie eine Fritzbox oder einen Telekom-Speedport mit integrierter Dect-Basis verfügt, ist eine Dect-basierte Türsprechstelle eine sinnvolle Alternative. Denn das Dect-Frequenzband, das weltweit für schnurlose Telefonie genutzt wird, ist geschützt und dementsprechend deutlich weniger störanfällig als WLAN.
Die Installation und Einrichtung ist ebenfalls leicht und selbst für Laien kein Problem. Bei der Fritzbox ist ab Fritz-OS 6.50 sogar die grundlegende Einrichtung der Türsprechanlage über die Bedienerführung der Fritzbox möglich.
Türsprechstellen, die mit der Fritzbox bzw. TK-Anlage verbunden sind, haben gegenüber WLAN-basierten Geräten einige große Vorteile. Beispielsweise kann man die Anlage auch von unterwegs erreichen, sprich: Man kann über das Telefon selbst ein Gespräch zur Türsprechstelle am Eingang aufbauen. Das ist vor allem dann praktisch, wenn man zu spät auf das erste Klingeln reagiert hat. Ohne diese Funktion muss man hoffen, dass der Besuch ein zweites Mal den Klingelknopf drückt.
Preislich liegen Dect-basierte Türsprechstellen wie die Doorline Slim Dect von Telegärtner mit rund 330 Euro zwar über den WLAN-Modellen von Google, Amazon und Netatmo. Die deutlich höhere Zuverlässigkeit rechtfertigt den Preisunterschied allerdings.
Am teuersten sind die Nachrüstlösungen der etablierten Hersteller, die sich also nur dann lohnen, wenn man für die vorhandene Türsprechstelle bereits viel Geld ausgegeben hat.
Fazit
Welche Türsprechstelle im Einzelfall die richtige ist, hängt stark von den eigenen Bedürfnissen ab. Wer bereits eine herkömmliche Türsprechstelle im Einsatz hat, kann diese teils per zusätzlichem Gateway smart machen.
Kabelbasierte Türsprechanlagen, die sich mit der Telefonanlage verbinden lassen und einiges an Zusatzfunktionen zu bieten haben, sind jedoch teils schon billiger zu haben als manches Gateway.
Bei den Funklösungen bieten Dect-basierte Lösungen mehr Stabilität und zudem mehr Funktionen als WLAN-Produkte – vor allem, wenn man bereits eine Fritzbox oder einen Speedport-Router im Einsatz hat. Die Installation und Einrichtung ist in beiden Fällen einfach. (PC-Welt)